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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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fühlte es sich richtig an, irgendwie. Auch wenn sie sich nur von Munk und dem, was d’Artois gerade gesagt hatte, ablenken wollte.
    »Als Wächter haben wir versagt, das ist richtig«, stellte der Hauptmann fest, aber seine Stimme hatte etwas von ihrer Sachlichkeit verloren. »Trotzdem kennen unsere Weisen euch Quappen besser als ihr selbst, wie mir scheint.«
    Sie konnte nicht klar denken, nicht zuhören - nicht, solange sie nicht wusste, was aus Munk geworden war. »Fliegen Sie tiefer.«
    Zu ihrer Überraschung tat er, was sie verlangte.
    »Jolly!«, rief eine Stimme aus dem Dunkel herauf.
    »Hier bin ich!«
    Sie rückte auf Munks Platz im Sattel, um besser an dem Hauptmann vorbei nach vorn schauen zu können. »Ich kann dich nicht sehen!« Ihre Stimme klang rau und belegt.
    »Hab keine Angst um ihn«, sagte der Hauptmann.
    »Es geht ihm gut.«
    Ihr Blick huschte aufgeregt über die glitzernde Meeresoberfläche. Und da - ja, da war er.
    Munk schwamm im Wasser. Nur sein Kopf und seine Arme schauten aus den Wellen heraus.
    Jollys Herz setzte einen Schlag aus. »Das kann doch nicht…« Sie brach ab, weil sie nicht glauben konnte, was sie gerade sah.
    Munk konnte schwimmen. Er war dort unten - im Wasser!
    Aber das war unmöglich. Er war eine Quappe. Genau wie sie. Quappen schwimmen nicht im Salzwasser. Quappen gehen darüber hinweg. Alles andere war so, als würde ein normaler Mensch plötzlich zwischen Pflastersteinen versinken.
    Der Rochen fegte über Munk hinweg, und wieder ließ d’Artois ihn in einer weiten Kurve kehrtmachen.
    »Du kannst das auch«, sagte der Hauptmann. »Wichtig ist nur, dass du es genauso machst wie er. Mit Händen und Kopf zuerst.«
    »Das… das macht überhaupt keinen Sinn.« »Es kommt auf die Geschwindigkeit an. Hast du mal versucht, deinen Finger durch eine Kerzenflamme zu ziehen?«
    »Jedes Kind versucht das.«
    »Und? Hast du dich verbrannt?«
    »Natürlich nicht.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil der Finger zu schnell durch die Flamme gezogen wird, um…« - sie zögerte - »… zu verbrennen.«
    »Ganz genau.« D’Artois nickte, sah sie aber immer noch nicht an. »Mit Quappen und dem Wasser ist es genauso. Wenn ihr schnell genug durch die Oberfläche huscht, so schnell, dass sie euch nicht bemerkt, dann geschieht euch nichts. Und wenn ihr einmal im Wasser seid, ist es wie bei jedem anderen Menschen. Ihr könnt schwimmen, wenn ihr wollt. Denn von unten bildet die Wasseroberfläche keinen Widerstand, nur von oben. Und wie gesagt, auch dann nicht, wenn ihr schnell seid. Deshalb der Kopfsprung.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Munk wollte es erst genauso wenig glauben wie du. Aber er hat gelernt, es zu akzeptieren.«
    Jolly versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. »Sie wollen, dass ich es auch versuche?«
    »Kannst du schwimmen?«
    »Sicher. Ich bin schon in Seen geschwommen, und in Flüssen. Quappen gehen nur über Salzwasser.«
    »Gut. Dann probier es aus.«
    »Ich bin doch nicht lebensmüde.«
    »Du kannst es, glaub mir. Und warte ab - es kommt sogar noch besser.«
    »Wie meinen Sie das?« »Eins nach dem anderen. Erst der Sprung. Munk erklärt dir dann alles Weitere.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Jolly!«, brüllte Munk aus dem Wasser. »Es ist nicht schwer. Wirklich nicht!«
    »Hast du schon mal einen Kopfsprung gemacht?«, fragte d’Artois. »Ich meine, in einen See?«
    »Natürlich.«
    »Dann kannst du es hier auch.«
    Sie zögerte noch immer, nahm dann aber all ihren Mut zusammen. Mit klopfendem Herzen stellte sie sich auf den Sattel. Der Rochen streckte seine Schwingen wieder aus, sodass sie darüber hinweggehen konnte. Aber wollte sie das überhaupt?
    »Ich kann nicht noch tiefer gehen, sonst ist der Sprung zu kurz und damit die Geschwindigkeit zu gering«, erklärte der Hauptmann.
    »Sehr beruhigend. Vielen Dank.«
    Er blickte zurück und grinste. Schwankend balancierte sie über die Schwinge des gleitenden Rochens. Das Tier befand sich jetzt wieder in einer geraden Flugbahn, genau auf die Stelle zu, an der Munk im Wasser paddelte.
    »Bereit?«, fragte d’Artois.
    »Darf ich das bitte selbst entscheiden?«
    »Aber sicher.«
    Sie federte unschlüssig in den Knien und fürchtete zugleich, dass der Gegenwind sie einfach von der Schwinge blasen würde, bevor sie Gelegenheit hatte, von sich aus abzuspringen.
    Drei, zählte sie in Gedanken.
    Ihr Genick schmerzte. Ihr Rücken tat weh.
    Zwei.
    Ganz zu schweigen von ihrem Hinterteil.
    Eins.
    Jolly sprang. Nicht

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