Die Welt der Kelten
Städten bildeten, dessen Einfluss bis in die Po-Ebene und zum Fuß der Alpen reichte. 534 vor Chr. errangen ihre Kriegsschiffe
vor Korsika einen großen Sieg über die Griechen. Dadurch wurden sie für einige Jahrzehnte zu den Herren des Mittelmeeres zwischen
Gibraltar und Italien.
Die keltischen Stämme an Rhône, Rhein und Donau erfuhren wenig von den Ereignissen im Mittelmeer – und doch waren sie davon
betroffen. Denn das griechische und etruskische Interesse an ihnen und ihren Häuptlingen war nicht uneigennützig. Den Menschen
aus Marseille und der Toskana ging es nicht um das bloße Wissen über – in ihren Augen – unterentwickelte Barbaren. Sie suchten
den Kontakt, weil man mit ihnen Handel treiben wollte und weil sie die Fernwege durch Mitteleuropa kontrollierten. Seit alters
her verlief über französische Flüsse wie Saône und Rhône der Zinnhandel mit den Britischen Inseln. Im Osten verband der Handelsweg
des Bernsteins Ostsee und Adria. Weiterhin hatten die Barbarenländer außer Edelmetallen wie Gold und Silber auch Felle und
Sklaven zu bieten. Deshalb bedeckte die europäische Wildnis zunehmend ein Netz von Wegen, die sich der Trampelpfade und der
schiffbaren Flussläufe bedienten. Sie verbanden den Norden mit dem Süden, den Westen mit dem Osten und brachten die Kelten,
Griechen, Etrusker und die Reitervölker der eurasischen Steppen einander näher.
Die mächtigsten und reichsten Keltenhäuptlinge beherrschten die Schnittstellen dieses Wegenetzes, etwa an Flussläufen, wo
Waren vom Landweg auf Schiffe verladen wurden. Die Händler und Herrscher vom Mittelmeer wünschten gute Beziehungen mit den
Barbarenfürsten. Folglich |35| fanden ihre Tauschobjekte und Freundschaftsgeschenke den Weg in den Norden. Besonders begehrt waren Amphoren, mit Wein gefüllt,
und griechische Keramik. Mit den Händlern und Botschaftern strömte eine Fülle neuer Einflüsse ins Keltenland, die dort vielfältige
Anregungen hervorriefen: Man benutzte Purpurschnecken aus dem Mittelmeer als Färbemittel, griff in der üblichen Ornamentkunst
auf südliche Pflanzenmotive zurück und benutzte die griechische Schrift. Selbst griechische Handwerker reisten in das Barbarenland,
um hier ihre Kenntnisse zu zeigen. Die Herrscherburgen der Fürstensitze entwickelten sich zu Zentren, die sich immer mehr
mit prestigeträchtigen Dingen aus dem Süden füllten und in denen so mancher Etrusker oder Grieche ein und aus ging.
Die Keltenzentren Mont Lassois und Heuneburg
Die bedeutendsten und größten Fürstensitze der späten Hallstattzeit stellten der Mont Lassois und die Heuneburg dar. An Seine
und Donau gelegen, |36| grenzten sie das frühe keltische Kerngebiet gleichsam ein. Auf beiden Bergen errichteten Adelsfamilien für viele Jahrzehnte
und über Generationen hinweg Mittelpunkte ihrer Herrschaftsgebiete.
|35| Die keltische Gesellschaft
Das Leben der Kelten vollzog sich vor allem in den Fürsten- und Häuptlingssitzen sowie den Dörfern undWeilern,wo dieTraditionen
einer überwiegend bäuerlichen Gesellschaft herrschten. Erst in den letzten beiden Jahrhunderten vor Chr. kamen mit den Oppida
stadtähnliche Zentren auf.Überall waren die gesellschaftlichen Verhältnisse hierarchisch geordnet, wobei insgesamt Stämme
und Sippen die entscheidenden Institutionen stellten.
Ursprünglich stand ein König an der Spitze der Gemeinschaft, der wahrscheinlich auch oberster Priester war und dasWohl undWehe
des Stammes verantwortete – wie etwa der Fürst von Hochdorf. Die alte Herrscherbezeichnung hat sich bei vielen gallischen
Personennamen in der Endsilbe -rix erhalten, beispielsweise in Vercingetorix, ohne dass deren Träger tatsächlich die Königswürde
innehatten. Denn am Vorabend der römischen Eroberung hatten schon lange keine Könige mehr das Sagen: Sie waren entmachtet
worden und konnten sich allenfalls noch in Randgebieten Galliens und auf den Britischen Inseln behaupten.
An ihre Stelle war eine mächtige Adelsschicht getreten, die nach Caesars Angaben aus zwei Klassen von Männern bestand – den
Druiden und den so genannten Rittern. Letztere repräsentierten die Kriegeraristokratie und scharten möglichst viele Gefolgsmänner
um sich. Deren keltische Bezeichnung – im Lateinischen
ambactus
– wurde von den Germanen übernommen und fand einenWeg bis in die deutsche Sprache, wo sie in dem Wort Amt erhalten blieb.Wie
kriegerisch diese Schicht war, betonen die
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