Die Welle
sein«, bemerkte seine Frau.
Ben überhörte ihren Kommentar. »Nein, ich glaube wirklich, sie haben sich gebessert. Auf jeden Fall benehmen sie sich besser.«
Christy schüttelte den Kopf. »Das können nicht dieselben Kinder sein, die ich im Musikunterricht habe.«
»Ich sag’s dir doch!«, erklärte ihr Mann. »Es ist verblüffend, aber sie mögen dich tatsächlich mehr, wenn du alle Entscheidungen für sie triffst.«
»Ja, sicher. Es bedeutet ja weniger Arbeit für sie selbst. Sie brauchen nicht mehr selber zu denken«, sagte Christy. »Aber jetzt hör bitte auf zu lesen und räume ein paar von den Büchern beiseite, damit wir endlich essen können.«
Während Ben den Küchentisch teilweise abräumte, trug Christy das Essen auf. Als Ben aufstand, glaubte sie, er wolle ihr helfen, doch er ging nur in Gedanken versunken in der Küche auf und ab. Auch Christy dachte über die Welle nach. Irgendetwas daran störte sie, etwas am Tonfall,mit dem ihr Mann über seine Klasse sprach – als wären seine Schüler jetzt besser als alle anderen in der Schule. Während sie sich setzte, fragte sie: »Wie weit willst du den Versuch noch treiben, Ben?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Ross. »Aber ich glaube, es kann eine ganz faszinierende Angelegenheit werden.« Christy beobachtete ihren Mann, wie er gedankenverloren in der Küche auf und ab ging. »Warum setzt du dich nicht?«, fragte sie. »Dein Essen wird kalt.«
»Weißt du«, sagte ihr Mann, während er an den Tisch kam und sich setzte, » das Merkwürdige daran ist, dass ich selbst auch völlig gefesselt bin. Die Sache ist ansteckend.« Christy nickte. Das war offensichtlich. »Vielleicht wirst du zu einem Versuchskaninchen in deinem eigenen Experiment«, sagte sie. Und obgleich sie es wie im Scherz sagte, hoffte sie doch, dass er es als Warnung verstünde.
David und Laurie wohnten nicht sehr weit von der Schule entfernt. Davids Schulweg führte nicht unbedingt an Lauries Haus vorüber, aber seit der zehnten Klasse hatte er immer einen Umweg gemacht. Damals, als Laurie ihm zuerst auffiel, ging er jeden Morgen in der Hoffnung durch ihre Straße, sie würde gerade im richtigen Augenblick auf dem Weg zur Schule aus der Haustür treten. Anfangs »begegnete« er ihr ungefähr jede Woche einmal. Als sie sich schon besser kannten, trafen sie sich häufiger, und vom Frühling an gingen sie fast jeden Morgen gemeinsam. Lange hatte David geglaubt, das sei einfach eine Frage des Glücks und der richtigen Zeitwahl. Es kam ihm überhaupt nicht in den Sinn, dass Laurie von Anfang an hinter der Gardine gewartet und nach ihm Ausschau gehalten hatte. Anfangs war sie nur einmal wöchentlich ganz »zufällig« mit ihm zusammengetroffen, später dann immer häufiger.
Als David am nächsten Morgen Laurie abholte, lief sein Kopf vor Gedanken förmlich über. » Ich sage dir, Laurie«, behauptete er, während sie miteinander zur Schule gingen, »genau das braucht unsere Footballmannschaft ! «
»Die Footballmannschaft braucht vor allem Leute, die sauber abspielen können, eine Verteidigung, die nicht lange herumfummelt, ein paar Angreifer, die sich ohne Angst ins Gedränge stürzen und schließlich ...«
» Hör auf!«, sagte David gereizt. » Ich meine es ernst. Gestern habe ich die Mannschaft dazu überredet. Brian und Eric haben mir geholfen. Und die anderen sind tatsächlich darauf angesprungen. Das heißt natürlich nicht, dass nach einem einzigen Training plötzlich alles anders geworden ist, aber ich hab’s schon gespürt. Ich konnte den Teamgeist spüren! Sogar Trainer Schiller war beeindruckt. Er hat gesagt, wir wären wie eine ganz neue Mannschaft.«
»Meine Mutter sagt, ihr käme das wie Gehirnwäsche vor.« »Was ? «
»Sie sagt, Mr Ross manipuliert uns.«
»Verrückt!«, behauptete David. »Woher will sie das wissen? Außerdem, was kümmert dich, was deine Mutter meint? Du weißt doch, dass sie sich über alles dauernd Sorgen macht.«
»Ich habe ja nicht gesagt, dass ich ihr Recht gebe«, antwortete Laurie.
»Aber du hast auch nicht gesagt, dass du anderer Meinung bist«, bemerkte David.
»Ich habe dir nur erzählt, was sie gesagt hat.«
David wollte das Thema fallen lassen. »Und wie will sie das überhaupt wissen. Zur Welle kann sie sich wahrscheinlich erst eine Meinung bilden, wenn sie einmal in der Klasse war und gesehen hat, wie das alles funktioniert. Aber Eltern wissen ja immer alles besser!«
Laurie fühlte plötzlich den Wunsch, ihm zu
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