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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ausuferten. Längst war sie weit über das gerodete Gebiet hinausgewuchert und verschmolz mit dem dunkelgrünen Dickicht des Dschungels.
    »Wo ist der Hafen?«, fragte Walker, als sie Festung und Ansiedlung in der Ferne liegen sahen. Er hatte noch immer Mühe, das Seepferd unter sich ruhig zu halten. Im Gegensatz zu Soledad, die ihr Reittier so sicher führte, als hätte sie jahrelange Erfahrung damit, merkte man Walker an, dass ihm der Ritt auf den Hippocampen selbst nach mehreren Tagen nicht geheuer war. Auch der schwere Buenaventure hinter ihm im Sattel trug nicht gerade zu seinem Wohlbefinden bei.
    Der Geisterhändler kniff sein eines Auge zusammen, als könnte er die Küste dadurch deutlicher erkennen.
    »Das ist in der Tat seltsam«, sagte er. »Wo haben sie all ihre Schiffe?«
    Walker kratzte sich am Kopf. »Vielleicht hat Tyrone doch die Wahrheit gesagt. Wenn seine Kannibalenstämme Caracas wirklich von der Landseite angreifen wollen, brauchen sie keine Schiffe.«
    »Ein Fußmarsch von hier bis nach Caracas?« Soledad schüttelte entschieden den Kopf. »Sehr unwahrscheinlich. Das sind mehrere hundert Meilen durch dichten Dschungel.«
    »Die Eingeborenen kennen sich in der Umgebung immerhin aus«, sagte Walker, aber sein Tonfall verriet, dass er selbst alles andere als überzeugt war.
    »Wir sind hier im Osten des Deltas, oder?«, fragte Jolly.
    Der Geisterhändler nickte. »Die Mündung dort vorne müsste der östlichste Arm sein.«
    »Dann weiß ich, wo die Schiffe liegen.«
    Alle wandten erstaunt die Köpfe zu ihr um. Soledad musterte Jolly über die Schulter. »Tatsächlich?«
    »Ich habe euch doch von dem Buch erzählt, in dem ich die Zeichnung der Spinne entdeckt habe. Darin waren auch Karten des Orinoco-Deltas. Ich habe eine rausgerissen.«
    »Hast du sie dabei?«, fragte der Händler.
    »Nein. Sie ist mit der Carfax untergegangen.«
    »Wie so manches«, sagte Walker grimmig.
    Jolly konnte ihm noch immer nicht in die Augen sehen, so sehr schämte sie sich für den Verlust des Schiffes. »Jedenfalls hatte ich genug Zeit, mir die Karte anzuschauen und sie mit den Exemplaren in der Kajüte zu vergleichen«, erklärte sie kleinlaut. »Ich glaube, ich weiß jetzt ziemlich genau, wie die Arme des Orinoco verlaufen.«
    »Und?«, fragte Walker.
    »Die Festung selbst war natürlich nicht eingezeichnet, aber die Klippe, auf der sie steht, schon. Die Küste ist hier ja ansonsten ziemlich flach. Ich glaube, es gibt hinter der Steilküste eine Art See mit einer Verbindung zum Delta. Von hier aus können wir ihn nicht sehen, der Berg mit der Festung liegt genau davor.«
    Der Geisterhändler blickte wieder zur Küste. »Das hieße, die Festung selbst steht auf einer Art Landzunge, die auf zwei Seiten vom Meer und dem Fluss eingefasst wird und auf einer dritten, landeinwärts, von dem See.«
    Jolly nickte heftig.
    Soledad war sichtlich beeindruckt. Sie schenkte Jolly ein Lächeln, dann wandte sie sich an die Männer.
    »Tyrone ist Pirat. Er würde sich eine solche Festung nicht bauen, wenn er keine Möglichkeit hätte, mehreren Schiffen in ihrer Nähe einen geschützten Ankerplatz zu bieten. Was Jolly sagt, klingt vernünftig.«
    Walker konnte nun nicht mehr umhin zuzustimmen. »Wir sollten uns das auf jeden Fall aus der Nähe ansehen.«
    »Deshalb sind wir hier«, sagte der Geisterhändler entschlossen und trieb sein Seepferd vorwärts. Gleich darauf schossen alle drei Tiere Richtung Küste, in einem weiten Bogen, damit man sie von den Zinnen der Festung nicht sehen konnte.
    Etwa zwei Meilen östlich der Felsen gingen sie an Land. Die Hippocampen zogen sich wieder aufs Meer zurück, während die fünf Gefährten durch die Brandung ans Ufer wateten. Vor ihnen lag ein schmaler Sandstrand, der bereits nach dreißig, vierzig Fuß im Schatten des Urwalds verschwand. Ein paar Krebse krochen durch den Sand, unter den Palmen am Dschungelrand lagen Kokosnüsse. Walker schlug einige mit seinem Säbel entzwei, und sie tranken die süße Milch im Inneren, aßen vom Fruchtfleisch und teilten eine Ration des kargen Vorrats, den der Händler, Walker und Soledad in ihren Satteltaschen mitgebracht hatten.
    Nicht wirklich gestärkt, aber doch halbwegs gesättigt, machten sie sich auf den Weg. Jolly blieb nah bei Buenaventure und beobachtete verwundert, wie vertraut Soledad und Walker miteinander umgingen. Die Prinzessin hatte ihr während des Ritts zur Küste erzählt, was auf Saint Celestine vorgefallen war und welche Pläne Tyrone

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