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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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ist. Aber, in der That, wenn man, in begünstigten Augenblicken, das Thun und Treiben der Menschen, in der Realität, rein objektiv ins Auge faßt; so drängt sich Einem die intuitive Ueberzeugung auf, daß es nicht nur, den (Platonischen) Ideen nach, stets das selbe ist und bleibt, sondern auch, daß die gegenwärtige Generation, ihrem eigentlichen Kern nach, geradezu, und substantiell identisch ist mit jeder vor ihr dagewesenen. Es fragt sich nur, worin dieser Kern besteht: die Antwort, welche meine Lehre darauf giebt, ist bekannt. Die erwähnte intuitive Ueberzeugung kann man sich denken als dadurch entstehend, daß die Vervielfältigungsgläser, Zeit und Raum, momentan eine Intermittenz ihrer Wirksamkeit erlitten. – Hinsichtlich der Allgemeinheit des Glaubens an Metempsychose sagt Obry in seinem vortrefflichen Buche: Du Nirvana Indien, p. 13 , mit Recht: Cette vieille croyance a fait le tour du monde, et était tellement répandue dans la haute antiquité, qu'un docte Anglican l'avait jugée sans père, sans mère, et sans généalogie (Ths. Burnet, dans Beausobre, Hist. du Manichéisme, II, p. 391). Schon in den Veden, wie in allen heiligen Büchern Indiens, gelehrt, ist bekanntlich die Metempsychose der Kern des Brahmanismus und Buddhaismus, herrscht demnach noch jetzt im ganzen nicht islamisirten Asien, also bei mehr als der Hälfte des ganzen Menschengeschlechts, als die festeste Ueberzeugung und mit unglaublich starkem praktischen Einfluß. Ebenfalls war sie der Glaube der Aegypter (Herod., II, 123), von welchen Orpheus, Pythagoras und Plato sie mit Begeisterung entgegennahmen: besonders aber hielten die Pythagoreer sie fest. Daß sie auch in den Mysterien der Griechen gelehrt wurde, geht unleugbar hervor aus Plato's neuntem Buch von den Gesetzen (p. 38 et 42, ed. Bip.). Nemesius (De nat. hom., c. 2) sagt sogar: Koinê men oun pantes Hellênes, hoi tên psychên athanaton apophênamenoi, tên metensômatôsin dogmatizousi . (Communiter igitur omnes Graeci, qui animam immortalem statuerunt, eam de uno corpore in aliud transferri censuerunt.) Auch die Edda, namentlich in der Voluspa, lehrt Metempsychose. Nicht weniger war sie die Grundlage der Religion der Druiden (Caes. de bello Gall., VI . – A. Pictet, Le mystère des Bardes de l'île de Bretagne, 1856). Sogar eine Mohammedanische Sekte in Hindostan, die Bohrahs, von denen Colebrooke in den Asiat. res., Vol. 7, p. 336 sqq. ausführlich berichtet, glaubt an die Metempsychose und enthält demzufolge sich aller Fleischspeise. Selbst bei Amerikanischen und Negervölkern, ja sogar bei den Australiern finden sich Spuren davon, wie hervorgeht aus einer in der Englischen Zeitung, the Times , vom 29. Januar 1841, gegebenen genauen Beschreibung der wegen Brandstiftung und Mord erfolgten Hinrichtung zweier Australischer Wilden. Daselbst nämlich heißt es: »Der jüngere von ihnen gieng seinem Schicksal mit verstocktem und entschlossenem Sinn, welcher, wie sich zeigte, auf Rache gerichtet war, entgegen: denn aus dem einzigen verständlichen Ausdruck, dessen er sich bediente, gieng hervor, daß er wieder auferstehn würde, als ›ein weißer Kerl‹, und dies verlieh ihm die Entschlossenheit.« Auch in einem Buche von Ungewitter , »Der Welttheil Australien«, 1853, wird erzählt, daß die Papuas in Neuholland die Weißen für ihre eigenen, auf die Welt zurückgekehrten Anverwandten hielten. – Diesem Allen zufolge stellt der Glaube an Metempsychose sich dar als die natürliche Ueberzeugung des Menschen, sobald er, unbefangen, irgend nachdenkt. Er wäre demnach wirklich Das, was Kant fälschlich von seinen drei vorgeblichen Ideen der Vernunft behauptet, nämlich ein der menschlichen Vernunft natürliches, aus ihren eigenen Formen hervorgehendes Philosophem; und wo er sich nicht findet, wäre er durch positive, anderweitige Religionslehren erst verdrängt. Auch habe ich bemerkt, daß er Jedem, der zum ersten Mal davon hört, sogleich einleuchtet. Man sehe nur, wie ernstlich sogar Lessing ihm das Wort redet in den letzten sieben Paragraphen seiner »Erziehung des Menschengeschlechts«. Auch Lichtenberg sagt, in seiner Selbstcharakteristik: »Ich kann den Gedanken nicht los werden, daß ich gestorben war, ehe ich geboren wurde«. Sogar der so übermäßig empirische Hume sagt in seiner skeptischen Abhandlung über die Unsterblichkeit, p. 23: The metempsychosis is therefore the only system of this kind that philosophy can hearken to 57 . Was diesem, über das ganze

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