Die Welt in mir (German Edition)
neuste
Männergeschichte preisgab, war ich glücklich und zufrieden. Die Geschichte von
Sarah, wie sie in einer Disco einen Typen aufgerissen hatte, brachte mich zum
Lachen. Sie erzählte, dass der Typ super männlich ausgesehen und in seinen
Stiefeln, Jeans und Shirt vor Selbstbewusstsein gestrotzt hatte. Auf ihre
Flirtversuche war er gelassen eingegangen, auch wenn sie rückblickend glaubte,
sich erinnern zu können, dass er ab und an unsicher gewirkt hatte. Dennoch war
sie bereits in voller Fahrt gewesen, hatte ihm zugezwinkert und hemmungslos mit
ihm getanzt. Doch als sie sich an ihn geschmiegt und versuchte hatte, ihn zu
küssen, wirkte er so unbeholfen und ängstlich, dass sie gefragt hatte, was los
sei, woraufhin er fluchtartig den Raum verlassen hatte. Offenbar war ihr
Auserwählter dieser Nacht ein schüchterner Kerl ohne Erfahrungen mit Frauen,
der nach etlicher Lektüre von Männermagazinen die Rolle des sexy Kerls perfekt gespielt
hatte. Bis die stürmische Sarah ihn aus dem Konzept gebracht und ihm Angst eingejagt
hatte.
Darüber mussten wir alle schallend
lachen und ich bemerkte, dass ich schon lange nicht mehr mein ausgelassenes
Lachen gehört hatte. Ich fühlte mich unbeschwert und glücklich − so
glücklich, wie schon lange nicht mehr. Die Panik von eben war bereits
vollkommen vergessen, und auch der Blick aus dem Fenster des Lokals auf die
zahlreichen Leute, die sich dort tummelten, machte mir keine Angst, wie noch
vor ein paar Stunden. Es war, als sei alles gut. Daran wollte ich festhalten. Zumindest
für einen Abend lang, an dem alles so war, wie es im Leben einer jungen Frau
sein sollte.
Erst, als der Abend sich dem
Ende entgegenneigte, wich die Unbeschwertheit wieder der Angst. Ich merkte, wie
sie langsam in mir hochkroch und Besitz von mir ergriff. Der Heimweg würde die
gleiche Hölle werden, wie bereits der Hinweg es gewesen war. Mein Lachen und
die ungezwungene Plauderei des Abends wirkten meilenweit entfernt. Die Aussicht,
wieder alleine die Straße betreten zu müssen, den Weg nehmen zu müssen, auf dem
ich das letzte Mal überfallen wurde und der mein Leben ins Chaos gestürzt hatte,
bereitete mir Sorgen. Auch wenn ich seltsamerweise bei dem ganzen Überfall,
nachdem meine Retter aufgetaucht waren, keine Angst hatte, spürte ich diese
natürliche Reaktion nun ganz deutlich. Wieso ich diese damals nicht empfunden
hatte, war mir, je länger der Vorfall zurücklag, ein größeres Rätsel und vermutlich
eine weitere Frage, auf die ich keine Antwort bekommen würde.
Meine Freundinnen mussten die
Veränderung in mir bemerkt haben, auch ihre Plauderei und ihr Lachen verstummten.
Sofort waren ihre sorgenvollen Gesichter, die sie am Anfang des Abend aufgesetzt
hatten, zurückgekehrt.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“,
fragte Franzi und holte mich damit wieder vollkommen in die Realität zurück.
„Ja, alles gut. Ich bin nur
müde und etwas erschöpft. Heute auf der Arbeit war es anstrengend. Das ist alles“,
versicherte ich und machte eine Handbewegung, die deutlich machen sollte, dass es
belanglos war.
„Ich verstehe wirklich nicht,
wieso du dir keinen anderen Job suchst. Du kannst doch so viel mehr! Niemand
hat es verdient, von seinem Chef so behandelt zu werden“, erklärte Franzi, in
der die ehrgeizige Karrierefrau durchschimmerte.
Ich zuckte darauf nur mit den
Schultern. Dieses Gespräch hatte ich schon des Öfteren mit meinen Freundinnen
und vor allem mir Franzi geführt. Aber zu einer Lösung gelangten wir nie. Ehrlich
gesagt, fehlte mir der Mut, meinen Job hinzuschmeißen und mich neu zu
orientieren. Das sichere Einkommen hielt mich fest. Außerdem hätte ich auch
nicht gewusst, was ich sonst tun sollte. Ein Traumjob war es sicherlich nicht,
aber wenn man nicht weiß, was man möchte, ist es auch nicht leicht, die Arbeit
zu finden, die einen erfüllt und glücklich macht. Um diesen Abend nicht mit
einer Diskussion über meine trüben Karrierechancen ausklingen zu lassen, beließ
ich es bei dem Schulterzucken als Antwort auf Franzis Frage.
Offenbar genügte meine Gestik. Alle
beschlossen aufzubrechen, was eigentlich nicht in meinem Sinne war. Am liebsten
hätte ich diesen unbeschwerten Moment für immer festgehalten und lieber hier
auf dem Stuhl geschlafen, als nach Hause zu gehen und mich meiner Angst wieder
stellen zu müssen. Doch mir blieb wohl nichts anderes übrig. Wie hieß es so
schön: Das Leben geht weiter! Ich hätte gegen das Gefühl ankämpfen und mich
nicht
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