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Die Welle

Titel: Die Welle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morton Rhue
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Tochter. Laurie wandte sich um und sah die Mutter an. »Wie meinst du das?«
    »Ich meine nur, dass ich Elaine Billings im Supermarkt getroffen habe, und sie hat mir erzählt, ihr Robert sei ein völlig neuer Mensch geworden.«
    »Und? Macht sie sich deswegen Sorgen?«, fragte Laurie. »Sie nicht, aber ich«, antwortete ihre Mutter.
    »Du weißt doch, sie haben jahrelang Probleme mit ihm gehabt. Elaine hat oft mit mir darüber gesprochen. Sie war sehr besorgt.«
    Laurie nickte.
    »Und jetzt ist sie ganz begeistert von dieser plötzlichen Veränderung«, erklärte Mrs Saunders. »Aber irgendwie traue ich der Sache nicht. Eine so dramatische Persönlichkeitsveränderung! Das klingt fast so, als hätte er sich irgendeiner religiösen Sekte angeschlossen.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Laurie, wenn du einmal untersuchst, was für Menschen sich solchen Gemeinschaften anschließen, dann wirst du feststellen, dass es fast immer Menschen sind, die mit sich selbst und ihrem Leben unzufrieden sind. Sie sehen diesen Kult als eine Möglichkeit der Veränderung, eines neuen Anfangs, einer Art Wiedergeburt. Und wie kannst du die Veränderung bei Robert sonst erklären?«
    »Aber was ist denn schlecht daran?«
    »Das Problem ist einfach, dass dieser Kult nichts mit der Realität zu tun hat, Laurie. Robert ist nur sicher, solange er sich innerhalb der Grenzen der Welle bewegt. Aber was meinst du wohl, was aus ihm wird, wenn er die Welle verlässt? Die Außenwelt weiß nichts von der Welle, oder sie kümmert sich nicht darum. Wenn Robert vor der Welle in der Schule nichts leisten konnte, dann wird er es außerhalb der Schule auch nicht können, wo es die Welle nicht gibt.« Laurie verstand. »Meinetwegen. Aber um mich brauchst du dir deswegen keine Gedanken zu machen. Meine Begeisterung hat sich schon etwas abgekühlt.«
    Mrs Saunders nickte. »Ich war ganz sicher, dass du nach reiflicher Überlegung zu diesem Ergebnis kommen würdest.«
    »Und wo liegt also das Problem?«, fragte Laurie.
    »Es liegt bei allen anderen in der Schule, die diese Welle noch immer ernst nehmen«, erklärte ihre Mutter.
    »Ach, du bist die Einzige, die es zu ernst nimmt. Ich jedenfalls denke, es ist einfach eine Mode. So etwas wie Punk oder dergleichen. In zwei Monaten erinnert sich keiner mehr, was es mit der Welle eigentlich auf sich hatte.«
    »Mrs Billings hat mir erzählt, dass es am Freitag Nachmittag eine Versammlung der Welle gibt«, sagte Mrs Saunders. »Ja, eigentlich ist das eine Versammlung des Fanclubs für das Footballteam«, erklärte Laurie. »Anders ist nur, dass sie es diesmal eben als eine Versammlung der Welle bezeichnen.«
    »Und dabei werden sie zweihundert neue Mitglieder indoktrinieren ? «, fragte Mrs Saunders skeptisch.
    Laurie seufzte. »Hör zu! Du machst dich wirklich verrückt wegen dieser ganzen Geschichte. Niemand indoktriniert hier irgendwen. Sie werden bei dieser Versammlung neue Mitglieder in die Welle aufnehmen. Aber die wären sowieso gekommen. Wirklich. Die Welle ist nur ein Spiel, weiter nichts. So, wie kleine Jungen Soldaten spielen. Du müsstest einmal Mr Ross kennen lernen, dann wüsstest du sofort, dass Sorgen überflüssig sind. Er ist so ein guter Lehrer! Er will bestimmt nichts mit Dingen wie Kultgemeinden und Indoktrination zu tun haben.«
    »Und dich verwirrt das alles ganz und gar nicht?«, fragte Mrs Saunders.
    »Mich verwirrt daran nur eines, nämlich, dass es so viele in meiner Klasse gibt, die sich von einer so kindischen Geschichte so einfangen lassen. Ich meine, ich kann schon verstehen,warum David dabei ist. Er ist überzeugt, dass sich seine Footballmannschaft dadurch verbessern lässt. Aber bei Amy verstehe ich es nicht. Ich meine, du kennst sie doch auch. Sie ist so klug, und trotzdem nimmt sie das alles sehr ernst.«
    »Du machst dir also doch Sorgen«, bemerkte ihre Mutter, doch Laurie schüttelte den Kopf. »Das ist das Einzige, was mich daran wundert, und das ist doch wirklich nicht viel. Die ganze Welle ist ein Maulwurfshügel, und du machst ein Gebirge daraus. Wirklich, glaub mir!«
    Mrs Saunders stand langsam auf. »Also gut, Laurie. Zumindest weiß ich, dass du dich von dieser Welle nicht mitreißen lässt. Ich denke, dafür kann man schon dankbar sein. Aber, bitte, sei vorsichtig!« Sie beugte sich zu ihrer Tochter und streichelte ihr über den Kopf, dann verließ sie das Zimmer.
    Laurie saß ein paar Minuten an ihrem Tisch, ohne die Schularbeit wieder aufzunehmen. Sie kaute an ihrem

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