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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Sein Gesicht war rot angelaufen, und er bebte am ganzen Körper.
    »Ich habe sie des Hofes verwiesen!«, schleuderte er Judith entgegen, als sie seine Beratungskammer betrat.
    »Wen?«, fragte sie erschrocken.
    »Alle!«, gab er wütend zurück, »den ganzen Rat! Ich habe bessere Leute, Männer, die treu zu uns stehen. Nicht solche Verräter wie Wala, wie der bisherige Kanzler, der Erzkaplan, der Türwächter, der Jägermeister, der Waffenmeister …«
    Judith setzte sich, unterbrach ihn sanft und bat ihn, ihr alles der Reihe nach zu berichten.
    Offenbar hatte sich die Erregung des Rats an Bernhards Berufung zum Kämmerer entzündet.
    »Ich werde deinen Ohren nicht zumuten, was man meinen zugemutet hat«, schnaubte Ludwig. Doch Judith bestand darauf, die ganze Wahrheit zu erfahren. Stockend berichtete der Kaiser, Graf Wala habe behauptet, Bernhard, mit dem kein vernünftiger Mensch zusammenarbeiten könne, habe nur auf Drängen der Kaiserin das hohe Amt erhalten.
    »Selbst wenn es so wäre«, sagte Judith bemüht gelassen, »und wir beide wissen ja, dass es nicht stimmt, was wäre daran so schrecklich? Der Mann, der dieses Amt innehat, muss ja vor allem mit der Kaiserin gut auskommen!«
    »Genau das wird euch vorgeworfen«, fuhr Ludwig voller Unbehagen fort. »Dass ihr zu gut miteinander auskommt …« Er war dankbar, dass Judith ihn fragend ansah, den versteckten Hinweis, die bodenlose Unverschämtheit offenbar nicht zu verstehen schien, und fuhr hastig fort: »Und sie lehnen meinen geplanten Bretonenfeldzug ab.«
    »Mit welcher Begründung?«, fragte Judith, die es heiß und kalt durchlaufen hatte.
    »Dass es in den vergangenen Jahren bereits zu viele unnütze Feldzüge gab.«
    »Der nach Barcelona wäre keineswegs unnütz gewesen, wenn sich Graf Hugo gesputet hätte!«, erwiderte Judith verärgert.
    »So ist es. Und jetzt widersetzen sich die anderen meines Rates mir, dem Kaiser! Sie haben mir offen vorgeworfen, die Ordinatio imperii geschändet zu haben, weil ich Karl mit Ländern aus Lothars Bereich ausgestattet habe. Judith, du kannst dir nicht vorstellen, wie diese Männer mit mir zu sprechen gewagt haben! Mein Vater hätte sie hinrichten lassen! Welche Schwäche würde ich denn zeigen, wenn ich sie nicht allesamt davongejagt hätte!«
    »Auch Ebbo?«, fragte Judith.
    Ludwig seufzte. »Da er sich ebenfalls einige dreiste Bemerkungen erlaubt hat, habe ich ihm empfohlen, sich vorerst zurückzuziehen.«
    »Einhard hast du doch nicht etwa auch hinausgeworfen?«
    »Natürlich nicht. Außer Bernhard ist er der Einzige, der treu zu mir steht. Aber er behauptet, des Hoflebens überdrüssig zu sein, und hat selbst um seine Entlassung gebeten. Die ich ihm nicht gewährt habe. Wir brauchen ihn hier, weil er die neuen Männer in ihre Ämter einarbeiten muss. Abt in Seligenstadt kann er später auch noch werden. Jedenfalls habe ich allen gezeigt, wer der Herr im Reich ist.«
    Judith war kreidebleich geworden. Sie hatte damit gerechnet, dass die Ausstattung ihres Sohnes Staub aufwirbeln und bei den anderen Söhnen Zorn hervorrufen würde, aber sie war sich der Unterstützung des Aachener Hofstaats sicher gewesen. Was hatte sie in den vergangenen Monaten nicht alles getan, um sich die Treue und Zuneigung dieser Männer zu sichern! Ihnen Klöster und Besitztümer zukommen lassen, wie sie es sich zuvor kaum hätten erträumen können. Sie hatte nicht nur Ludwig zu großen Schenkungen überredet, sondern auch ein persönliches Opfer gebracht und sich vom größten Teil ihres Schmucks getrennt. Vor allem Graf Wala war reichlich bedacht worden. Jemand anderes musste diesen Leuten noch größere Versprechungen gemacht, noch Verlockenderes in Aussicht gestellt haben, und da kam nur ein einziger Mensch in Betracht: Lothar.
    Judith hatte sich nie vorstellen können, dass er sich nach seinem Verweis vom Hof friedlich mit der Verwaltung Italiens begnügen würde, und sie hatte Ludwig davor gewarnt, Lothar noch weiter öffentlich zu demütigen. Doch der Kaiser ließ jeden wissen, dass sein ältester Sohn des Amtes als Mitkaiser unwürdig sei und er ihn verstoßen werde. Zu groß war sein Zorn auf Lothar gewesen, der sein Wort gebrochen und sich geweigert hatte, dem Halbbruder – noch dazu dem eigenen Patensohn! – freiwillig ein kleines Stück seines eigenen Gebiets zu überlassen. Lothar würde nicht nur alles daransetzen, um wieder an die Macht zu kommen, sondern er würde jetzt auch glauben, triftigen Grund zu haben, Ludwig,

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