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Die Welt der Drachen

Die Welt der Drachen

Titel: Die Welt der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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händeringend an einem Ende des hohen Lagers zusammen und diskutierten mit schrillen aufgeregten Stimmen. Lessa und die Hebamme mussten Lady Gemma ausziehen und ihre Hände halten, wenn die schweren Wehen kamen.
    Das Gesicht der schwangeren Frau war zu einer Grimasse verzerrt. Ihre Haut hatte einen grauen Ton angenommen. Sie war schweißgebadet, und ihr Atem ging stoßweise.
    »Das sieht nicht gut aus«, flüsterte die Hebamme.
    Sie wandte sich an eine der Damen.
    »Sie da, hören Sie zu heulen auf!«
    Ihre Unentschlossenheit wich. Sie wusste, dass sie im Augenblick Autorität über die Anwesenden besaß.
    »Bringen Sie mir heißes Wasser und Tücher. Und suchen Sie etwas Warmes für das Kleine. Es muss vor Zug geschützt werden, wenn es lebt.«
    Die Frauen gehorchten sofort.
    Wenn es lebt , dachte Lessa immer wieder. Der neue Herr von Ruatha - ein Sohn des verhassten Feindes! Das war nicht ihre Absicht gewesen, obwohl...
    Lady Gemma tastete blindlings nach ihren Händen, und Lessa unterstützte sie unwillkürlich.
    »Sie blutet zu stark«, murmelte die Hebamme. »Noch mehr Tücher!«
    Die Frauen begannen wieder zu schluchzen und zu wimmern.
    »Sie hätte die weite Reise nicht machen dürfen!«
    »Sie werden beide sterben.«
    »Oh, das ist zuviel Blut!«
    Zuviel Blut, dachte Lessa. Sie hat mir nichts getan. Und das Kind kommt zu früh. Es wird sterben. Sie warf einen Blick auf das verzerrte Gesicht. Die Frau hatte die Unterlippe blutig gebissen.
    Jetzt stöhnt sie nicht! Warum musste sie es im Saal tun?
    Zorn überkam Lessa. Diese Frau hatte aus irgendeinem Grund Fax und F'lar im entscheidenden Augenblick abgelenkt.
    Lessa presste Lady Gemmas Hände grob zusammen.
    Der Schmerz von dieser unerwarteten Seite riss Lady Gemma aus einer ihrer kurzen Ruhepausen. Sie wischte sich den Schweiß aus den Augen und warf Lessa einen verzweifelten Blick zu.
    »Was habe ich dir getan?« keuchte sie.
    »Getan? Ich hatte Ruatha beinahe wieder in der Hand, als Sie zu stöhnen begannen!«
    Lessa beugte sich so dicht über die Frau, dass nicht einmal die Hebamme am Fußende des Lagers ihre Worte verstehen konnte. Sie hatte alle Vorsicht vergessen. Aber es war gleichgültig. Die Frau würde nicht mehr lange leben.
    Lady Gemmas Augen weiteten sich.
    »Aber ... der Drachenreiter ... Fax darf den Drachenreiter nicht töten. Wir haben so wenige Bronzereiter. Wir brauchen sie alle. Die alten Erzählungen ... der Stern ... Stern ...«
    Sie konnte nicht weitersprechen, weil sie von neuem von einer heftigen Wehe ergriffen wurde. Ihre schweren Fingerringe schnitten in Lessas Hände, als sie sich an das Mädchen klammerte.
    »Was wollten Sie sagen?« flüsterte Lessa heiser.

    Aber die Frau litt solche Schmerzen, dass sie kaum atmen konnte. Ihre Augen schienen aus den Höhlen zu treten. Und Lessa, die sich gegen Gefühle abgehärtet hatte, war von diesem Elend so erschüttert, dass sie instinktiv alles tat, um die Pein der Gebärenden zu lindern.
    Dennoch ließen sie die Worte der Todkranken nicht los. Die Frau hatte also nicht Fax, sondern den Drachenreiter beschützt.
    Der Stern? Meinte sie den Roten Stern? Und welche alten Erzählungen?
    Die Hebamme presste ihre Hände gegen Gemmas Leib und rief ihr nervöse Ratschläge zu. Aber die Frau war so vom Schmerz überwältigt, dass sie nichts mehr hörte. Ein krampfhaftes Zucken durchlief ihren Körper. Sie bäumte sich auf. Als Lessa sie zu stützen versuchte, öffnete sie die Augen mit einem Ausdruck unendlicher Erleichterung. Dann brach sie in Lessas Armen zusammen und rührte sich nicht mehr.
    » Sie ist tot! « kreischte eine der Frauen. Sie rannte schreiend aus dem Zimmer. Ihre Stimme hallte von den Felswänden wider. » Tot...! «
    Lessa ließ Lady Gemma in die Kissen gleiten und sah erstaunt in das Gesicht der Toten. Ein triumphierendes Lächeln lag auf ihren Zügen. Lessa zog sich erschüttert in eine Ecke des Zimmers zurück. Sie, die nie gezögert hatte, Fax einen Schaden zuzufügen oder Ruatha dem Untergang entgegenzuführen, wurde nun von Gewissensbissen geplagt. Sie zitterte am ganzen Körper.
    In ihrer engstirnigen Rachsucht hatte sie übersehen, dass es auch andere geben konnte, die Fax hassten. Lady Gemma gehörte zu ihnen, und sie hatte weit schlimmere Brutalitäten und Demütigungen erdulden müssen als Lessa. Eine Frau, die ihre Hochachtung verdiente - aber sie hatte sie gehasst.
    Lessa schüttelte den Kopf, um die Selbstvorwürfe abzuwehren, die sie zu überwältigen drohten.

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