Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier
darüber«, sagte Munk.
»Es ist ein paar Monate her, dass -«
»Fünf«, unterbrach ihn der Hauptmann.
»Fünf Monate«, sagte Munk, als hätte er damals schon in Aelenium gelebt. »Ein Trupp Klabauter ist unter dem Nebel hinweggetaucht, angeführt von . ja, von was eigentlich?«
D’Artois blieb mürrisch, ihm gefiel dieses Thema nicht. »Von etwas, für das es keinen Namen gibt. Größer als das größte Schiff. Und gefährlicher als die Riesenkraken.«
Munk sah nach hinten. »Hauptmann d’Artois und seine Männer haben es zurückgeschlagen. Und die Klabauter natürlich auch. Aber es hat viele Tote gegeben, und du siehst ja, was beinahe mit der Stadt passiert wäre.«
Jolly nickte düster.
»Seit diesem Angriff patrouillieren Rochen unter der Stadt und schützen die Ankerkette«, sagte d’Artois. »Die tiefen Ebenen waren bislang verlassen, aber jetzt sind wir dessen nicht mehr so sicher. Taucher durchsuchen die Hallen und Grotten, doch es ist alles viel zu groß und verschachtelt, als dass wir sicher sein könnten. Wenn sich dort unten etwas eingenistet hat, wartet es womöglich nur auf eine Gelegenheit, um loszuschlagen.«
»Was ist das, die tiefen Ebenen?«
»Die Stadt unter der Stadt«, kam Munk dem Hauptmann zuvor. »An der Unterseite des Seesterns gibt es ähnliche Korallengebilde wie an der Oberseite. Es ist, als wäre Aelenium gespiegelt worden.«
»Unzählige Korallenkavernen und Höhlen«, sagte d’Artois. »Früher waren sie sicher, es gab da unten höchstens ein paar Haie und Muränen. Aber in Zeiten wie diesen? Wer weiß.« Er seufzte. »Trotzdem - wir tun unser Bestes, um die Unterstadt zu sichern.«
»Wie viele Soldaten gibt es eigentlich in Aelenium?«, wollte Jolly wissen.
»Nicht genug. Einige hundert.«
Jolly erinnerte sich an die Heere der Klabauter, die sie vor zwei Wochen von der Carfax aus gesehen hatten. Ein gewaltiger Zug von tausenden und abertausenden, der hinaus in den Atlantik geschwommen war. Dort sammelte der Mahlstrom seine Kräfte.
Aelenium hatte nicht die Spur einer Chance, wenn es zu einer Schlacht Mensch gegen Klabauter kam.
»Ich weiß, was du denkst«, sagte d’Artois, während sie eine zweite Runde um die Stadt flogen und dabei allmählich abwärts sanken. »Aber wir werden kämpfen, wenn es so weit ist. Wir haben keine Wahl.«
»Jolly, schau mal!« Munks plötzliche Fröhlichkeit klang ein wenig zu aufgesetzt, um echt zu sein. Er wollte sie ablenken. »Das da unten ist das Viertel der Händler. Siehst du die Basare?«
»Ja.«
»Und da drüben, ein Stückchen höher, liegen die Bibliotheken. Da müssen wir morgen früh hin.« Er zeigte mit ausgestrecktem Arm auf eine Gruppe hoher Korallenkuppeln, die sich an die Hänge des Bergkegels schmiegten. Mehrere Wasserläufe, die von dort oben herabrannen, mündeten in Becken und Kanäle zwischen den Bibliothekshäusern, bildeten sprudelnde Wasserfälle und Teiche mit exotischen Pflanzen.
»Und da«, sagte Munk wenig später, »sind die Häuser des Rates von Aelenium. Gleich daneben die Kasernen der Garde. Und darunter ist das Dichterviertel. Na ja, die Maler und Musiker leben auch dort.«
Er lachte leise. »Du hättest sie sehen sollen, als der Hexhermetische Holzwurm aufgetaucht ist. Sie haben eine Delegation zum Rat geschickt, um durchzusetzen, dass er im Dichterviertel ein eigenes Haus bekommt. Und eigene Holzrationen. Er ist ziemlich beliebt hier.«
»Der Lancelot labenden Liedguts«, wiederholte sie kichernd die Worte des Wurms.
»Er ist ein großer Poet, euer Wurm«, sagte d’Artois sehr ernst. »Ihr solltet euch nicht über ihn lustig machen, nur weil er kleiner ist als ihr.«
Munk lachte. »Siehst du? So sind sie hier alle. So schrecklich verständnisvoll und gutmütig… Nur weil er kleiner ist als ihr «, ahmte er den Hauptmann scherzhaft nach. »Wahrscheinlich liegt dem Geisterhändler deshalb so viel an Aelenium, weil alle so furchtbar nett sind.«
»Aber boshaft genug, um dich von hier oben runterzuwerfen, wenn du deine Zunge nicht im Zaum hältst, junger Freund.«
Munk blickte über die Schulter zu Jolly und schnitt eine stumme Grimasse.
»Wir werden jetzt in einem steileren Winkel sinken«, sagte der Hauptmann. »Haltet euch gut fest!«
Jolly rutschte ein Stück nach vorn, als der Rochen in eine Art Sturzflug ging. Einen Augenblick lang wurde ihr so übel, dass sie glaubte, sich übergeben zu müssen. Erst als d’Artois das Tier etwa drei Schritt über der Wasseroberfläche in die
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