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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Ihre Stimme überschlug sich. »Sind wir denn nirgendwo sicher?«
    Am liebsten hätte sie geweint, aber sie riss sich zusammen.
    »Dann gehen wir der Sache mal auf den Grund«, erklärte der Abt, nahm Karl an der Hand und folgte Judith ins Gebäude.
    Graf Hugo brach in lautes Gelächter aus, als Judith neben Abt Markward im Gastraum ihre Beschuldigung vorbrachte.
    »Es ist sehr verständlich, dass die vielen Aufregungen der vergangenen Zeit unsere verehrte Kaiserin verwirrt haben«, erklärte er gutmütig. »Meine Vertrauten haben sich seit Stunden nicht von meiner Seite gerührt. Das kann auch der Vater Abt bezeugen.«
    Judith blickte zu Abt Markward, der anmerkte, dieses nicht bezeugen zu können, worauf Graf Hugo darauf hinwies, er habe den Hausherrn gemeint. »Im Übrigen«, fuhr er fort, »besteht die Aufgabe dieser guten Leute darin, Mutter und Sohn unbeschadet dem Kaiser zuzuführen …«
    »Was!«, stieß Judith entsetzt aus.
    »Meine Liebe, beruhige dich doch! Ich bin zu eurem Schutz hier. Damit eben nicht solche hässlichen Dinge vorfallen wie eben vor dem Klostertor. Rüpel aus dem Volk, ungehobelte Kerle; die Welt ist leider voll davon.« Er seufzte. »Setz dich zu uns, beste Judith, und ich bringe dich auf den Stand der Dinge. Du musst doch neugierig sein, was sich in der Welt getan hat! Und voller Sehnsucht nach deinem Mann, dem Kaiser! Wir bringen euch so schnell wie möglich zu ihm. Das ist sein größter Wunsch, und wer sind wir, dem Kaiser etwas zu versagen!«
    Judith sah Abt Markward an. Er verstand ihren Blick und verließ mit ihr den Raum.
    »Richtig, schick uns einen Mönch mit neuem Wein!«, rief Irmingards Vater ihr noch hinterher. »Du musst doch auch fast verdurstet sein.«
    Judith wartete, bis sie wieder auf dem Klosterhof waren.
    »Ein fürchterlicher Mann«, sagte sie leise. »Kannst du nicht bleiben?«
    Abt Markward schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich muss jetzt losziehen, sonst erreiche ich die nächste Abtei nicht vor dem Dunkelwerden. Ich würde dir gern helfen, mein Kind, aber ich weiß leider nicht, wie.«
    Judith packte Karl und schob ihn dem Abt hin.
    »Nimm ihn mit, ehrwürdiger Vater! Bitte nimm ihn mit! Ich weiß nicht, was meinen Gemahl und mich erwartet, aber etwas Gutes ist es gewiss nicht! Wenigstens unser Sohn soll in Sicherheit sein.«
    Der Abt beugte sich zu Karl und verwuschelte ihm die Haare.
    »Nun, kleiner Mann«, fragte er, »möchtest du mit mir reiten?«
    Karl blickte unschlüssig von dem großen schwarzen Hengst zu seiner Mutter. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    »Geht nicht«, sagte er mit leichtem Bedauern in der Stimme. »Vielleicht muss ich meine Mutter wieder retten.«
    »Das kannst du am besten in Prüm«, versicherte Judith. »Der Vater Abt wird dir dabei helfen.«
    Abt Markward hob Karl aufs Pferd. »Zusammen schaffen wir das schon«, versicherte er und schien Karl damit zu überzeugen.
    Judith fiel etwas ein.
    »Und Gerswind!«, rief sie hastig. »Meine Tante Gerswind lebt in Prüm. Auch sie wird dir helfen. Grüß sie von mir, und sag ihr, ich möchte sie bald wiedersehen.«
    Als der Abt die dunklen buschigen Augenbrauen hob, fragte sich Judith, ob sie nicht zu weit vorgeprescht war. Vielleicht hätte sie Gerswind nicht erwähnen sollen; gut möglich, dass sich ihre Tante mit heidnischem Tun auch bei dem neuen Abt unbeliebt gemacht hatte.
    »Richtig, die Tante der Kaiserin«, erinnerte sich der Kirchenmann, »eine Stütze unseres Klosters.«
    Während Judith noch darüber nachdachte, ob sich der Abt über sie lustig machte, setzte er hinzu: »Und die beste Lehrerin weit und breit. Die Hufebauern haben eingesehen, dass es von Vorteil ist, wenn Frauen rechnen und lesen können. Da werden sie nicht so leicht übers Ohr gehauen. Der Unterrichtsraum, den ich Frau Gerswind in einer Ecke unserer Abtei eingerichtet habe, wird jetzt von fast allen Mädchen in unserer Gegend besucht. Frau Gerswind ist ein bemerkenswertes Weib, ein ganz ungewöhnliches Geschöpf.«
    Plötzlich verfinsterte sich sein Gesicht.
    »Aber das solltest du deinem Gemahl bitte nicht verraten, er könnte Einwände gegen eine Mädchenschule erheben. Auch wenn es keine richtige Schule ist«, setzte er sicherheitshalber hinzu.
    Judith atmete durch. Wenn das ihre größte Sorge wäre! Erstaunt stellte sie fest, wie sehr sie sich darüber freute, dass Gerswind ihren Traum doch noch hatte verwirklichen können. Es packte sie eine unglaubliche Sehnsucht nach der Frau, die sie erzogen

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