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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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gehaltenen Heckaufbau. Die Segel an allen drei Masten waren gerefft, das lange, schmale Deck menschenleer.
    Der Geisterhändler betrat das Schiff als Erster, machte sofort ein paar Schritt zur Seite, löste den Silberreif von seinem Gürtel und fuhr langsam mit dem Finger daran entlang.
    »So!«, rief Walker und konnte sich nicht zwischen Triumph und Verzweiflung entscheiden. »Wo ist denn nun -« Seine Augen wurden mit einem Mal größer, sein Tonfall unsicher. »Wo ist . «, wiederholte er, dann klappte sein Mund auf, ohne dass ein weiteres Wort über seine Lippen kam.
    Überall an Bord der Carfax stiegen nebelhafte Gestalten zwischen den Planken empor, Geister, die dem Ruf des Händlers folgten. Sogleich wehte ein Großteil von ihnen hinauf in die Takelage und machte sich an den eingerollten Segeln zu schaffen. Andere bemannten die Geschütze.
    »Jolly!«, rief der Geisterhändler. »Komm zu mir.«
    Sie gehorchte, während der Rest die Erscheinungen anstarrte. Nur Munk blieb unbeeindruckt. Seine Sorge galt dem Kanonenfeuer der Spanier, das sich mehr und mehr in die Richtung der ankernden Schiffe verlagerte.
    »Leg deine Fingerspitzen an den Reif«, befahl der Händler.
    Ein merkwürdiges Kribbeln durchfuhr ihre Hand, als sie den Silberreif berührte. Trotzdem zog sie die Finger nicht zurück.
    Der Geisterhändler murmelte unverständliche Silben und Worte.
    Jolly verspürte einen kurzen, zwickenden Schmerz in den Fingerkuppen, dann sagte der Händler: »Ist gut, du kannst jetzt loslassen.« Lauter, damit jeder, vor allem aber Walker ihn verstand, setzte er hinzu: »Die Geister an Bord dieses Schiffes stehen fortan unter dem Befehl dieses Mädchens. Sie werden Ihnen, Captain Walker, gehorchen, solange es sich um seemännische Order handelt. Sollten Sie jedoch versuchen, irgendetwas gegen Ihre Passagiere zu unternehmen, wird Jolly Ihnen und Ihrem Pitbullfreund die Geister auf den Hals hetzen, und nichts und niemand wird Sie dann noch retten können.«
    Walker verzog das Gesicht, strich sich das lange Haar zurück und blickte düster zu Buenaventure hinüber. »Das ist allein deine Schuld! Du hast mich überredet, dieses lausige Angebot anzunehmen!«
    Der Pitbullmann schüttelte murrend den Kopf und wies den Vorwurf mit einer Bewegung seiner Pranke zurück.
    »Keine Sorge«, sagte der Geisterhändler, »Sie werden beide ausreichend für diese Fahrt entlohnt werden. Bringen Sie Munk und Jolly nach Tortuga. Dort erfahren Sie alles Weitere.«
    Tortuga?, dachte Jolly erstaunt. Weshalb gerade dorthin?
    Soledad berührte sie an der Schulter. »Hättest du mir gleich gesagt, was für interessante Leute du kennst, hätte ich schon früher über dein Angebot nachgedacht.«
    Munk räusperte sich. »Glaubt ihr nicht, es wäre allmählich an der Zeit, in See zu stechen?«
    »Ich mag so was nicht. Ich mag es überhaupt nicht.«
    Walker wandte sich mit sichtlichem Unbehagen an die Geistermannschaft. »Männer!«, rief er, »holt den Anker ein! Setzt die Segel! Wir laufen aus!« Sein Erstaunen hätte nicht größer sein können, als die Nebelwesen in Windeseile über das Schiff schwärmten und seiner Order Folge leisteten.
    »Ich muss euch für eine Weile verlassen«, sagte der Geisterhändler. Im Hintergrund schlugen mehrere Kanonenkugeln in das aufgewühlte Wasser.
    »Verlassen?« Jolly stammelte verwirrt: »Aber warum -wie -«
    »Auf Tortuga sehen wir uns wieder. Sollte ich mich verspäten, vertreibe dir von mir aus die Zeit mit deiner Suche nach Bannon.«
    »Aber wie?«
    »Munk«, sagte der Händler, »hast du noch Jollys Spinne?«
    Munks Hand fuhr an seinen Gürtel, wo sonst seine Ledertasche gehangen hatte. Hinter ihm wurden die grauen Segelplanen entrollt und versperrten gnädig den Blick auf den Untergang Port Nassaus.
    »Hier, ich hab sie«, sagte Jolly, löste die Tasche von ihrem eigenen Gürtel und reichte sie Munk. Der Junge öffnete sie, kramte kurz darin und zog die kleine Holzschatulle hervor. Er ließ den Verschluss aufschnappen. Im Inneren lag der Kadaver der Giftspinne, die sich bei Jollys Flucht von der Mageren Maddy in der Galionsfigur versteckt hatte.
    »Gut«, sagte der Geisterhändler zufrieden. »Auf Tortuga gibt es einen alten Flaggennäher namens Silverhand. Zeigt ihm die Spinne. Vielleicht kann er euch sagen, woher sie stammt. Womöglich findet sich so eine Spur zu denjenigen, die Bannon in die Falle gelockt haben.« Leiser fügte er hinzu: »Aber vergesst nicht, dass es im Moment um viel mehr

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