Die Welt in mir (German Edition)
auch beinahe so, als hätte es sich ein
schlafender Geist ausgedacht, der tief in die Fantasie und ins Unterbewusstsein
abgetaucht war.
„Vielleicht solltest du schlafen
gehen, und ich mache es mir hier auf der Couch gemütlich. Wenn du morgen früh
aufwachst, werde ich immer noch hier sein. Versprochen!“
Als könne er meine Gedanken
lesen, hatte Josh mir damit genau das gesagt, was ich hören musste. Er hatte
mir ein Versprechen gegeben, dass ich mir gewünscht hatte und er konnte
offensichtlich auch meine Angst erkennen, dass er einfach so wieder
verschwinden würde. Aber ein Fünkchen Furcht, ihn morgen nicht vorzufinden, war
immer noch vorhanden. Dennoch nickte ich und stimmte seinem Vorschlag zu. Mir bliebt
sowieso nichts anderes übrig. Ich war viel zu müde, um wach zu bleiben und wollte
nicht unelegant vor ihm auf dem Sofa einschlafen.
„In Ordnung. Ich bringe dir
noch eine Decke und ein Laken. Wenn du ins Bad möchtest, das ist da vorne“, sagte
ich.
„Klingt nach einem Plan“,
antwortete Josh und verschwand im Bad.
Ich hörte Wasser rauschen und konnte
mich nicht dagegen wehren, zu lauschen und mir vorzustellen, was er gerade
machte. Unfassbar, dass dieser tolle Mann gerade in meinem Badezimmer war und
noch unglaublicher, dass er in meiner Wohnung schlafen sollte. Wenn auch nicht
in meinem Bett.
Bevor ich völlig in meinen
Gedanken versank, riss ich mich los und lief in mein Schlafzimmer, wo ich eine
Decke vom Stuhl nahm und ein Laken aus der Kommode schnappte, bevor ich wieder
zurück ins Wohnzimmer eilte. Dort klappte ich die Couch aus und war froh, dass
ich mich damals beim Kauf für ein Schlafsofa entschieden hatte. Zwar hatte ich
nicht geahnt, wer eines Tages darauf übernachten sollte, aber offenbar hatte
mein Unterbewusstsein so eine Ahnung gehabt, und nun machte sich die Extrakohle
für die Ausziehvariante mehr als bezahlt.
Ich war gerade fertig damit,
das Sofa zu beziehen, als Josh hereinkam.
„Sieht wirklich bequem aus.
Danke. Ich werde bestimmt wunderbar schlafen“, meinte er, als er sein
Nachtlager in Augenschein nahm.
Ich stand etwas unbeholfen im
Raum. Da ich nicht wusste, was ich noch sagen oder tun konnte, um den Moment
des Abschieds, auch wenn er nur eine Nacht bedeutete, herauszuzögern, wünschte
ich ihm eine gute Nacht und ging ins Bad.
Nachdem ich mich eine Weile im
Spiegel betrachtet hatte und mir wieder vorgestellt hatte, wie Josh noch eben
in diesem kleinen Raum gewesen war und seine Hände vielleicht ebenso auf den
Waschbeckenrand gelegt hatte wie ich und sich im selben Spiegel begutachtet hatte,
putzte ich mir die Zähne und ging ins Schlafzimmer. Als ich in meinem schönen
Pyjama − sozusagen die Ausgehvariante unter meinen Pyjamas − im
Bett lag, konnte ich, wie befürchtet, nicht einschlafen. War ich eben auf dem
Sofa so nah bei Josh noch hundemüde, konnte mein Verstand jetzt nicht aufhören
zu rattern. Ich fragte mich, wie es morgen früh sein würde und auch wie wir
wohl unsere Tage beziehungsweise Abende verbringen würden. Ich konnte auf
keinen Fall immer so schweigsam sein, wie heute Abend. Ich wollte so viel Zeit
so effektiv wie möglich mit Josh nutzen. Ihn besser kennenlernen und
rausfinden, was er mochte und was nicht. Wie alt er war, wie seine Eltern waren
und wie er so lebte und all die Dinge.
Und vor allen Dingen wollte ich
in seiner Nähe sein. Mehr als alles andere wollte ich seine körperliche Nähe
spüren. Am liebsten hätte ich ihn noch einmal berührt, um herauszufinden, ob es
auch beim zweiten Mal so berauschend wäre, wie bei unserer ersten Berührung.
Wer wusste, vielleicht war die
Tatsache, dass mein Geheimnis – von dem ich bis vor ein paar Stunden auch
noch nichts wusste und immer noch nicht einhundertprozentig überzeugt war, dass
es stimmte − womöglich aufgedeckt wurde, nicht das Schlimmste, was mir
passieren konnte. Immerhin hatte es mir zwei erstaunliche Männer in mein Leben
gebracht, wovon einer gerade auf meiner Couch schlief. Und wenn sie nicht
verrückt waren und ihre Geschichte doch wahr war, hatte mein Leben eine
deutliche Wendung genommen. Auf einmal wäre ich nicht unbedeutend. Allerdings
wäre dann mein Leben in Gefahr. Aber ich hatte gleich zwei hinreißende Männer,
dessen Job meine Sicherheit war. Sollte ich mich vielleicht glücklich schätzen?
Mit diesem Gedanken fiel ich in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
Das
Geheimnis in mir
Als ich
aufwachte, wusste ich sofort, wo ich war und wer auf mich
Weitere Kostenlose Bücher