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Die Welle

Titel: Die Welle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morton Rhue
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    Während er sprach, standen alle Schüler an ihren Plätzen. Laurie war mit den anderen aufgestanden, doch sie verspürte heute nicht diese seltsame Kraft und die Einheit, die sie in den letzten Tagen empfunden hatte. Heute kamen ihr die Geschlossenheit der Klasse und der absolute Gehorsam dem Lehrer gegenüber fast ein wenig unheimlich vor.
    »Setzt euch!«, befahl Mr Ross. Der Lehrer fuhr fort: »Als wir vor einigen Tagen die Welle begründet haben, spürte ich, dass einige von euch sich große Mühe gegeben haben, die richtigen Antworten zu finden und bessere Mitglieder zu sein als andere. Das muss nun aufhören. Ihr tragt untereinanderkeinen Wettkampf aus, sondern ihr arbeitet gemeinsam für ein Ziel. Ihr müsst euch als ein Team empfinden, dem ihr alle angehört. Vergesst nicht: In der Welle seid ihr alle gleich. Niemand ist wichtiger oder beliebter als der andere, und niemand ist von dieser Gruppe ausgeschlossen. Gemeinschaft bedeutet Gleichheit innerhalb der Gruppe. Unsere erste Aufgabe wird es sein, neue Mitglieder für die Welle zu gewinnen. Um Mitglied der Welle werden zu können, muss der Bewerber nachweisen, dass er unsere Regeln kennt, und er muss geloben, ihnen strikt zu gehorchen.« David lächelte, als Eric zu ihm herüberschaute und ein Auge zukniff. Genau das hatte er hören wollen. Es war also nicht falsch, andere für die Welle zu begeistern. Es war gut für alle, besonders für die Footballmannschaft.
    Mr Ross schloss seine Bemerkungen zur Welle ab. Den Rest der Stunde wollte er darauf verwenden, die Aufgaben abzuhören, die er gestern gestellt hatte. Doch ein Schüler namens George Snyder hob die Hand.
    »Ja, George?«
    George sprang auf. »Mister Ross, ich fühle zum ersten Mal, dass ich Teil von etwas bin und finde das großartig!« Andere Schüler schauten ihn verwundert an, und er ließ sich langsam auf seinen Stuhl zurücksinken, doch da sprang Robert plötzlich auf.
    »Mister Ross«, sagte er stolz, »ich weiß genau, was George meint. Man fühlt sich wie neugeboren.«
    Er hatte sich kaum gesetzt, als Amy aufstand. »Er hat Recht, Mister Ross. Ich empfinde das ebenso.«
    David freute sich. Er empfand das, was George getan hatte,als bloße Angabe, aber dann hatten Robert und Amy es ihm nachgetan, damit George sich nicht beschämt und allein gelassen fühlen sollte. Das war das Gute an der Welle. Sie unterstützten einander. Jetzt stand auch David auf und sagte: »Mister Ross, ich bin stolz auf die Welle!«
    Dieser plötzliche Ausbruch von Bekenntnissen überraschte Ben Ross. Er wollte mit dem Unterricht vorankommen, doch es war ihm auch klar, dass er sich jetzt noch eine Zeit lang mit den Gefühlen der Klasse beschäftigen musste. Er spürte, wie sehr sie alle Führung von ihm erwarteten, und es war ihm klar, dass er ihnen diese Führung nicht verweigern durfte.
    »Unser Gruß!«, befahl er, und sofort sprangen alle auf und grüßten, wie es den Regeln der Welle entsprach. Dann sprachen sie gemeinsam ihre Grundsätze: »Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft! Macht durch Handeln!« Der Lehrer griff zu seinen Arbeitsnotizen, als die Schüler ohne Aufforderung den Gruß und die Grundsätze wiederholten. Dann wurde es still. Mr Ross betrachtete erstaunt seine Schüler. Die Welle war nicht mehr eine bloße Idee, sie war kein Spiel mehr. Sie war für seine Schüler zu einer lebendigen Bewegung geworden. Sie waren jetzt in der Tat die Welle, und es war Ben klar, dass sie jetzt in der Lage waren, auch ohne sein Zutun gemeinsam zu handeln, wenn sie es wollten. Dieser Gedanke hätte beängstigend sein können, doch Ben war sicher, dass ihm diese neue Bewegung nicht außer Kontrolle geraten würde und er der anerkannte Anführer war. Das Experiment wurde immer interessanter. Mittags saßen alle Mitglieder der Welle, die in der Cafeteriaaßen, an einem langen Tisch beisammen. Brian, Brad, Amy, Laurie und David waren dabei. Anfangs schien Robert Billings zu zögern, ob er sich ihnen anschließen sollte, doch sobald David ihn sah, forderte er Robert auf, sich zu ihnen zu setzen, denn schließlich gehörten sie doch jetzt alle zur Welle.
    Die meisten waren begeistert von dem, was in Ben Ross’ Klasse vorging, und Laurie sah keinen zwingenden Grund, ihnen zu widersprechen. Aber dieses gemeinsame Grüßen und Aufsagen der Grundsätze war ihr noch immer unbehaglich. Endlich fragte sie in einer Gesprächspause: »Hat eigentlich keiner von euch bei alledem ein ungutes Gefühl?« David

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