Die Welt ist nicht immer Freitag
seit wann kostet eigentlich ein Taxi von Kreuzberg nach Neukölln 50 Mark?
- Du Dummerchen, ich komm doch eigentlich vom Bahnhof Zoo, und außerdem dacht ich mir, wo ich schonmal in der Stadt bin, guck ich mir doch gleich noch den Potsdamer Platz an, wie der sich so verändert. Mensch, die bauen da ja ganz schön, ihr seid ja ordentlich fleißig hier in Berlin, obwohl, du ja nicht, du hast da ja wahrscheinlich gar nix mit zu tun. Wo ist denn deine Freundin?
- Äh, die ist für ein paar Tage weggefahren.
- Ach, allein? Ohne dich? Naja, mußt du ja wissen. Ich meine, mich geht's ja eigentlich nix an, und ich will mich ja auch nicht einmischen, aber… daß die so ohne dich wegfährt? Is das überhaupt noch dieselbe?
- Doch, doch.
Ich konnte nicht umhin, festzustellen, daß ich meine Sache als Mutter verdammt gut machte. Martin war schon wieder genau der kleine Junge, als den ich ihn nie kennengelernt hatte. Aber jetzt sollte ich ihn vielleicht ein wenig aufmuntern.
- Laß dich von mir nicht störn, leb dein Leben ganz genauso, als wenn ich nicht gerade da wäre, das ist es ja auch, was ich gerne sehen möchte, wie du so lebst. Was machen wir denn heut Nachmittag?
- Na, ich weiß nicht, wozu hast du denn Lust?
- Mir is ganz gleich, was du am liebsten möchtest.
- Zoo oder Museum vielleicht?
- Was du am liebsten möchtest.
- Oder Kino/Park/Einkaufen/Spaziern…
- Sag du.
- Na denn, gehn wir in den Zoo.
- Ach nö, Zoo, hamm wir auch in Fallingbostel. Laß uns was machen, was du nachmittags immer machst.
- Also gut, gucken wir Fernsehn.
-Was?
- Ich mein, gehn wir Kaffee trinken.
- Genau, gehn wir dahin, wo du immer hingehst, wo dich alle kennen.
- Ja, ich glaub, ich weiß da was.
Ein paar Stunden später saßen wir gemeinsam im Cafe Kranzler. Entweder hatte mir Martin bislang einen Teil seines Lebens verschwiegen, oder er belügt seine Mutter. Beides konnte mir nicht gefallen.
- So, und hier bist du also immer nachmittags?
-Ja, so in etwa.
- Na, ich weiß ja nicht, wie heißt denn der Kellner?
- Horst, bitte!
- Martin, nenn deine Mutter nicht Horst, du weißt, Sie mag das nicht.
- Du bist gar nicht meine Mutter!
Hoppla, dachte ich, jetzt Martin, jetzt hast du aber einen Fehler gemacht. Ich preßte meine Faust in meine Seite, damit mir die Tränen hochstiegen, um sie dann mühsam wieder unterdrücken zu können.
- Was bin ich nicht? 12 Stunden hab ich im Kreißsaal gelegen, weil du zu blöd warst, dich vernünftig zu positionieren, 12 Stunden voller Schmerz und Pein, und jetzt sagst du, ich bin nicht deine Mutter.
Nun brach ich strategisch klug in Tränen aus, fingerte nach einem Taschentuch und wischte sehr geschickt dabei meine Kaffeetasse vom Tisch. Damit war schonmal gewährleistet, daß alle anderen Gäste im Lokal nur noch auf uns schauten. Martin wurde so rot, daß die vorbeifahrenden Autos auf dem Kudamm scharf bremsten.
- Horst, bitte.
- Wie heiß ich?
- Mutter, ich meine Mutter, es tut mir leid.
- Das meinst du nicht ehrlich.
- Doch, das mein ich total ehrlich.
- Gut, dann steh jetzt auf und sag all den Leuten hier laut und deutlich: Das ist meine geliebte Mutter!
- Nein, bitte!
- Das ist meine geliebte Mutter!
- Gibt's denn keinen anderen Weg.
- Nein, nein, nein, du tust gefälligst, was deine Mutter dir sagt.
- Horst, das Spiel ist beendet.
- Nein, ich will dich erst noch enterben!
- Das Spiel ist aus!
- Na gut!
Obwohl ich meine Sache verdammt gut gemacht hatte, schien Martin irgendwie unglücklich. Noch einmal versuchte ich ihn aufzuheitern.
- Weißt Du Martin, mein Sohn, ich hab's doch nur für dich getan. Du bist jetzt perfekt vorbereitet, schlimmer als ich kann deine andere Mutter niemals sein. Und wenn sie jetzt kommt, wirst du sie mit mir vergleichen, und du wirst sie mehr lieben als jemals zuvor.
Und als ich dies sagte, da lächelte Martin. Und ich lächelte zurück, so daß ich gerade noch im Augenwinkel erkennen konnte, wie seine Faust in ungeheurer Geschwindigkeit auf mein Gesicht zueilte.
Als ich Stunden später wieder zu mir kam, da mußte ich denken, was wir Eltern leider wohl alle irgendwann von unseren Kindern denken müssen: Von mir hat er das jedenfalls nicht.
Im Baumarkt
- Hee, Sie hallo, wo kommt denn hier das Sägeblatt in die Stichsäge?
- Können Sie mit ner Stichsäge umgehen?
- Aber hallo, klar. Ich bin auf nem Bauernhof groß geworden, da war immer zu tun, ich bin nicht so ein unwissender, handwerklich ungeschickter Stadtmensch, wie Sie
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