Die Welt der Sookie Stackhouse (German Edition)
kleinen Seitenzimmer, ihr lavendelfarbenes Kleid raschelte ihr um die Füße, und ihre Augen wurden groß, als sie mich mit dem Gewehr in der Hand dastehen sah.
»Nur zur Sicherheit.« Ich versuchte sie zu beruhigen.
»Ich werde jetzt die Glocke läuten«, sagte sie zu mir, als müsste sie meine Erlaubnis einholen. Sie wies auf eine Tür in der Westwand des Vestibüls, offenbar die Tür zum Glockenturm.
»Gute Idee.« Keine Ahnung, ob es wirklich eine gute Idee war, aber wenn die Tradition es erforderte, dass zu einer Hochzeit die Glocke geläutet wird, dann sollte die Glocke auch geläutet werden. »Brauchst du meine Hilfe?«
»Wenn’s dir nichts ausmacht. Meine kleine Schwester muss bei Deidra bleiben. Sie ist total nervös. Das Gewehr musst du aber einen Augenblick zur Seite legen.« Sie klang fast entschuldigend. »Ich heiße übrigens Angie.«
Ich stellte mich auch vor und folgte ihr durch die kleine Tür in den Glockenturm hinein. Ein langer, mit rotem Samt umhüllter Strick hing wie eine große dicke Schlange herab. Ich sah hinauf zu der über unseren Köpfen hängenden Glocke und fragte mich, wie viele Kilo sie wohl wog. Die Erbauer hatten hoffentlich gewusst, was sie taten. Ich legte das Gewehr beiseite, und dann ergriffen Angie und ich das Seil, stellten uns breitbeinig hin und zogen. »Viermal«, sagte sie hüpfend, »für eine Hochzeit um vier Uhr.«
Es machte richtig Spaß. Wir wurden zwar beinahe von den Füßen gefegt, als die Glocke zu schwingen begann, aber wir bekamen die vier Schläge hin. Und ich hörte, wie die Menge draußen still wurde.
»Gibt’s für draußen eigentlich einen Lautsprecher?«, fragte ich.
»Bei Mr Willistons Beerdigung gab’s noch einen«, sagte Angie. »Er ist beim Bundesgericht gewesen.« Sie öffnete die Tür eines Elektrokastens und legte einen Schalter um.
Draußen war ein Knacken zu hören, und dann wogte »Jesus bleibet meine Freude« über die Köpfe der Menge hinweg. Ein, zwei Schreie waren zu hören, aber ich hätte schwören mögen, dass die Leute sich umdrehten und zuhörten.
Angie ging hinüber, öffnete die Tür des Brautzimmers, und Deidra und ihre jüngere Schwester kamen heraus. Mr Lisle trat zu ihnen, und ich wusste, dass er sich ganz auf seine Tochter konzentrierte anstatt auf den Mob auf der Straße. Deidra war ein Traum in Weiß, und in den Händen hielt sie einen fröhlichen Strauß aus Sonnenblumen und Margeriten.
»Du siehst wunderhübsch aus«, versicherte ich ihr. Wer musste beim Anblick einer Braut nicht lächeln?
»Das ist unser Stichwort«, sagte Angie zu ihrer Schwester und öffnete die Tür zum Altarraum. Der Hochzeitsmarsch begann, und ich konnte ihn in der Kirche und auch draußen hören. Deidra drehte sich verdutzt zu mir um.
»Erhebt euch«, sagte Bruder Arrowsmith mit sonorer Kirchenstimme, und auch wenn nur wenige da waren, die sich erheben konnten, hörte ich doch ein Rascheln.
Angie ging als Erste den Mittelgang hinunter, gefolgt von ihrer Schwester. Und schließlich ergriff Deidra, mit einem Strahlen im Gesicht, den Arm ihres Vaters und schritt an seiner Seite langsam auf ihren Verlobten zu.
Ich hatte das Gewehr wieder zur Hand genommen und stand hin- und herblickend zwischen der äußeren und der inneren Doppeltür. Jetzt trat Deidras Vater einen Schritt vor, um Bruder Arrowsmith etwas zuzuflüstern, der daraufhin sagte: »Und nun stimmt ein mit mir zu Ehren dieses heiligen Bunds, und lasst uns alle, innerhalb und außerhalb dieser Wände, die wir gemeinsam vor dem Angesicht Gottes stehen, das Vaterunser sprechen.«
Im Notfall war wirklich Verlass auf ihn. Ich trat an die äußere Doppeltür und legte ein Ohr daran. Nach einem Moment konnte ich hören, wie auch draußen Stimmen zusammen mit der Hochzeitsgesellschaft das Gebet sprachen. Nicht alle Leute draußen stimmten ein, aber viele.
Ich riskierte es, noch einmal in den Glockenturm zu gehen und aus einem der kleinen Fenster dort einen Blick nach draußen zu werfen. Was ich sah, erstaunte mich.
Einige Leute waren auf die Knie gegangen, um zu beten. Die wenigen Demonstranten, die glaubten, immer noch weiterschreien zu müssen, wurden von den Gläubigen nachdrücklich mit fairen wie auch fiesen Mitteln zum Schweigen gebracht. Ich lief zur inneren Doppeltür und gab dem Pastor Zeichen, dass er genau so weitermachen solle. Dann ging ich wieder ans Fenster, um weiter hinauszuschauen.
Und da sah ich sie. Sarah Newlin. Sie trug einen Hut und eine Sonnenbrille, doch ich
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