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Die Welt aus den Fugen

Die Welt aus den Fugen

Titel: Die Welt aus den Fugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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während sich im Gefolge Sarkozys die unermüdliche Ministerin für Berufsausbildung, Nadine Morano, hervortut. Letztere schreckte nicht davor zurück, die Sozialisten mit dem Verweis auf die sexuellen Eskapaden ihres ursprünglichen Lieblingskandidaten, Dominique Strauss-Kahn, zu attackieren und damit bei ihrem Publikum Gelächter und Spott auszulösen.
    Der Neue im Élysée-Palast
    14. 05. 2012
    Die Präsidentschaft Nicolas Sarkozys hatte mit einer Reihe von Mißklängen begonnen. Statt sich unmittelbar nach seiner Wahl vor fünf Jahren der Masse seiner Anhänger auf der Place de la Concorde zuzugesellen, hatte er mit der Spitze der französischen Finanzen im Nobelrestaurant Le Fouquet’s getafelt. Statt – wie angekündigt – ein paar Tage der Meditation in einem Kloster zu verbringen, entdeckte man Sarkozy auf der Luxusjacht eines befreundeten Milliardärs im Mittelmeer. Seine Ehefrau und enge Vertraute Cécilia verließ ihn, was Sarkozy damit kompensierte, daß er das extravagante italienische Model Carla Bruni – aus reichster Familie stammend – heiratete. Immerhin hat sich diese kapriziöse schöne Frau im Elysée-Palast wider Erwarten diskret und unauffällig verhalten. Aber der Staatschef, dessen Eltern aus Ungarn und Griechenland stammen, ist den Ruf, ein »Bling-Bling-Präsident« zu sein, wie es im Volksmund heißt, nie wieder losgeworden.
    Um so bemerkenswerter war die würdige und versöhnliche Form, mit der Sarkozy seine hohe Funktion niedergelegt hat. Dem erfolgreichen Rivalen, dem Sozialisten François Hollande, wünschte er Glück und Erfolg. Am Feiertag des Kriegsendes fand er sich fast brüderlich neben seinem Nachfolger ein, um am Grab des unbekannten Soldaten gemeinsam ein riesiges Blumengebinde niederzulegen.
    Jetzt richten sich alle Blicke auf François Hollande, der – wie man am Pariser Triumphbogen feststellte – kaum größer gewachsen ist als Sarkozy, den seine Gegner als Gartenzwerg verspotteten. Die Staatschefs der Fünften Republik – mit Ausnahme ihres Gründers, des Generals de Gaulle – sind durch ihre diversen außerehelichen Liebschaften aufgefallen, was ihnen niemand übel nahm. François Mitterrand wurde sogar als geheimer Bigamist entlarvt, als er gegen Ende seiner Amtszeit seine uneheliche Lieblingstochter Mazarine vorstellte. Doch der unscheinbare und extrem brav wirkende François Hollande, der wirklich nicht der Vorstellung eines Don Juan entspricht, hat alle gesellschaftlichen Normen gesprengt, die bislang in Frankreich eingehalten wurden.
    Lange Jahre hat Hollande – Sproß einer wohlhabenden Arztfamilie aus der Normandie, dessen Vater mit der rechtsradikalen Action française sympathisierte – mit der früheren sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, eine durchaus stattliche Erscheinung, eine »wilde Ehe« geführt und vier Kinder gezeugt. Nachdem Ségolène ihrem François den Laufpaß gegeben hatte, war der jetzige Staatschef sehr bald eine neue Liaison eingegangen und hat die Journalistin Valérie Trierweiler, auch eine recht ansehnliche Person, zu seiner Lebensgefährtin erkoren. Schon tritt sie bei den ersten offiziellen Anlässen als »Première Dame de France« auf. Auch im Elysée-Palast ist also eine »Patchwork-Ehe« entstanden, die den bisherigen Usancen widerspricht, aber jenseits des Rheins in der Bundesrepublik Deutschland über eine Art Spiegelbild verfügt. Dort hat sich der frisch gekürte Bundespräsident Joachim Gauck – ein protestantischer Pfarrer zumal –, ohne sich von seiner bisherigen Frau scheiden zu lassen, ebenfalls mit einer ehemaligen Journalistin zusammengefunden und sie als Schloßherrin in seine Residenz Bellevue in Berlin eingeführt.
    Nun sind die Tage vorbei, in denen man über solche Eskapaden die Nase rümpfte. Aber der Einfluß, den diese Frauen ausüben, ist nicht zu unterschätzen. Valérie Trierweiler zumal hat dafür gesorgt, daß der allzu rundliche Hollande »abgespeckt« hat und sich neuerdings um elegante Kleidung bemüht. Vor allem hat sie dazu beigetragen, daß dieser phlegmatische und versöhnliche Absolvent der höchsten französischen Verwaltungsschule in der Auseinandersetzung mit Sarkozy einen kämpferischen Ton anschlug, den man ihm gar

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