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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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hexerische Zaubereien aller Art werden betrieben und heidnische Gottheiten angebetet! Kein Tag war unglücklicher als der, an dem der Schurke aus Spanien berufen wurde, jener Elende, der jegliche Ehrbarkeit verließ, in die er hineingeboren war, und sich stattdessen in allen Schmutzsuhlen wälzt …«
    »Und weiter?«, unterbrach ihn Pippin, der keinen Wunsch verspürte, diesem Mann, der sich so gerne reden hörte, Raum für poetische Auslassungen zu geben.
    »Und weiter führt die Frau Übles im Schilde«, bellte Graf Hugo. Er war verärgert, die viel geprobte schöne Rede nicht vollends halten zu können.
    »Als da wäre?«
    »Auf lange Sicht hat die Ehebrecherin vor, den Kaiser und euch, seine älteren Söhne, sowie eure Kinder aus dem Weg zu schaffen und ihrem Buhlen, der sich dreist auf seinen Großvater Karl Martell beruft, die Herrschaft zu überlassen, bis ihr Sohn Karl das geeignete Alter erreicht hat.«
    »Woher stammt diese Kenntnis?«
    Jetzt lächelte der Graf fein. »Lothars Späher haben sich am Aachener Hof eben nicht erwischen lassen.«
    »Was wird Lothar tun?«
    »Vorerst nichts, da er nicht unmittelbar bedroht ist. Im Gegensatz zu dir. Und wenn du mir nicht glaubst, hör dich im Volk um«, versetzte Graf Hugo, der dafür gesorgt hatte, dass die bösen Gerüchte bereits überall gestreut worden waren. »Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern. Lothar rät dir aber, dem Vater nicht zu schaden. Es ist schließlich nicht seine Schuld, dass er vernebelt wurde. Vermutlich findet alles ein glimpfliches Ende, wenn die schändliche Hexe von seiner Seite gerissen und er wieder zu Verstand gebracht wird.«
    Bevor er sich verabschiedete, fügte Graf Hugo noch beiläufig hinzu: »Klosterhaft könnte dem frevelhaften Tun der Kaiserin möglicherweise keinen Einhalt gebieten und vielleicht sogar die entsprechende Abtei gefährden. Das sollte man bei Judiths Festnahme bedenken.«
    Er überspannte den Bogen nicht, sondern reiste augenblicklich ab. Lothar konnte mit ihm zufrieden sein. Wenn alles nach Plan ging, würde sich der älteste Sohn Ludwigs bald die Kaiserkrone aufs Haupt setzen können, ohne sich selbst die Hände schmutzig gemacht zu haben. Dafür hatte er schließlich seine Brüder. Und ihn, Graf Hugo. Um Judith wollte er sich selbst kümmern. Aber das teilte er Pippin nicht mit.
    »Sag den Feldzug gegen die Bretonen ab!«, flehte Judith ihren Gemahl am Vorabend des Aschermittwochs an. »Es ist eine Verschwörung gegen uns im Gange, ich spüre das.«
    Zu friedlich war die Stimmung in den letzten Tagen am Hof gewesen, fand sie, lauernd wie die Ruhe vor dem Sturm. Besonders misstrauisch war sie geworden, als ihr sowohl Ruadbern wie auch Bernhard von unbegleiteten Ausritten dringend abgeraten hatten.
    »Es rumort im Volk«, hatte Bernhard nur gesagt. »Es sind üble Gerüchte verbreitet worden, und wir sorgen uns um deine Sicherheit.«
    Mehr wollte er ihr nicht sagen. Aber Ruadbern, der seine Ohren überall zu haben schien, nahm kein Blatt vor den Mund.
    »Deine Feinde sind sich nicht zu schade gewesen, die einfachen Leute gegen dich aufzuwiegeln. Dir wird Ehebruch vorgeworfen, Judi«, er sah sie missbilligend an, »und Hexerei, was nach der Synode in Paris möglicherweise noch schlimmer ist, da so etwas neuerdings mit dem Tode bestraft werden kann.«
    Judith zweifelte keinen Augenblick daran, dass Lothar und Irmingard im fernen Italien eine besonders heimtückische Intrige gesponnen hatten. In gewisser Hinsicht nötigte ihr diese strategische Leistung Achtung ab. Hinterlist sollte mit den gleichen Waffen bekämpft werden, dachte sie; ein Feldzug würde in der derzeitigen Lage das Herrscherhaus nur schwächen – zumal keineswegs sichergestellt war, dass Lothar und seine Leute nicht auch Ludwigs Heerführer unterwandert hatten.
    Doch sosehr sie ihn auch beschwor, Ludwig war nicht davon abzubringen, am folgenden Tag aus Aachen aufzubrechen. Um dem bösen Gerede keine Nahrung zu geben, hatte Bernhard beschlossen, ihn zu begleiten. Sie ließen eine ziemlich verzweifelte Judith in Aachen zurück. Da half es auch nichts, dass Walahfrid Strabo ihr mit einem neuen Gedicht seine unverbrüchliche Treue und Zuneigung bekundete. Im Gegenteil: Bei seinem Anblick musste sie unwillkürlich an die prophetische Gabe der Göttin Holda denken, die er auch ihr zugeschrieben hatte. Man muss keine Wahrsagerin sein, dachte sie, um bei all der Niedertracht, die uns umgibt, zu ahnen, wie finster die unmittelbare Zukunft für

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