Die Welfenkaiserin
rief ein anderer, »aber das lässt sich ändern!« Unter großem Gejohle entblößte er sein erigiertes Glied. Judith schloss die Augen. Sie konnte nichts mehr tun, nur noch hoffen, dass jemand vom Kloster rechtzeitig eingriff.
»Erst wegschaffen«, schlug ein weiterer Mann vor, »wir wollen doch nicht die Augen der Mönche beleidigen, wenn wir uns das nehmen, was dieses Weib so großzügig zu verschenken pflegt! Ab in die Scheune!«
Hände griffen nach ihrem Körper, fassten ihr unter das Kleid, kniffen sie in die Brüste, zogen an ihrem Zopf und hatten schließlich den ganzen Körper vom Boden gehoben. Judith wehrte sich nicht, sparte ihre Kräfte.
»Augenblicklich aufhören!«
Eine Stimme wie ein Donnergrollen. Die Männer ließen ihre Beute fallen. Als Judith die Augen aufschlug, sah sie einen hünenhaften Mann mit furchterregend dunklen Augenbrauen in Benediktinerkutte näher kommen.
»Ihr Schändlichen!«, brüllte er von Weitem und hob seine riesigen Fäuste, als wollte er die gesamte Schar verprügeln. So schnell, wie die Männer aufgetaucht waren, verschwanden sie in einer Staubwolke. Der Mönch half Judith auf die Beine.
»Danke«, murmelte sie, legte den Kopf zur Seite und spuckte einen Klumpen blutige Erde aus. Sie hatte sich beim Sturz auf die Zunge gebissen.
»Schlimme Zeiten«, seufzte ihr Retter, während er einen Arm um Judith legte und sie behutsam zum Klostertor geleitete. Er stellte sich als Abt Markward von Prüm und Sankt Hubert vor, der gerade aus Compiègne gekommen war und auf dem Weg nach Hause sei.
»Was hat sich im Reich inzwischen getan?«, fragte Judith aufgeregt, wartete aber keine Antwort ab, denn im Klosterhof rannte Karl auf sie zu. Sie ging in die Hocke und breitete die Arme aus. Fürs Erste in Sicherheit, dachte sie. Fürs Erste. Wenigstens in diesem Kloster sind wir vor Feinden geschützt.
»Ich habe dich gerettet!«, jubelte das Kind und schlang die Arme um Judiths Hals. Stolz blickte er zu dem hünenhaften Mönch. »Ich habe die Kaiserin gerettet! Ich habe dich gerettet! Mutter!« Und dann fing er an zu weinen.
»Fürwahr«, versetzte Abt Markward, »du bist ein tapferer Sohn!« Er hob Karl wie eine Feder vom Boden und setzte ihn sich auf die Schultern. »Jetzt werden wir Männer uns unterhalten, während sich deine Mutter reinigt.«
Inzwischen war auch der Abt des Klosters Laon erschienen. Er zeigte Empörung über das Vorgefallene und versprach, die Männer zu verfolgen, setzte aber hinzu, dass es schwierig werden könne, da sie nicht aus der Gegend stammten. Woher weiß er das, fragte sich Judith misstrauisch. Warum hat er nicht selbst eingegriffen, wenn er sie gesehen hat? Das Gefühl der Sicherheit wich von ihr, und in ihrem Magen formte sich ein Kloß.
Nachdem sie sich in einer Gästekammer des Klosters gewaschen und ihre Kleidung so gut wie möglich gesäubert hatte, klopfte sie an die Tür der Abtwohnung.
Der Hausherr öffnete ihr, ließ sie aber nicht eintreten. Sie werde in der Gaststube Näheres erfahren, sagte er wesentlich weniger freundlich als zuvor in Gegenwart Abt Markwards. Er wies ihr den Weg.
In der Hoffnung, von dem Hünen Einzelheiten zu erfahren, stieß Judith die Tür zum Gastraum auf.
Versteinert blieb sie auf der Schwelle stehen.
Mit dem Gesicht zu ihr saß Graf Hugo von Tours freundlich lächelnd an einem langen schmalen Tisch, flankiert von zweien der Männer, die Judith kurz zuvor angegriffen hatten.
»Das sind sie!«, brachte sie hervor, streckte die Arme aus und deutete mit beiden Zeigefingern auf die Männer.
»Aber natürlich sind sie das«, erklärte Graf Hugo gemütlich. »Und jetzt setz dich zu uns, damit wir uns in aller Ruhe unterhalten können.«
»Ich denke nicht daran!«, erklärte Judith. Sie wandte sich um, verließ den Raum und rannte zurück zur Wohnung des Abtes. Doch er öffnete weder auf Klopfen noch Rufen. Judith durchlief es heiß und kalt: Wo war Karl?
Sie rannte voller Panik auf den Klosterhof. Ein Stein fiel ihr vom Herzen, als sie ihren Sohn neben Abt Markward sah, der soeben Gepäck an seinem edlen schwarzen Hengst angebracht hatte. Judith stürzte auf die beiden zu, griff aufgeregt nach Abt Markwards Händen und rief flehend: »Bitte reise jetzt nicht ab, ehrwürdiger Vater! Du musst mir helfen!«
»Schon wieder böse Männer?«, fragte Karl stirnrunzelnd und griff nach seinem Schwert, das er sich wiedergeholt hatte.
»Ja, dieselben«, sagte sie, »sie gehören zu Graf Hugo und sitzen im Kloster!«
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