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Die Welt der Kelten

Die Welt der Kelten

Titel: Die Welt der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf Krause
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Schweizer Schriftsteller Conrad Ferdinand Meyer (1825–1898) in seiner Ballade vom
Geisterross
dem Arverner ein literarisches Denkmal gesetzt. Darin begleitet er den gallischen Häuptling auf dessen letztem Weg auf Caesars
     Triumphzug durch die Straßen Roms:
    »Unberührt vom Hohn der Stunde, Starren, traumgefüllten Blicks, Geht, ein Singen auf dem Munde, Ruhig Vercingetorix – Fremde
     Weise, fremde Worte, Mit dem Geist an fremdem Orte.«
    Er gedenkt seines Pferdes Ellid, das geopfert wurde, um ihn als Geisterross zur Stunde seines Todes abzuholen:
    »Sterbend pack ich Ellids Haare, Ein Befreiter spring ich auf, Fahre, schwarzer Ellid, fahre! Nach der Heimat nimm den Lauf!
     …«
    Aber schon viel früher hatten die Franzosen, denen der Stamm der germanischen Franken den Landesnamen
La France
gab, ihre keltische Vergangenheit entdeckt, die sie in Gallien,
La Gaule
, fanden. Während der Revolution von 1789 setzte man den verhassten Adel mit den fränkischen Eroberern gleich und verband
     im Gegensatz dazu das breite Volk mit den alten Galliern. So wurde im revolutionären Frankreich alles Keltische chic – wozu
     die Ossian-Mode ihren Teil beitrug. Dieses Beispiel belegt, wie im Zeitalter des erwachenden national betonten Patriotismus
     auch das frühgeschichtliche Volk der Kelten respektive der Gallier vereinnahmt wurde. Auf diesen Gedanken waren im Übrigen
     etliche Jahrzehnte vorher schon die Engländer gekommen, als sie nach der formalen Vereinigung mit Schottland im Jahr 1707
     das gesamte Land als
Great Britain
»Großbritannien« bezeichneten und somit auf die alte keltische Benennung zurückgriffen.
    Die kleineren Nationen wie Irland und Wales, die sich mit einigem Recht als keltisch bezeichnen durften, entwickelten im 19.
     Jahrhundert ein Nationalbewusstsein, mit dessen Hilfe vor allem die grüne Insel ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erkämpfte.
     Dieses neue Selbstbewusstsein zeigte sich nicht nur in dem Versuch, die irische Sprache gegen das Englische zu behaupten,
     sondern auch in der Erschließung der reichen mittelalterlichen Literatur. Ihre Erzählungen wurden zunehmend bekannt und boten
     der Kunst eine Fülle von Anregungen. In jener Zeit griff man in Irland weiterhin auf die charakteristischen Motive und Ornamente
     der frühmittelalterlichen Kunst zurück, wie sie sich vor allem in den prächtigen Buchmalereien erhalten hatten. Davon stellte
     man Kopien her, ebenso wurden von filigranen Fibeln Reproduktionen geschaffen. Sie und die in Mode kommenden Hochkreuze vermittelten
     einem großen Publikum auf |225| den Britischen Inseln und dem Festland den Eindruck einer typisch keltisch-irischen Kunst, die an Popularität bis heute nichts
     eingebüßt hat.
    In den Jahrzehnten um 1900 entwickelte sich darüber hinaus unter irischen Intellektuellen eine so genannte keltische Renaissance,
     die auch als
Celtic Dawn
oder »Keltisches Erwachen« bezeichnet wurde. Damit verbanden sie eine Rückbesinnung auf die originale irische Kultur, die
     man mittlerweile bewusst als keltisch betrachtete. Von den engagierten Männern und Frauen dieser Bewegung sei allein der spätere
     Literaturnobelpreisträger William Butler Yeats (1865 –1939) erwähnt. Er griff in vielen seiner Werke auf die bekannten Heldenerzählungen
     zurück, an deren Spitze für ihn CúChulainn stand. Doch der keltische Einfluss reichte weit über den bloßen Rückgriff auf die
     alte Überlieferung hinaus, denn er war offensichtlich auch an der Entstehung der modernen Literatur des 20. Jahrhunderts beteiligt.
     Man vermutet ihn dort, wo Texte den üblichen Realismus verlassen und fantastische und surreale Ausdrucksformen annehmen –
     leider sind sie oft dementsprechend schwer zu verstehen.
    Ein Beispiel dafür bot der Waliser Dylan Thomas (1914 –1953), dessen Hörspiel
Unter dem Milchwald
(
Under Milk Wood
) 1954 in England und Deutschland erstmals im Radio gesendet wurde. Darin steht eine kleine fiktive Stadt in Wales im Mittelpunkt
     des Geschehens, die den Namen Llareggub trägt. An einem einzigen Frühlingstag lernt man die Bewohner mit ihren alltäglichen
     Freuden und Sorgen kennen. Doch nicht deren unspektakuläre Schicksale und kleinbürgerlichen Tagesläufe charakterisieren den
     Milchwald als keltisch geprägt, sondern die Art der Darstellung: Da werden Menschen mit Tieren verglichen und bewegen sich
     in einer symbolischen und grotesken, von märchenhaften Elementen durchdrungenen Atmosphäre, die sich

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