Die Welle
Blick ein wenig ratlos durch die Klasse wandern. Sollte das ein Spaß sein? Hier und da sah er ein Gesicht, in dem sich das Lächeln nur mühsam versteckte, doch die meisten Gesichter verrieten Aufmerksamkeit, die Blicke waren starr geradeaus gerichtet, alle schienen sich zu konzentrieren. Einige Schüler sahen ihn unsicher an, als warteten sie ab, ob er das Experiment weiterführen würde oder nicht. Sollte er? Es war eine so neue Erfahrung, und sie wich so sehr von der Norm ab, dass er sich unsicher fühlte. Was konnten die Schüler aus diesem Versuch lernen? Was konnte er selber lernen? Ben spürte die Versuchung des Unbekannten und beschloss, dass es der Mühe wert sei, seinen Versuch fortzusetzen. »Also«, sagte er und legte seine Notizen beiseite, »was geht hier vor?«
Die Schüler blickten ihn unsicher an.
Ben schaute zur entfernten Seite des Raumes. »Robert?« Robert Billings sprang auf. Sein Hemd steckte säuberlich im Gürtel, sein Haar war gekämmt. »Mister Ross, Disziplin!«
»Ja, Disziplin«, stimmte Mr Ross zu. »Aber das ist nur ein Teil von allem. Es gehört noch mehr dazu.« Er wandte sich zur Wandtafel, und unter die gestrigen Worte
schrieb er:
Dann wandte er sich wieder der Klasse zu. »Gemeinschaft ist das Band zwischen Menschen, die für ein gemeinsames Ziel arbeiten und kämpfen. Das ist schon so, wenn man gemeinsam mit seinen Nachbarn eine Scheune baut.«
Ein paar Schüler lachten. Aber David war klar, was der Lehrer meinte. Genau darüber hatte er gestern nach dem Unterricht nachgedacht. Es war so etwas wie der Mannschaftsgeist, den das Footballteam brauchte.
»Es ist das Gefühl, Teil eines Ganzen zu sein, das wichtiger ist als man selbst«, erklärte Mr Ross.
»So eine Gemeinschaft ist gar nicht schlecht«, murmelte einer, doch seine Nachbarn brachten ihn schnell zum Schweigen.
»Es ist genau wie mit der Disziplin: Um die Gemeinschaft ganz zu begreifen, muss man sie erfahren und daran teilhaben. Von diesem Augenblick an lauten unsere beiden Grundsätze:
und
Und jetzt wiederholen alle diese beiden Grundsätze!«
Alle Schüler im Raum stellten sich neben ihre Plätze und sagten: »Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft!«
Einige wenige Schüler, darunter Laurie und Brad, beteiligten sich nicht daran, sondern saßen verlegen auf ihren Stühlen, während Mr Ross die Grundsätze nochmals wiederholen ließ. Endlich stand Laurie auf, dann auch Brad. Jetzt stand die gesamte Klasse.
»Und nun brauchen wir ein Symbol für unsere neue Gemeinschaft«, erklärte Ben Ross. Er wandte sich wieder der Tafel zu, und nach kurzem Nachdenken zeichnete er einen Kreis mit einer Wellenlinie darin. »Das soll unser Symbol sein. Eine Welle bedeutet Veränderung. In ihr vereinen sich Bewegung, Richtung und Wucht. Von jetzt an trägt unsere Gemeinschaft, unsere Bewegung den Namen ›Die Welle‹.« Er schwieg einen Augenblick und betrachtete die Schüler, die unbewegt dastanden und alles hinnahmen, was er ihnen sagte. »Und das wird unser Gruß sein«, fuhr er dann fort, wölbte die rechte Hand wie eine Welle, führte sie an die linke Schulter, nach oben geöffnet. »Alle grüßen!«, befahl er.
Alle führten den Gruß aus, wie er es gezeigt hatte, nur dass manche die rechte anstatt der linken Schulter berührten. »Noch einmal!«, befahl Ross, während er den Gruß selbst wiederholte und immer noch einmal ausführte, bis es alle richtig machten. »Gut«, sagte er dann. Wieder verspürte die Klasse jenes Kraftgefühl und jene Einheit wie am Tag zuvor. »Dies ist unser Gruß und ausschließlich unser Gruß«, erklärte Ben. »Jedes Mal, wenn ihr ein Mitglied unserer Bewegung seht, werdet ihr es auf diese Weise grüßen. Robert, führe den Gruß aus und wiederhole unsere Grundsätze!«
Robert sprang auf, grüßte und antwortete: »Mister Ross, Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft!« »Sehr gut«, lobte Ben. »Peter, Amy und Eric! Grüßt und wiederholt unsere Grundsätze gemeinsam mit Robert!« Die vier Schüler grüßten gehorsam und sagten im Chor: »Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft!« » Brian, Andrea und Laurie «, befahl Mr Ross, »wiederholt gemeinsam mit den anderen!«
Jetzt waren es schon sieben Schüler, dann vierzehn, dann zwanzig, bis die ganze Klasse grüßte und einstimmig ausrief:
Nach dem Unterricht saßen David und Eric nachmittags in der Turnhalle auf dem Boden. Sie waren ein wenig zu früh zum Training gekommen und
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