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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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als die meisten männlichen Piraten, zudem mit Kalkül und Schönheit gesegnet. Jolly entging keineswegs, dass nicht nur Walker, sondern auch Munk ihr immer wieder verstohlene Blicke zuwarf.
    Soledad gähnte erneut, bohrte in der Nase, rollte einen Popel zwischen den Fingern und schnippte ihn in die Schatten.
    Jolly kicherte, als sie sah, wie Munk das Gesicht verzog.
    Die Piratenprinzessin schob den Umhang unter ihrem Hinterkopf zu einem Polster zusammen. »Weckt mich, wenn irgendwas Wichtiges passiert.« Innerhalb weniger Atemzüge war sie eingeschlafen.
    Jolly bedeutete Munk, ihr zu folgen. Sie führte ihn aus Soledads Hörweite zur Reling. Beide stützten sich mit den Ellbogen auf das Geländer und blickten gedankenverloren in die Nacht. Jolly erzählte Munk, was in der Fetten Henne geschehen war, und hörte sich geduldig seine Vorwürfe an, weil sie ihn so hinterlistig außer Gefecht gesetzt hatte. Nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte, verfielen beide in brütendes Schweigen.
    Nach einer Weile fragte Jolly: »Warum ist er nicht mitgekommen?«
    »Der Geisterhändler? Keine Ahnung.«
    »Was kann so wichtig sein, dass er dafür zurückgegangen ist?«
    »Hat er dir auch von dem Seeadler erzählt, den er losgeschickt hat?«
    Jolly schüttelte den Kopf. Mit einem Mal spürte sie einen Stich der Eifersucht. Warum hatte der Geisterhändler Munk ins Vertrauen gezogen und sie nicht?
    »Er hat auf New Providence einen alten Bekannten aufgesucht, den einzigen Mann in der Karibik, der sich auf das Zähmen von Seeadlern versteht.«
    Jolly hatte noch nie gehört, dass sich eines der stolzen Tiere hatte abrichten lassen, wartete aber neugierig ab, ohne Munk zu unterbrechen.
    »Einen dieser Adler haben sie losgeschickt, um die Botschaft vom Erwachen des Mahlstroms auszusenden.«
    »Deswegen also war er einverstanden, uns nach Port Nassau zu bringen.«
    Munk nickte knapp. »Vermutlich.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Vielleicht ist er auf der Insel geblieben, um auf eine Antwort zu warten.«
    »Und dafür lohnt es sich zu sterben?«
    »Ihm schien es mit dieser Sache sehr ernst zu sein. Der Mahlstrom, das Mare Tenebrosum, all diese Dinge.« Er verstummte für einen Augenblick, als ihn der Schatten dunkler Erinnerungen streifte. Jolly schob ihre Hand auf der Reling über seine. Sie wusste, dass es nichts gab, das Munk Trost spenden konnte, und doch sehnte sie sich danach, etwas zu sagen, das ihn aus seiner Trauer reißen könnte.
    »Hey«, erklang plötzlich eine Stimme hinter ihnen, »tut mir ja Leid, euer trautes Beisammensein zu stören. Aber ich muss mit euch reden.«
    Jolly drehte sich seufzend um. »Was willst du, Walker?«
    »Euer finsterer Freund mit dem Federvieh hat mir zwar ’ne Menge Versprechungen gemacht, aber abgesehen von ein paar Münzen hab ich noch nicht viel von all den Reichtümern gesehen, die angeblich auf mich warten.«
    Sie hielt seinem durchdringenden Blick mühelos stand. Schon vor Jahren hatte sie gelernt, sich von keinem Piraten der Welt einschüchtern zu lassen. Nase hoch, Augen geradeaus und eine verkniffene Miene - sie hatte schon tausend Momente wie diesen gemeistert. »Das ist nicht unser Problem.«
    »Oh doch, ich fürchte schon. Ihr seid Passagiere, die noch nicht für ihre Überfahrt bezahlt haben.«
    »Hast du vergessen, was er über die Geister gesagt hat?« Sie versuchte, ihrer Stimme einen gefahrlichen Unterton zu geben.
    Er musterte sie. »Wer redet denn gleich von solchen… nun, Unannehmlichkeiten? Buenaventure da oben ist ein Veteran der Scherbengruben von Antigua. Es gibt wenig, womit er nicht fertig werden könnte. Aber drohe ich euch deshalb mit ihm? So was käme mir nie in den Sinn.«
    »Du bist so edel und gut, Walker.«
    Er grinste und zeigte sein weißes Gebiss. »Worum es mir geht, ist nur das Geschäft. Kein Streit, kein dummes Hin und Her, wer hier der Stärkere ist. Nur… Kaufkraft. Versteht ihr?«
    Munk starrte ihn wortlos an, aber sein finsterer Blick sprach Bände.
    Jolly dachte einen Augenblick nach, dann holte sie tief Luft. »Du willst also eine Absicherung, dass du dein Gold auch wirklich bekommst, richtig?«
    »Das wäre ’ne feine Geste.«
    »Einverstanden.« Sie achtete nicht auf den fragenden Seitenblick, den Munk ihr zuwarf. »Ich bin auf der Suche nach Bannon. Du hast vermutlich gehört, was passiert ist.«
    »Die Maddy ist untergegangen, die ganze Mannschaft spurlos verschwunden. Es heißt, sie seien tot.«
    Er musterte sie prüfend. »Wie

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