Die Welle
keinen Produktionsrückstand.«
»Ich habe nicht behauptet, Zusammenarbeit sei schlecht«, wehrte sich seine Frau. »Aber jeder muss auch die Möglichkeit haben, auf seine eigene Art zu arbeiten. Wenn du schon von der Größe unseres Landes redest, dann sprichst du notwendigerweise auch von Menschen, die sich nicht davor gefürchtet haben, als Individuen zu handeln.«
»Ich glaube wirklich, du siehst das ganz falsch«, sagte Laurie. »Mr Ross hat einfach eine Möglichkeit gefunden, alle einzubeziehen. Und schließlich machen wir immer noch unsere Hausaufgaben. Wir haben die Geschichte ja nicht einfach vergessen.«
»Das ist alles gut und schön. Es hört sich nur nicht so an, als wäre es gut für dich, Laurie. Schließlich haben wir dich zu einem selbstständigen Menschen erzogen.«
Lauries Vater wandte sich an seine Frau. »Meinst du nicht auch, dass du das ein wenig zu ernst nimmst? Ein bisschen Gemeinschaftsgeist kann den Kindern doch bestimmt nicht schaden.«
»Richtig«, pflichtete Laurie ihm bei und lächelte. »Hast du nicht selbst immer behauptet, ich sei viel zu unabhängig?« Mrs Saunders blieb ernst. »Du darfst nur nicht vergessen, dass das Beliebte durchaus nicht immer das Richtige sein muss.«
»Aber, Mutter!«, sagte Laurie verzweifelt, weil ihre Mutter die Sache so gar nicht von ihrer Seite her betrachten wollte. »Entweder du bist wirklich dickköpfig, oder du verstehst das alles nicht richtig.«
»Ich bin überzeugt, dass Lauries Geschichtslehrer schon wissen wird, was er tut, und ich verstehe nicht, warum man daraus eine große Sache machen sollte«, erklärte der Vater. »Und glaubst du nicht, dass es gefährlich ist, wenn ein Lehrer seine Schüler derart manipuliert?«, fragte seine Frau. »Er manipuliert uns doch gar nicht«, widersprach Laurie. »Er ist einer meiner besten Lehrer. Er weiß genau, was er tut, und ich finde, was er tut, ist gut für die Klasse. Es wäre schön, wenn es bei den anderen Lehrern nur halb so interessant wäre.«
Die Mutter schien das Streitgespräch fortsetzen zu wollen, doch der Vater wechselte das Thema.
»Wo bleibt denn David heute?«, fragte er. »Kommt er heute nicht?«
David kam oft abends, meistens unter dem Vorwand, noch mit Laurie lernen zu wollen. Meistens saß er dann aber bald mit Mr Saunders im Wohnzimmer und fachsimpelte über Sport und Technik. David wollte Ingenieur werden, genau wie Mr Saunders, folglich hatten sie viel Gesprächsstoff. Mr Saunders hatte in der Schule auch Football gespielt, undLauries Mutter hatte einmal gesagt, die beiden seien einfach vom Himmel füreinander bestimmt.
Laurie schüttelte den Kopf. »Er ist zu Hause und bereitet sich für morgen auf die Geschichtsstunde vor.«
Mr Saunders sah überrascht aus. »David bereitet sich vor? Das ist ja nun wirklich etwas, worüber man sich Sorgen machen könnte!«
Da sowohl Ben als auch Christy Ross vollen Unterricht zu erteilen hatten, ergab es sich, dass sie sich die Hausarbeiten teilten: das Kochen, das Putzen und die Einkäufe. An diesem Nachmittag hatte Christy ihren Wagen in die Werkstatt bringen müssen, folglich hatte Ben versprochen, sich um das Kochen zu kümmern. Nach der Geschichtsstunde war er aber viel zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, um auch nur an Kochen zu denken. Deshalb kaufte er auf dem Heimweg ein paar chinesische Fertiggerichte ein.
Als Christy am Abend heimkam, fand sie keinen gedeckten Tisch vor. Statt der Teller lagen dort wieder Bücher. Sie betrachtete die braunen Einkaufstüten in der Küche und fragte: »Nennst du das ein Abendessen?«
Ben blickte auf. »Tut mir Leid, Christy, aber mich beschäftigt diese Klasse zu sehr. Und ich muss mich so gründlich darauf vorbereiten, dass ich keine Zeit zum Kochen hatte.« Christy nickte. Immerhin verhielt er sich nicht regelmäßig so, wenn er mit dem Kochen an der Reihe war, also konnte sie ihm diesmal verzeihen. Sie fing an, seine Einkäufe auszupacken. »Wie läuft denn das Experiment, Dr. Frankenstein? Haben sich deine Monster noch nicht gegen dich gewandt?«
»Ganz im Gegenteil«, erwiderte ihr Mann. »Die meisten verwandeln sich allmählich in menschliche Wesen.«
»Was du nicht sagst!«
»Ich weiß zum Beispiel, dass sie alle den aufgegebenen Text lesen. Manche lesen sogar schon ein Stück voraus«, sagte Ben. »Es sieht ganz so aus, als fänden sie plötzlich Spaß daran, auf den Unterricht vorbereitet zu sein.«
»Oder sie haben plötzlich Angst davor, nicht vorbereitet zu
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