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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Noch ein Kopfschütteln.
    »Nun, wir hatten da unten auch ein paar Probleme. Der Holzwurm hat einen der spanischen Thronsessel verspeist. Und die dreiäugige Madonna. Walker wird nicht gerade begeistert sein, aber ich konnte den kleinen Kerl nicht hungern sehen.«
    »Und was war mit mir?«
    »Du hast deine Lektion gelernt, hoffe ich.«
    »Ich wäre fast gestorben hier draußen.«
    »Das bezweifle ich. Wir haben immer mal wieder ein Auge auf dich geworfen. Im Grunde hast du deine Sache nicht schlecht gemacht. Bis gestern, heißt das.«
    Jolly hatte den beiden nichts von ihrer Heimsuchung durch das Mare Tenebrosum erzählt, weniger aus Angst, das Gesehene erneut heraufzubeschwören, als aus dem Unvermögen, die Bilder zu beschreiben.
    »Bis gestern? Wie lange habe ich denn geschlafen?«
    »Einen Tag und eine Nacht.«
    Sie blickte ungläubig zur Sonne empor.
    »Hast du das Essen neben deiner Koje gefunden?«
    »Wenn nicht, hätte ich wahrscheinlich schon den Wurm verspeist.« Sie schenkte dem kleinen Kerl ein schiefes Lächeln, das dieser jedoch nur mit einem kühlen Schnauben quittierte. Noch vor ein paar Tagen hätte ihn eine solche Bemerkung zu einer minutenlangen Schimpftirade angestachelt. Jetzt aber schwieg er.
    »Was ist los mit dir?«, fragte sie ihn.
    »Hmpf«, machte der Wurm.
    Sie hob eine Braue. »Hmpf?«
    »Er hat Schweigsamkeit gelobt«, sagte Buenaventure. »Hat’s geschworen, als ich ihn aus einer… nun, unangenehmen Lage befreit habe. Was, Wurm?« Er lachte leise.
    »Hmpf.«
    »Was für eine unangenehme Lage?«, fragte Jolly.
    Buenaventure lachte nur noch lauter und schüttelte den Kopf.
    »Der Dank für meine Dichtkunst«, sagte der Wurm griesgrämig, verzichtete aber auf jede weitere Erklärung.
    »Du weißt doch«, sagte Buenaventure, »dass die guten Bürger Aeleniums einen Narren an unserem Freund hier gefressen hatten.«
    Jolly nickte. »Der Lancelot labenden Liedguts«, erinnerte sie sich grinsend.
    »Wunderwurm«, brummte der Wurm. »Pah!«
    »Also«, sagte sie, »was ist passiert?«
    »Sie haben ihm im Dichterviertel ein Haus geschenkt. Und dann haben sie .«
    »Was soll ein Wurm mit einem Haus?«, unterbrach ihn der Wurm. »Wenn’s wenigstens aus Holz gewesen wäre. Aber, nein - Koralle. Alles aus Koralle. Buäh!«
    »Sie haben ihm Holz gebracht. Zum Essen.«
    »Sägespäne«, verbesserte ihn der Wurm. »Lumpige, feuchte Sägespäne!«
    »Dafür sollte er ihnen jeden Tag bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang eine Kostprobe seines . hm, lyrischen Talents geben.«
    »Und?«, fragte Jolly. »Auf Tortuga hast du doch auch jeden Tag ein Gedicht zum Besten gegeben. Eines mehr oder weniger wird ja wohl für den Maestro Poeticus kein Problem sein, oder?«
    Der Wurm sank eine Handbreit tiefer in den Rucksack. »Spotte du nur!«
    »Das Problem«, sagte Buenaventure, »war nicht der mangelnde Einfallsreichtum unseres hoch geschätzten Barden, sondern sein Heißhunger.«
    »Sägespäne!«, rief der Wurm noch einmal verächtlich. »Feuchte Sägespäne!«
    »Er hat die Zeit zwischen seinen poetischen Vorträgen dazu genutzt, ein halbes Dutzend Barrikaden aufzufressen, die die Bewohner Aeleniums gegen den Feind in den Gassen errichtet hatten. In zweiwöchiger Arbeit, wohlgemerkt. Du kannst dir vorstellen, dass er sich vorerst in Aelenium nicht mehr blicken lassen sollte.«
    »Das heißt, wir segeln nicht zurück?«, fragte Jolly hoffnungsvoll.
    »Ja«, entgegnete Buenaventure. »Ich kann verstehen, weshalb du es in der Stadt nicht mehr ausgehalten hast. Ging mir genauso - und mich wollten sie immerhin nicht runter zum Schorfenschrund schicken.«
    »Ich bin nicht abgehauen, weil ich Angst hatte«, sagte sie. »Ich meine, ich habe Angst, sicher… Aber ich hab mir auch geschworen, Bannon zu finden.«
    Buenaventure nickte, ohne sich umzusehen. »Ist deine Entscheidung.«
    »Heißt das, du hilfst mir?«
    »Hab gerade nichts Besseres zu tun, so wie’s aussieht. Außerdem hab ich Walker versprochen, auf dich aufzupassen.« Er lachte leise sein seltsames Hundelachen. »Na ja, hätt’s wohl auch so getan. Ohne das Versprechen, meine ich.«
    Sie sprang auf, obwohl ihr dabei so schwindelig wurde, dass sie beinahe wieder hinfiel, und umarmte den Pitbullmann von hinten. Es fühlte sich an, als hätte sie ihre Arme um den Stamm eines Dschungelbaums gelegt, so massig war er.
    »Danke«, flüsterte sie.
    Am Nachmittag ging es Jolly bereits so gut, dass sie hinauf in den Ausguck klettern konnte. Sie schickte den

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