Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Welt ist nicht immer Freitag

Titel: Die Welt ist nicht immer Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
Vom Netzwerk:
Kaufhaus suchte ich mir einen Wecker aus. Sinnigerweise einen Reisewecker. Ich testete ihn, indem ich kurz auf dem Verkaufstresen einschlief. Der Wecker klingelte, die Verkäuferin schrie: »Der Wecker klingelt!«, davon wachte ich auf. Super. In der U-Bahn würden die anderen Fahrgäste bestimmt auch schreien, wenn der Wecker klingelte.
    Auf dem Weg zur Station kam mir eine Idee. Ich ging zu einer Telefonzelle und rief den Dieb bei mir zu Hause an:
    - Ja.
    - Hallo. Hier ist Horst Evers. Was machen Sie in meiner Wohnung?
    - Ah, Sie sind dit. Gut, dasse anrufen. Mann, die Wohnung sieht ja vielleicht aus! Mein lieber Herr Gesangsverein. Da blickt ja kein Mensch durch. Wolln Se die nich mal aufräumen?
    - Im Prinzip schon, aber wissen Sie, ich bin dermaßen viel unterwegs, und außerdem war ich gar nicht auf Überfall eingerichtet.
    - Jaja, dit sagen Se alle. Sagen Sie, is in diesem ganzen Chaos überhaupt irjendwat von Wert?
    - Nich daß ich wüßte, aber wenn Se was finden, ich war bereit zu teilen.
    - Na schönen Dank auch, da suchen Se man schön alleene, ick muß weiter!
    - Nein. Das ist mein einziger Schlüssel. Ich komm sonst nicht in die Wohnung. Wenn alles glattgeht, bin ich inner dreiviertel Stunde da. Setzen Se schonmal nen Kaffee auf, ich bring Brötchen mit, ich lad Sie zum Frühstück ein.
    - Na meinetwegen. Dann is der Weg hierhin wenigstens nich janz umsonst jewesen, wa?
    Ich ging zur U-Bahn, kaufte noch einen Fahrschein, diesmal gleich ne Tageskarte, man weiß ja nie, zählte die Stationen ab, stellte den Wecker, stieg am Halleschen Tor erfolgreich in die Linie l um und gelangte problemlos und gut gelaunt zum Schlesischen Tor. Ein schönes Gefühl, von einer langen Reise nach Hause zu kommen, wenn man erwartet wird. Sogar den Wecker konnte ich am Schlesischen Tor noch einem jungen Mann aus Schöneberg verkaufen, der bereits seit mehreren Stunden auf der Ost-West-Trasse zwischen Krumme Lanke und Warschauer Straße hin- und herfuhr.
Gute Geschäfte
    Donnerstagmorgen, ich habe furchtbare Rückenschmerzen, aber wenigstens weiß ich, warum. Weil mir ein Mann in den Rücken getreten hat, und ich habe ihn auch noch darum gebeten, und das kam so:
    In Berlin gibt es ca. 60-70 richtig große Kaufhäuser. Diese 60-70 richtig großen Kaufhäuser verkaufen praktisch alle dasselbe, nämlich so ziemlich alles, was es überhaupt so gibt.
    Wenn jetzt aber das 71. richtig große Kaufhaus eröffnet und auch nochmal dasselbe wie alle anderen verkauft, nämlich praktisch alles, rennen trotzdem so ziemlich alle Berliner dahin, und der gesamte Verkehr bricht zusammen. Nur damit sich dann alle Berliner in diesem Kaufhaus treffen und so Sachen sagen, wie: »Mensch, mensch, mensch, hammse aber schön gemacht das Kaufhaus, so was fehlte hier auch noch, nee, hammse schön gemacht, und die haben ja auch wirklich alles, aber alles, nur voll ist das, meine Herren, das is ja nich mehr schön, da gehn wir aber nich nochmal hin, so voll, wie das da is, neeneenee.«
    Warum diese Berliner trotzdem zu jeder Neueröffnung wieder hinrennen, das werde ich nie verstehen. Aber, was ich erstrecht nicht verstehe, ist, warum ich da auch jedesmal hinfahre.
    Spreche einen Verkäufer an.
    - Hee, Sie, Sie, gehörn Sie hier zum Laden?
    - Sag ich nicht.
    - Warum nicht?
    - Weil Se ja doch nix kaufen. Am Eröffnungstag kaufen die Leute sowieso nix. Die wolln doch eh nur gaffen.
    - Also gehörn Sie jetzt zum Laden?
    - Hab ich doch schon gesagt, sag ich nicht.
    - Ich brauche einen Anzug, wollen Sie mich nicht beraten?
    - Ehrlich gesagt, nee.
    - Aber ich brauche Beratung.
    - Stimmt, das seh ich auch.
    - Also?
    - Hörn Sie, ich weiß doch, wie das läuft, Sie probiern 20 Anzüge an, sagen, Sie müssen sich's nochmal überlegen und ich seh Sie nie wieder.
    - Ach so, wußte gar nicht, daß Sie mich kennen, aber diesmal brauch ich wirklich einen Anzug. Ich werd mich auch schnell entscheiden.
    - Gut, dann nehmen Sie den hier.
    - Sollt ich den nicht noch anprobieren?
    - Ach, der paßt schon.
    - Ich weiß nicht, vielleicht, ich geh doch mal grad in die Kabine…
    - Unterstehn Sie sich, Sie bleiben hier und kaufen…
    - Bin gleich wieder da.

    5 Stunden später.

    - Und außer diesen 67 Modellen haben Sie wirklich nichts anderes mehr in meiner Größe?
    - Nein, ganz sicher nicht.
    - Vielleicht sollte ich den ersten nochmal anprobieren.
    - Wir schließen gleich.
    - Hm, dann komm ich vielleicht besser morgen nochmal wieder. Am besten ganz früh, dann haben wir auch

Weitere Kostenlose Bücher