Die Welt der Sookie Stackhouse (German Edition)
Online-Kurse. In Klassenzimmern fühle ich mich nicht allzu wohl.«
Craig schwieg eine Weile lang. Er dachte, dass ich doch wirklich nicht dumm sei, und fragte sich, was mein Problem wohl sein könnte. Vielleicht litt ich am ADS-Syndrom oder einfach nur an einem totalen Mangel an Ehrgeiz? Warum hatte ich es im Leben nicht weiter gebracht?
Auch wenn Unmut in mir aufstieg, begriff ich doch, dass Craig sich für seinen Bruder natürlich nur eine Freundin wünschte, die ein paar Ziele und Sehnsüchte im Leben hatte. Es fiel mir schwer, mich zurückzuhalten und nicht den Versuch zu machen, Craig mit meinem besonderen Talent zu beeindrucken.
Ich hätte ihm zum Beispiel erzählen können, dass er vor kurzem erst auf Deidras Drängen hin das Rauchen aufgegeben hatte und sich in diesem Augenblick geradezu nach einer Zigarette verzehrte. Oder dass ich wusste, dass Deidra und er bald Eltern werden würden. Oder dass meine Brüste echt waren, was eine andere unausgesprochene Frage beantwortet hätte.
Wenn man sich öffnete und länger als einen Augenblick in den Gedanken einer anderen Person las, konnte man wirklich jede Menge aufschnappen.
Aber wenn man sich mal überlegte, was man in den letzten Minuten gedacht hatte – würde man wollen, dass ein anderer davon erfährt? Nein. Sam hatte mich mal gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, für die Nationale Sicherheitsbehörde zu arbeiten. Ich versuchte, mir auszumalen, wie das praktisch aussehen sollte. Würde ich dann auf einem Flughafen neben der Schlange vor der Sicherheitskontrolle stehen? Würde ein Sprengstoffattentäter oder ein Terrorist seinen Plan dort in Gedanken noch einmal durchspielen, in allen Details und auf irgendeinem zufällig ausgewählten Flughafen? Nein, bestimmt nicht. Da würde ich schon ein paar mehr Hinweise benötigen.
All das wollte ich Craig erklären, genauso wie ich es schon so vielen anderen Leuten in der Vergangenheit hatte erklären wollen. Ich hatte mir schon so oft gewünscht, die Leute würden meine täglichen Belastungen verstehen, würden verstehen, womit ich lebte. Nicht, weil ich herumjammern wollte, dass ich doch so arm dran sei – »bemitleidenswertes blaues Blümchen«, wie meine Großmutter mich immer genannt hatte, wenn sie meinte, ich würde Gefahr laufen, in meinem Selbstmitleid zu ertrinken.
Ich seufzte. Es war nicht Seid-nett-zu-Telepathen-Woche, und ich sollte mich lieber zusammenreißen und mein Leben weiterleben. Ich wünschte Craig eine gute Nacht und ging selbst ins Badezimmer, als es frei war. Es tat gut, den langen Tag wegzuduschen, und dann zog ich den Gürtel meinesBademantels fest und trat mit dem Bündel Kleider, die ich ausgezogen hatte, wieder hinaus.
Sam stand wartend an der Tür des mir zugewiesenen Schlafzimmers. Er wirkte müde, aber entspannt, und ich konnte spüren, dass er froh war, zu Hause zu sein. Er trat einen Schritt zur Seite, um mich hineinzulassen, und ich legte meine Kleider erst mal auf meine Reisetasche. Als ich mich wieder aufrichtete, bemerkte ich, wie liebevoll er mich ansah. Nicht lüstern, nicht frustriert … liebevoll. Mein Herz zerfloss vor Rührung. Wir umarmten uns, und es war wundervoll, seinen Geruch einzuatmen. Mein feuchtes Haar, mein ungeschminktes Gesicht, mein abgenutzter Bademantel, das alles kümmerte ihn nicht. Er war glücklich, dass ich hier war. Dann trat er einen Schritt zurück, auch wenn er mich nicht ganz losließ. »Danke, dass du mit mir mitgekommen bist, Sookie«, flüsterte er. »Und danke, dass du die Situation mit Mr Collins entschärft hast.« Jannalynn wäre sofort in den Garten des alten Mannes gerannt, dachte Sam, und hätte ihm eine Tracht Prügel verpasst. Und er schien zu meinen, dass das Problem mit dem Nachbarn seiner Mutter gelöst war. Ich wusste nicht, was ich zu ihm sagen sollte. Dann beschloss ich: Ich sollte ihn gut schlafen und glücklich sein lassen. Morgen ist die Hochzeit.
»Gern geschehen«, erwiderte ich. »Ich freue mich, dass mein Softballtraining mal zu etwas nutze war.«
Sam ging zur Tür zurück. »Ich bin dahinten, in meinem alten Zimmer«, sagte er und wies mit einem Kopfnicken auf eine Tür etwas weiter den Flur hinunter auf der anderen Seite. »Craig schläft auch dort. Moms Schlafzimmer ist am Ende des Flurs.«
Ich wollte schon fragen, warum er mir das erzählte. Doch dann merkte ich, dass es mir guttat zu wissen, wo er in der Nacht sein würde.
»Rufst du Eric noch an?«, fragte er fast lautlos.
»Vielleicht versuch
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