Die Welt der Kelten
Umgang mit den
Galliern beschreibt er wie folgt: »Caesar erwies daher den Stämmen alle möglichen Ehren, ließ den führenden Männern bedeutende
Belohnungen zukommen und legte dem Land keine neuen Lasten auf, sodass er für das durch so viele Niederlagen erschöpfte Gallien
eine Unterwerfung vorteilhafter erscheinen ließ und auf diese Weise mühelos den Frieden erhalten konnte.«
Sogar diese beschönigenden Worte verraten einen Teil der historischen Wirklichkeit: Gallien war nach sechs Jahren Krieg ausgeblutet
und erschöpft. Man schätzt, das von den zwölf Millionen Einwohnern eine Million umkam und eine weitere versklavt wurde – Zahlen,
die den ungeheuren Aderlass der keltischen Stämme verdeutlichen. Hinzu kamen weite Flächen verödeten Landes und eine große
Zahl zerstörter Oppida und Dörfer. Wirtschaft, Verkehrswege und Stammesstrukturen waren zum Teil zusammengebrochen. An Widerstand
und Revolten schien man in Gallien nicht mehr zu denken: Als zwei Jahre später in Rom ein neuer Bürgerkrieg ausbrach, der
dessen Herrschaft ohne Zweifel schwächte, nutzten die gallischen Stämmen die Möglichkeit nicht mehr, um gegen Rom zu rebellieren.
Gallien war seine enge Anlehnung an die antiken Hochkulturen zumindest militärisch zum Verhängnis geworden. Denn die so genannten
Barbaren nutzten deren Wissen und Erkenntnisse, um einen eigenen Weg zu gehen. Er führte zu einer zunehmenden Erschließung
des Landes mit Wegen und Handelsrouten, welche die einzelnen Oppida miteinander verbanden. Dort wurde intensiv produziert,
exportiert und Handel getrieben. Man nimmt an, dass die gallischen Stämme mit der Einführung des Münzwesens, der Verwendung
griechischer und lateinischer Schrift und der Anwendung gewisser Verwaltungsstrukturen an der Schwelle zur Hochkultur standen.
Was ihnen noch fehlte, war ein geeintes Reich. Vielleicht förderten |103| die pangallischen Druiden ein Gemeinschaftsbewusstsein in dieser Richtung. Jedenfalls war Gallien keine Wildnis wie Germanien,
sondern ein erschlossenes Land. Roms Legionen nutzten seine Straßen, um es zu erobern, und sie besetzten seine Oppida, wo
sich die Herrschaftszentren befanden. Vercingetorix konnte sich nicht wie sechs Jahrzehnte später der germanische Cheruskerführer
Arminius in die Wälder zurückziehen und den Römern auflauern. Die Gallier unterlagen vor Alesia den Legionen in einer Belagerungsschlacht,
während die Germanen in der Schlacht von Kalkriese, der so genannten Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 nach Chr., aus
dem Hinterhalt angriffen und den Römern eine katastrophale Niederlage bereiteten. Den Galliern wurde dagegen ihre fortgeschrittene
Zivilisation zum Verhängnis. Mit ihrer Eroberung endete die Geschichte der meisten freien Keltenstämme auf dem Kontinent.
Caesar wusste die Eroberung Galliens zur Stärkung seiner politischen Macht in Rom zu nutzen. Aus seinem Konflikt mit dem Senat
entwickelte sich ein Bürgerkrieg, aus dem der Feldherr als Sieger hervorging. Er wurde Konsul und übernahm schließlich das
außergewöhnliche Amt eines Dictators auf Lebenszeit. Doch seine enorme Machtfülle missfiel einer Gruppe von Oppositionellen,
die ihn im Jahr 44 vor Chr. während einer Senatssitzung ermordeten. Ihrem Anliegen, dadurch die Republik zu retten, war dennoch
kein Erfolg beschieden. Denn einige Jahre später wurde Caesars Großneffe Octavian als Augustus erster römischer Kaiser. Unter
ihm und der Herrschaft seiner Nachfolger sollte sich Gallien zu einer der wichtigsten Provinzen des Römischen Reiches entwickeln.
Das Verschwinden der Kelten
Im Laufe des 1. Jahrhunderts vor Chr. endete auf dem europäischen Kontinent die Kultur der Kelten, die seit mehr als einem
halben Jahrtausend West- und Mitteleuropa geprägt hatte. Nur in Teilen der Britischen Inseln blieb die Stammesgesellschaft
erhalten und konnte ihre Selbstständigkeit noch über Jahrhunderte behaupten.
Die Gallier zwischen Rhein und Atlantik wurden Untertanen und später Bürger des Römischen Reiches, an dessen Zivilisation
sie sich in starkem Maße anpassten. Gleichwohl bewahrten sie eine Fülle keltischer Traditionen, die sich unter Roms durchaus
auch toleranter Herrschaft zu einer spezifischen gallo-romanischen Kultur entwickelten. Ähnlich verhielt es sich mit den Keltenstämmen
im östlichen Alpen- und Donauraum. Dort wurde beispielsweise das recht mächtige Reich der Noriker, das unter anderem über
die alte
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