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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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untersagt worden war, hatte er zu Pferde auf der Bühne zu erscheinen, wobei, als er gerade auf dem Proscenio war, das Pferd Mist fallen ließ, wodurch das Publikum schon zum Lachen bewogen wurde, jedoch sehr viel mehr, als Unzelmann zum Pferde sagte: »Was machst denn du? weißt du nicht, daß uns das Improvisiren verboten ist?« Hier ist die Subsumtion des Heterogenen unter den allgemeineren Begriff sehr deutlich, daher das Witzwort überaus treffend und die dadurch erlangte Wirkung des Lächerlichen äußerst stark. – Hieher gehört ferner eine Zeitungsnachricht vom März 1851 aus Hall: »Die jüdische Gaunerbande, deren wir erwähnt haben, wurde wieder bei uns, unter obligater Begleitung, eingeliefert.« Diese Subsumtion einer Polizeieskorte unter einem musikalischen Ausdruck ist sehr glücklich; wiewohl sich schon dem bloßen Wortspiel nähernd. – Hingegen ist es ganz der hier in Rede stehenden Art, wenn Saphir , in einem Federkrieg gegen den Schauspieler Angeli, diesen bezeichnet als »den an Geist und Körper gleich großen Angeli« – wo, vermöge der stadtbekannten winzigen Statur des Schauspielers, unter den Begriff »groß« das ungemein Kleine sich anschaulich stellt; – so auch, wenn der selbe Saphir die Arien einer neuen Oper »gute alte Bekannte« nennt, also unter einen Begriff, der in andern Fällen zur Empfehlung dient, gerade die tadelhafte Eigenschaft bringt; – eben so, wenn man von einer Dame, auf deren Gunst Geschenke Einfluß hätten, sagen wollte, sie wisse das utile dulci zu vereinigen; wodurch man unter den Begriff der Regel, welche vom Horaz in ästhetischer Hinsicht empfohlen wird, das moralisch Gemeine bringt; – eben so, wenn man, um ein Bordell anzudeuten, es etwan bezeichnete als einen »bescheidenen Wohnsitz stiller Freuden«. – Die gute Gesellschaft, welche, um vollkommen fade zu seyn, alle entschiedenen Aeußerungen und daher alle starken Ausdrücke verbannt hat, pflegt, um skandalöse, oder irgendwie anstößige Dinge zu bezeichnen, sich dadurch zu helfen, daß sie solche, zur Milderung, mittelst allgemeiner Begriffe ausdrückt: hiedurch aber wird diesen auch das ihnen mehr oder minder Heterogene subsumirt, wodurch eben, in entsprechendem Grade, die Wirkung des Lächerlichen entsteht. Dahin also gehört das obige utile dulci: desgleichen: »er hat auf dem Ball Unannehmlichkeiten gehabt«, – wenn er geprügelt und herausgeschmissen worden; oder »er hat des Guten etwas zu viel gethan«, – wenn er betrunken ist; wie auch »die Frau soll schwache Augenblicke haben«, – wenn sie ihrem Mann Hörner aufsetzt; u.s.w. Ebenfalls gehören dahin die Aequivoken, nämlich Begriffe, welche an und für sich nichts Unanständiges enthalten, unter die jedoch das Vorliegende gebracht auf eine unanständige Vorstellung leitet. Sie sind in der Gesellschaft sehr häufig. Aber ein vollkommenes Muster der durchgeführten und großartigen Aequivoke ist die unvergleichliche Grabschrift auf den Justice of peace von Shenstone, als welche, in ihrem hochtrabenden Lapidarstil, von edeln und erhabenen Dingen zu reden scheint, während unter jeden ihrer Begriffe etwas ganz Anderes zu subsumiren ist, welches erst im allerletzten Wort, als unerwarteter Schlüssel zum Ganzen, hervortritt und der Leser laut auflachend entdeckt, daß er bloß eine sehr schmutzige Aequivoke gelesen hat. Sie herzusetzen und gar noch zu übersetzen ist in diesem glatt gekämmten Zeitalter schlechterdings unzulässig: man findet sie in Shenstone's Poëtical works , überschrieben Inscription. Die Aequivoken gehn bisweilen in das bloße Wortspiel über, von welchem im Text das Nöthige gesagt worden.
    Auch wider die Absicht kann die jedem Lächerlichen zum Grunde liegende Subsumtion des in einer Hinsicht Heterogenen unter einen ihm übrigens angemessenen Begriff Statt finden: z.B. einer der freien Neger in Nordamerika, welche sich bemühen, in allen Stücken den Weißen nachzuahmen, hat ganz kürzlich seinem gestorbenen Kinde ein Epitaphium gesetzt, welches anhebt: »Liebliche, früh gebrochene Lilie«. – Wird hingegen, mit plumper Absichtlichkeit, ein Reales und Anschauliches geradezu unter den Begriff seines Gegentheils gebracht; so entsteht die platte, gemeine Ironie. Z.B. wenn bei starkem Regen gesagt wird: »das ist heute ein angenehmes Wetter«; – oder, von einer häßlichen Braut: »der hat sich ein schönes Schätzchen ausgesucht«; – oder von einem Spitzbuben: »dieser Ehrenmann«; u. dgl. m. Nur Kinder und

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