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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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Gelehrten; weil der wahre Begriff jener Abart, jener Geistesrichtung, jenes Kindes des Lächerlichen und Erhabenen, zu subtil und zu hoch seyn würde für ihr Publikum, welchem zu gefallen, sie bemüht sind, Alles abzuplatten und zu pöbelarisiren. Je nun, »hohe Worte und niedriger Sinn« ist überhaupt der Wahlspruch der edeln »Jetztzeit«: demgemäß heißt heut zu Tage ein Humorist, was ehemals ein Hanswurst genannt wurde.

Kapitel 9.Zur Logik überhaupt

    Logik, Dialektik und Rhetorik gehören zusammen, indem sie das Ganze einer Technik der Vernunft ausmachen, unter welcher Benennung sie auch zusammen gelehrt werden sollten, Logik als Technik des eigenen Denkens, Dialektik des Disputirens mit Andern und Rhetorik des Redens zu Vielen (concionatio ); also entsprechend dem Singular, Dual und Plural, wie auch dem Monolog, Dialog und Panegyrikus.
    Unter Dialektik verstehe Ich, in Uebereinstimmung mit Aristoteles (Metaph. III, 2, et Analyt. post. I, 11) , die Kunst des auf gemeinsame Erforschung der Wahrheit, namentlich der philosophischen, gerichteten Gespräches. Ein Gespräch dieser Art geht aber nothwendig, mehr oder weniger, in die Kontroverse über; daher Dialektik auch erklärt werden kann als Disputirkunst. Beispiele und Muster der Dialektik haben wir an den Platonischen Dialogen; aber für die eigentliche Theorie derselben, also für die Technik des Disputirens, die Eristik, ist bisher sehr wenig geleistet worden. Ich habe einen Versuch der Art ausgearbeitet und eine Probe desselben im zweiten Band der Parerga mitgetheilt; daher ich die Erörterung dieser Wissenschaft hier ganz übergehe.
    In der Rhetorik sind die rhetorischen Figuren ungefähr was in der Logik die syllogistischen, jeden Falls aber der Betrachtung würdig. Zu Aristoteles Zeit scheinen sie noch nicht Gegenstand theoretischer Untersuchung gewesen zu seyn; da er in keiner seiner Rhetoriken von ihnen handelt, und wir in dieser Hinsicht an den Rutilius Lupus, den Epitomator eines spätem Gorgias, verwiesen sind.
    Alle drei Wissenschaften haben das Gemeinsame, daß man, ohne sie gelernt zu haben, ihre Regeln befolgt, welche sogar selbst erst aus dieser natürlichen Ausübung abstrahirt sind. – Daher haben sie, bei vielem theoretischen Interesse, doch nur geringen praktischen Nutzen: theils weil sie zwar die Regel, aber nicht den Fall der Anwendung geben; theils weil während der Praxis gewöhnlich keine Zeit ist, sich der Regeln zu erinnern. Sie lehren also nur was Jeder schon von selbst weiß und übt: dennoch ist die abstrakte Erkenntniß desselben interessant und wichtig. Praktischen Nutzen wird die Logik , wenigstens für das eigene Denken, nicht leicht haben. Denn die Fehler unsers eigenen Räsonnements liegen fast nie in den Schlüssen, noch sonst in der Form, sondern in den Urtheilen, also in der Materie des Denkens. Hingegen können wir bei der Kontroverse bisweilen einigen praktischen Nutzen von der Logik ziehn, indem wir die, aus deutlich oder undeutlich bewußter Absicht, trügerische Argumentation des Gegners, welche er unter dem Schmuck und der Decke fortlaufender Rede vorbringt, auf die strenge Form regelmäßiger Schlüsse zurückführen und dann ihm Fehler gegen die Logik nachweisen, z.B. einfache Umkehrung allgemein bejahender Urtheile, Schlüsse mit vier Terminis, Schlüsse von der Folge auf den Grund, Schlüsse in der zweiten Figur aus lauter affirmirenden Prämissen u. dgl. m. –
    Mir dünkt, daß man die Lehre von den Denkgesetzen dadurch vereinfachen könnte, daß man deren nur zwei aufstellte, nämlich das vom ausgeschlossenen Dritten und das vom zureichenden Grunde. Ersteres so: »Jedem Subjekt ist jegliches Prädikat entweder beizulegen oder abzusprechen« Hier liegt im Entweder Oder schon, daß nicht Beides zugleich geschehn darf, folglich eben Das, was die Gesetze der Identität und des Widerspruchs besagen: diese würden also als Korollarien jenes Satzes hinzukommen, welcher eigentlich besagt, daß jegliche zwei Begriffssphären entweder als vereint, oder als getrennt zu denken sind, nie aber als Beides zugleich; mithin daß, wo Worte zusammengefügt sind, welche Letzteres dennoch ausdrücken, diese Worte einen Denkproceß angeben, der unausführbar ist: das Innewerden dieser Unausführbarkeit ist das Gefühl des Widerspruchs. – Das zweite Denkgesetz, der Satz vom Grunde, würde besagen, daß obiges Beilegen oder Absprechen durch etwas vom Urtheil selbst Verschiedenes bestimmt seyn muß, welches eine (reine oder

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