Die Welle
atmete und ihre Bücher krampfhaft festhielt.
»Weißt du, David«, sagte sie, »ich bin gar nicht mehr daran gewöhnt, dich allein zu sehen. Wo sind denn deine Truppen?«
David wusste, dass er ihre feindseligen Bemerkungen überhören und versuchen musste, vernünftig mit ihr zu reden. »Hör zu, Laurie, willst du mir nicht einfach einmal eine Minute zuhören?«
Aber daran schien Laurie nicht interessiert zu sein. »David, wir haben uns kürzlich alles gesagt, was wir einander zu sagen hatten. Ich möchte das alles nicht noch einmal durchkauen. Lass mich bitte in Ruhe!«
Gegen seinen Willen spürte David Ärger in sich aufsteigen. Nicht einmal anhören wollte sie ihn! »Laurie, du musst aufhören, gegen die Welle zu schreiben. Du rufst damit nur alle möglichen Probleme hervor.«
»Die Probleme schafft die Welle, David!«
»Nein, das stimmt nicht!«, behauptete David. »Schau mal, Laurie, wir möchten dich gern auf unserer Seite haben, nicht gegen uns.«
Laurie schüttelte den Kopf. »Auf mich kannst du nicht rechnen. Ich habe dir gesagt, dass ich ausscheide. Das ist kein Spiel mehr. Es ist jemand zusammengeschlagen worden.«
Sie ging weiter, aber David blieb neben ihr. » Das war ein unglücklicher Zufall«, erklärte er ihr. »Ein paar Burschen haben einfach die Welle als Vorwand dafür benutzt, diesen armen Kerl zusammenzuschlagen. Siehst du das nicht ein? Die Welle ist wirklich gut für alle. Warum begreifst du das denn nicht? Es könnte ein ganz neues System daraus entstehen, und wir werden es in Gang bringen.«
»Aber nicht mit mir!«
David wusste, dass Laurie ihm davonlaufen würde, wenn ersie nicht festhielt. Es war einfach unfair, dass ein einziger Mensch eine Sache für alle anderen verderben konnte. Er musste sie überzeugen. Er musste! Und dann packte er ihren Arm.
»Lass mich los!« Laurie wollte sich von ihm befreien, doch David hielt sie fest.
» Laurie, du musst damit aufhören!«, sagte er.
»David, lass meinen Arm los!«
»Schreib diese Artikel nicht mehr! Verdirb den anderen die Welle nicht!«
Aber Laurie leistete weiter Widerstand. » Ich werde schreiben und sagen, was ich will, und du kannst mich daran nicht hindern.«
Von seinem Zorn überwältigt, packte David auch ihren anderen Arm. Warum musste sie nur so störrisch sein? Warum erkannte sie nicht, wie gut diese Welle sein konnte? »Wir können dich daran hindern, und das werden wir auch tun! «Aber Laurie gab sich nur größere Mühe, sich aus seinem Griff zu befreien.
»Ich hasse dich!«, schrie sie. »Ich hasse die Welle! Ich hasse euch alle!«
Die Worte trafen David wie ein Schlag ins Gesicht. Unbeherrscht schrie er sie an: »Halt’s Maul!«, und warf sie zu Boden. Ihre Bücher waren um sie verstreut.
Erschrocken erkannte David, was er getan hatte. Und er war voller Furcht, als er niederkniete und die Arme um sie legte. »Laurie, ist alles in Ordnung?«
Laurie nickte nur, denn ein unterdrücktes Schluchzen schnürte ihr die Kehle zu.
David hielt sie fest umklammert. »Mein Gott, wie mir das Leid tut!«, sagte er leise. Er spürte ihr Zittern und fragte sich, wie er so etwas hatte tun können. Warum hatte er diesem Mädchen weh getan, dem einzigen, das er immer noch liebte? Laurie richtete sich langsam auf und rang schluchzend nach Atem. David konnte es nicht glauben. Es war so, als erwachte er aus einem Traum. Was hatte ihn bloß dazu bringen können, sich so dumm zu verhalten? Noch vor wenigen Minuten hatte er bestritten, dass die Welle irgendeinem Menschen Schmerz bereiten könne, und gleichzeitig hatte er Laurie weh getan, seiner einzigen Freundin, und das ausgerechnet im Namen der Welle!
Es war verrückt – aber David wusste plötzlich, dass er sich geirrt hatte. Alles, was ihn dazu bringen konnte, sich so zu verhalten, war schlecht. Es musste schlecht sein! Inzwischen fuhr Brians Wagen langsam die Straße hinunter und verschwand in der Dunkelheit.
Später im Laufe des Abends betrat Christy Ross das Arbeitszimmer, in dem ihr Mann saß. »Ben«, sagte sie entschlossen, »es tut mir Leid, wenn ich störe, aber ich habe nachgedacht, und ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen.«
Ben lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah seine Frau unsicher an.
»Ben, du musst diese Welle morgen enden lassen«, sagte sie. »Ich weiß, wie viel sie dir bedeutet und welchen Wert du ihr für die Schüler beimisst, aber das muss aufhören!«
»Wie kannst du das sagen?«, fragte Ben.
»Weil Direktor Owens der Sache ein Ende
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