Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
Vom Netzwerk:
bin kein Vielschreiber, kein Kompendienfabrikant, kein Honorarverdiener, Keiner, der mit seinen Schriften nach dem Beifall eines Ministers zielt, – mit Einem Worte, Keiner, dessen Feder unter dem Einfluß persönlicher Zwecke steht: ich strebe nichts an, als die Wahrheit, und schreibe, wie die Alten schrieben, in der alleinigen Absicht, meine Gedanken der Aufbewahrung zu übergeben, damit sie einst Denen zu Gute kommen, die ihnen nachzudenken und sie zu schätzen verstehn. Eben daher habe ich nur Weniges, dieses aber mit Bedacht und in weiten Zwischenräumen geschrieben, auch demgemäß die, in philosophischen Schriften, wegen des Zusammenhangs, bisweilen unvermeidlichen Wiederholungen, von denen kein einziger Philosoph frei ist, auf das möglich geringste Maaß beschränkt, so daß das Allermeiste nur an Einer Stelle zu finden ist. Deshalb also darf, wer von mir lernen und mich verstehn will, nichts, das ich geschrieben habe, ungelesen lassen. Beurtheilen jedoch und kritisiren kann man mich ohne Dieses, wie die Erfahrung gezeigt hat; wozu ich denn auch ferner viel Vergnügen wünsche.
    Inzwischen wird der, durch die besagte Elimination zweier Hauptgegenstände, in diesem vierten Ergänzungsbuche erübrigte Raum uns willkommen seyn. Denn da diejenigen Aufschlüsse, welche dem Menschen vor Allem am Herzen liegen und daher in jedem System, als letzte Ergebnisse, den Gipfel seiner Pyramide bilden, sich auch in meinem letzten Buche zusammendrängen; so wird man jeder festeren Begründung, oder genaueren Ausführung derselben gern einen weitern Raum gönnen. Ueberdies hat hier nun noch, als zur Lehre von der »Bejahung des Willens zum Leben« gehörend, eine Erörterung zur Sprache gebracht werden können, welche in unserm vierten Buche selbst unberührt geblieben ist, wie sie denn auch von allen mir vorhergegangenen Philosophen gänzlich vernachlässigt worden: es ist die innere Bedeutung und das Wesen an sich der mitunter bis zur heftigsten Leidenschaft anwachsenden Geschlechtsliebe; ein Gegenstand, dessen Aufnahme in den ethischen Theil der Philosophie nicht paradox seyn würde, wenn man dessen Wichtigkeit erkannt hätte. –

Kapitel 41.Ueber den Tod und sein Verhältniß zur Unzerstörbarkeit unsers Wesens an sich

    Der Tod ist der eigentliche inspirirende Genius, oder der Musaget der Philosophie, weshalb Sokrates diese auch thanatou meletê definirt hat. Schwerlich sogar würde, auch ohne den Tod, philosophirt werden. Daher wird es ganz in der Ordnung seyn, daß eine specielle Betrachtung desselben hier an der Spitze des letzten, ernstesten und wichtigsten unserer Bücher ihre Stelle erhalte.
    Das Thier lebt ohne eigentliche Kenntniß des Todes: daher genießt das thierische Individuum unmittelbar die ganze Unvergänglichkeit der Gattung, indem es sich seiner nur als endlos bewußt ist. Beim Menschen fand sich, mit der Vernunft, nothwendig die erschreckende Gewißheit des Todes ein. Wie aber durchgängig in der Natur jedem Uebel ein Heilmittel, oder wenigstens ein Ersatz beigegeben ist; so verhilft die selbe Reflexion, welche die Erkenntniß des Todes herbeiführte, auch zu metaphysischen Ansichten, die darüber trösten, und deren das Thier weder bedürftig noch fähig ist. Hauptsächlich auf diesen Zweck sind alle Religionen und philosophischen Systeme gerichtet, sind also zunächst das von der reflektirenden Vernunft aus eigenen Mitteln hervorgebrachte Gegengift der Gewißheit des Todes. Der Grad jedoch, in welchem sie diesen Zweck erreichen, ist sehr verschieden, und allerdings wird eine Religion oder Philosophie viel mehr, als die andere, den Menschen befähigen, ruhigen Blickes dem Tod ins Angesicht zu sehn. Brahmanismus und Buddhaismus, die den Menschen lehren, sich als das Urwesen selbst, das Brahm, zu betrachten, welchem alles Entstehn und Vergehn wesentlich fremd ist, werden darin viel mehr leisten, als solche, welche ihn aus nichts gemacht seyn und seine, von einem Andern empfangene Existenz wirklich mit der Geburt anfangen lassen. Dem entsprechend finden wir in Indien eine Zuversicht und eine Verachtung des Todes, von der man in Europa keinen Begriff hat. Es ist in der That eine bedenkliche Sache, dem Menschen in dieser wichtigen Hinsicht schwache und unhaltbare Begriffe durch frühes Einprägen aufzuzwingen, und ihn dadurch zur Aufnahme der richtigeren und standhaltenden auf immer unfähig zu machen. Z.B. ihn lehren, daß er erst kürzlich aus Nichts geworden, folglich eine Ewigkeit hindurch Nichts

Weitere Kostenlose Bücher