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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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fühlen. Daran mochten auch die Nachrichten schuld sein, die inzwischen durchgesickert waren.
    König Pippin von Aquitanien war mit einem Heer nach Paris gerückt und hatte dem dort versammelten Kriegsvolk abgeraten, sich an dem Feldzug in die Bretagne zu beteiligen. Er stieß auf offene Ohren. Zumal er inzwischen einen Teil der abgesetzten Hofbeamten um sich versammelt hatte, die ausführlich darüber berichteten, wie die Kaiserin ihren Gemahl mit einem Mann betrog, der nur im Sinn hatte, selbst nach der Krone zu greifen. Von Pippin wichen die letzten Zweifel. Wenn so viele hochrangige Männer, die sich um den Hof und das Reich verdient gemacht hatten, die gleiche Anklage erhoben, dann war mehr als nur etwas Wahres daran.
    Kaiser Ludwig hatte sich nach den ersten Berichten nach Compiègne begeben, wo er über den vollen Umfang des Aufstands ins Bild gesetzt wurde. Entsetzen packte ihn, als er begriff, dass sich das gesamte Heer gegen ihn gestellt hatte. Sein Gefolge war viel zu schwach, als dass es mit Gewalt hätte durchgreifen können. In den Wirren schaffte es Bernhard, sich abzusetzen und in Richtung Barcelona zu fliehen. Die Stadt, die er vor den Sarazenen gerettet hatte, würde ihn nicht ausliefern, dessen war er sich gewiss. Ludwig, der die weitere Entwicklung in Compiègne abwarten wollte, schickte einen Boten los, der Judith in Aachen über die Vorgänge in Kenntnis und sie an einen sicheren Ort bringen sollte.
    Da seine Gemahlin bereits unterwegs war, war es von geringer Bedeutung, dass Pippins Männer diesen Boten abfingen.
    Es war noch stockfinster, als Judith mit fürchterlichen Kopfschmerzen und ausgetrocknetem Mund erwachte. Als hätte ich dem Wein übermäßig zugesprochen, dachte sie verwundert, denn sie konnte sich nicht daran erinnern, am Vorabend mehr als einen Becher geleert zu haben. Benommen blickte sie um sich und schlug sich auf die Wangen, um richtig wach zu werden. Karl, dachte sie voller Entsetzen, griff neben sich und atmete erleichtert auf, als sie den warmen Körper ihres Sohnes spürte. Sie strengte die Augen an und mühte sich, Konturen zu erkennen. Aber vom Wachfeuer war nicht einmal ein kleiner Schein übrig geblieben. Sie hatte dem Anführer ihres Reisezugs nicht recht glauben mögen, als der bedauert hatte, diese Nacht im Freien verbringen zu müssen, da es in der Nähe keine Unterkunft gäbe. Schließlich hatte sie die Strecke mit Ludwig öfter zurückgelegt und dabei in jeder Nacht ein Dach über dem Kopf gehabt. Jetzt tat es ihr leid, sich die einzelnen Unterkünfte nicht gemerkt zu haben.
    Um Karl nicht zu wecken, versuchte sie vorsichtig aufzustehen. Die Beine wollten ihr zunächst nicht gehorchen. Ich bin nicht betrunken, dachte sie, aber irgendetwas muss mich betäubt haben! Wann weicht der Nebel in meinem Kopf? Ich verdurste – wo sind die Wasserschläuche? Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an das Dunkel. Dort, wo das Feuer gewesen war, sah sie keine schwarzen Flecken von Gepäckstücken oder schlafenden Gestalten. Sie hörte weder das Schnarchen von Männern noch das Schnauben von Pferden. Leise stieß sie einen fragenden Laut aus. Niemand antwortete. Und dann begriff sie endlich.
    Ihr Gefolge hatte sich im Dunkel der Nacht davongemacht und sie im Stich gelassen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie sich langsam wieder neben ihrem schlafenden Sohn niederließ.
    Sie wusste nicht, wo sie sich befand, vermutete sich aber in der Nähe von Laon. Dort gab es die Marienabtei, in der sie Zuflucht suchen könnte. Doch sie musste den Tagesanbruch abwarten, um zu wissen, in welche Richtung sie sich zu wenden hatte. Falls sie überhaupt so weit kam. Falls die Männer nicht im Gebüsch lauerten, um sie und ihr Kind endgültig zu erledigen.
    Sie unterdrückte die Panik, die in ihr aufsteigen wollte, und bemühte sich, einen klaren Kopf zu bewahren. Ihr Gefolge war verschwunden, ohne ihr auch nur ein einziges Pferd zu hinterlassen. Sie und Karl waren völlig schutzlos wilden Tieren und, was in dieser Lage übler sein könnte, böswilligen Menschen ausgesetzt. Die wohl bestenfalls in Kauf genommen hätten, dass sie und ihr Sohn im Wald sterben könnten. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie zwang sich, nicht über die Hintergründe nachzudenken, nicht darüber, was inzwischen geschehen sein könnte und die Männer zu diesem Treuebruch veranlasst hatte. Jetzt brauchte sie alle Kraft, um sich und ihren Sohn sicher aus dem Wald zu bringen.
    Außer einer langen Nadel an

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