Die Welt der Kelten
Legionäre durch die Hindernisse, bis sie den Feind unmittelbar attackieren und in die Flucht schlagen konnten.
Daraufhin ließ sich Cassivellaunus auf keine weitere Schlacht mehr ein und zog seine Krieger zurück. Die meisten von ihnen
schickte er heim zu ihren Stämmen. Nur seine schlagkräftigste Waffe behielt er – 4 000 Streitwagenkämpfer, die die römischen
Truppen immer wieder überraschend angriffen und damit erreichten, dass weder Reiter noch Legionäre weiter im Land umherstreiften.
Caesar befand sich wiederum in einer Situation, in der er keinen entscheidenden Sieg erringen konnte. Einen Vorteil verschaffte
ihm zumindest die Rivalität unter den britannischen Stämmen, die der Lage in Gallien vergleichbar war. So gelang ihm ein Bündnis
mit den Trinovanten, die als Nachbarn der Catuvellauner in Essex und Suffolk lebten. Angeblich hatte Cassivellaunus einst
ihren König getötet und dessen Sohn mit dem Tod bedroht. Dieser hatte deshalb bei Caesar Schutz gesucht und für seinen Stamm
die Stellung von Geiseln und die Lieferung von Getreide versprochen. Daraufhin schickten auch andere Stämme Gesandte mit Friedensangeboten.
Von ihnen erfuhr Caesar die Lage des Hillforts, in dem sich Cassivellaunus mit vielen Menschen und deren Vieh verschanzt hielt.
Obwohl dieses Befestigungswerk von den Römern eingenommen wurde, konnten die meisten Kelten entkommen. Und ihr Häuptling zeigte
sich keineswegs entmutigt – er hatte inzwischen ein Bündnis mit mehren Stämmen aus Kent geschlossen. Doch auch gegen diese
Koalition waren Caesars Truppen erfolgreich, und letztendlich soll Cassivellaunus um |128| Frieden gebeten haben. Der römische Feldherr machte ihm nach eigenen Worten strenge Auflagen: Geiseln sollten gestellt und
jährliche Steuern an Rom entrichtet werden. Der Keltenfürst selbst blieb ungeschoren und musste lediglich erklären, gegen
die Verbündeten der Römer nicht vorzugehen.
Caesar schien sehr froh zu sein, Britannien endlich auf Nimmerwiedersehen zu verlassen. Ob sich Cassivellaunus an Caesars
Befehl gehalten hat, ist nicht bekannt. Geiseln und Tributzahlungen sind jedenfalls nie weder in Gallien noch in Rom eingetroffen.
Die beiden Feldzüge über den Ärmelkanal zählen zu den seltenen militärischen Unternehmungen Caesars, denen letztlich kein
Erfolg beschieden war. Außer unverbindlichen Zusagen hatte er nichts erreicht. Kein einziger römischer Legionär vertrat Roms
Macht auf den Britischen Inseln. Tacitus urteilte später treffend über Caesars Leistung, »er habe Britannien der Nachwelt
nur gezeigt, nicht übergeben«.
Die langsame Eroberung eines fast vergessenen Landes
Nach Caesars missglückten Eroberungszügen schien man in Rom die fernen Zinninseln für mehr als 90 Jahre vergessen zu haben.
Der gallische Aufstand, die brutalen Bürgerkriege und der lange Kampf gegen die germanischen Stämme hatten Britannien aus
dem römischen Bewusstsein fast verdrängt. Darum blieben dessen keltische Stämme sich selbst überlassen. Aber auch ohne römische
Besatzungstruppen zeigten sich die Einflüsse von Roms Macht und Kultur, die immerhin bis an die gallische Nachbarküste vorgedrungen
waren. Besonders im Süden Englands wusste man so manches von den Veränderungen jenseits des schmalen Meeres. Viele britannische
Adlige nahmen sich Rom zum Vorbild – einige besonders ehrgeizige eroberten sich kleine Reiche und führten eigene Münzen ein.
Gleichzeitig befehdete man sich heftig untereinander und schreckte nicht davor zurück, den Kaiser im fernen Rom um Hilfe anzurufen.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser die Gelegenheit ergreifen und auf den Spuren des ruhmreichen Caesar wandeln würde.
Nachdem sich unter dem Imperator Caligula die Soldaten geweigert hatten, nach Britannien zu gehen, gelang es dessen Nachfolger
Claudius, in Südengland Fuß zu fassen. Unter dem Oberbefehl des Aulus Plautius setzten im Jahr 43 nach Chr. vier Legionen
über den Ärmelkanal – und waren nach der Landung erstaunt, weil sich keiner der angeblich so schrecklichen Feinde sehen ließ.
Diese waren in der Tat von der Invasion überrascht worden und hatten sich in Sümpfe und Wälder zurückgezogen, |129| von wo sie nach traditioneller Kampfweise den Römern zusetzen wollten. Doch ihre Taktik erwies sich nicht mehr als so erfolgreich
wie zu Caesars Zeiten. Das mochte unter anderem daran liegen, dass die Machtzentren der größeren Stammesbünde
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