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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Griffin sah sie nur verschwommen, aber er bemerkte, dass ihr Schnattern aufgeregter klang. Einige paddelten nervös hin und her, andere tauchten den Kopf ins Wasser und blickten in die Tiefe.
    Der Junge im Inneren der Qualle riss den Mund weit auf, wie zu einem gellenden Schrei.
    Und die See explodierte.
    Griffin sah noch, wie sich unter der Qualle die Wasseroberfläche aufwölbte. Wie schwarze Mauern schossen die Kiefer des Riesenwals um den Herrn der Klabauter empor, umschlossen ihn vollständig - und verschluckten ihn. Aber immer noch wuchs Jasconius aus dem Meer herauf wie ein schwarzer Turm, rasend schnell und zugleich so majestätisch, als habe sich die Zeit verlangsamt, damit alle genau mit ansehen konnten, was da aus den Fluten emporstieg.
    Die Klabauter unter dem Muschelschild stoben kreischend auseinander. Plötzlich hatte Griffin keinen Boden mehr unter den Füßen. Die Muscheln glitten nach allen Seiten auseinander, und eine gewaltige Flutwelle spülte über ihn und die Krieger der Tiefen Stämme hinweg.
    Jasconius’ gigantischer Leib schraubte sich immer noch weiter nach oben, bis mehr als die Hälfte seines Körpers aus dem Ozean ragte. Dann hatte der Wal den höchsten Punkt erreicht, schien für den Bruchteil eines Atemzuges frei zu schweben - und ließ sich mit seiner ganzen Masse zur Seite fallen.
    In einer mächtigen Eruption aus Wasser, Schaum und umhergeschleuderten Klabautern stürzte Jasconius zurück in die See. Sein Maul war jetzt geschlossen, die Qualle und der Junge darin verschwunden. Während Griffin verzweifelt strampelte, um an der Oberfläche zu bleiben, sah er, dass der gesamte Körper des Wals mit leblosen Klabautern und zahllosen Harpunen bedeckt war. Der Quallenjunge musste seinem Gegner die geballte Macht der Tiefen Stämme entgegengeworfen haben. Aber er hatte nicht mit der Zähigkeit des Riesenwals gerechnet.
    Griffin sah Jasconius mit seiner Beute versinken, und er ahnte - hoffte, betete -, dass das Duell entschieden war: In Jasconius’ Magen war der Herr der Klabauter nur eine riesenhafte Qualle ohne die Möglichkeit, sich im Wasser zu erneuern. Tausendmal hatte Griffin mit angesehen, was mit einer Qualle geschah, die an Land gespült wurde: Sie vertrocknete und löste sich schließlich auf.
    Das aber bedeutete, dass kein frisches Wasser in Jasconius’ Leib gelangen durfte. Und plötzlich begriff Griffin auch, weshalb der Wal und Ebenezer diesen Schritt getan hatten.
    Jasconius starb. Hunderte von Harpunen steckten in seinem Körper. Krallen und Zähne der Klabauter hatten tiefe Wunden in seine Haut gerissen. Sein Angriff auf den Klabauterherrn war ein letztes Aufbäumen, eine letzte, entschlossene Willensanstrengung.
    » Nein /« Griffin brüllte es so laut, dass selbst der Nebel seine Stimme kaum dämpfte. Niedergeschmettert trieb er im aufgewühlten Wasser, vergessen von den flüchtenden Klabautern und unfähig, seinem sterbenden Freund in die Tiefe zu folgen. Er wollte dabei sein, wenn es zu Ende ging, wollte Jasconius ein letztes Mal danken für alles, was er getan hatte. Und Ebenezer… Allein der Gedanke an ihn wühlte in Griffins Eingeweiden wie scharfer Stahl.
    Verzweifelt hieb er mit der Faust auf das Wasser. Dann tauchte er unter, mit dem Kopf zuerst, schwamm hinab ins Dunkel, so tief es eben ging. Die Atemnot wurde unerträglich, und in seinen Ohren wütete der Schmerz des Wasserdrucks. Aber noch immer sank er tiefer, obgleich er wusste, dass es zwecklos war.
    Er würde Jasconius nicht wieder sehen. Der Wal hatte den Herrn der Klabauter mit sich in den Tod gerissen.
    Er schrie, diesmal ins Wasser hinaus, und seine Wut und Trauer wurde zu einem letzten Schwall von Luftblasen, der rasch aufwärts stob. Er konnte nicht anders, er musste zur Oberfläche. Jetzt gleich.
    Er ließ sich vom Wasserdruck treiben, ohne mit Armen und Beinen nachzuhelfen, denn in diesem Augenblick war es ihm gleichgültig, ob er lebend an der Oberfläche ankam oder tot. Er hatte Jolly verloren, vielleicht für immer; Aelenium versank im Feuer und dem Ansturm der Tiefen Stämme; Soledad war womöglich beim Kampf um die Ankerkette gefallen; und nun auch noch Jasconius und Ebenezer . Ausgerechnet jene beiden, die er selbst in diese Sache hineingezogen hatte und die um seinetwillen in die Schlacht eingegriffen hatten.
    Sie hatten sich geopfert. Für ihn. Für all die anderen.
    Sein Kopf durchbrach die Oberfläche inmitten des Nebels. Gequält schnappte er nach Luft und brüllte noch einmal zornig

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