Die Welt ist nicht immer Freitag
Geil, Sex in der Wahlkabine! Find ich geil!
Sie nickte zufrieden, und ich konnte nicht verhindern, daß mein Knie vor Freude hüpfte, an den Tisch stieß und erneut die Blumenvase umkippte. Alles lief perfekt, und jetzt lachte sie sogar. Aber verdammt, dieses Lachen kannte ich doch. Um Gotteswillen. Sie war die Frau, auf deren Toilette ich eingeschlafen war. Oh, oh, oh. Sie erkannte an meinem Gesicht, daß ich mich wieder an sie erinnerte. Mir wurde schlecht.
- Is schon gut, Horst, mittlerweile, mit etwas Abstand, find ich die Geschichte selbst fast lustig.
- Ehrlich, es tut mir leid. Und übrigens, ich bin gar nicht so blöd, ich weiß, daß Sex in der Wahlkabine nicht geht.
Sie lachte, ich lachte auch, und es wurde ein richtig schöner Abend. Die Anzeige in der Zeitung hatte sie nur für mich aufgegeben. Sie hatte geahnt, daß ich darauf reagieren würde. Wir tranken und lachten weiter, und am Ende lud ich sie in meine Wohnung ein.
Als wir die Wohnung betraten, bat ich sie kurz zu warten, damit ich das Schlafzimmer zumindest noch in einen einigermaßen erträglichen Zustand bringen konnte. Sie sagte, sie müsse sowieso noch auf Toilette. Ich kramte die Wäscheberge, Zeitungen und Bücher auf einen großen Haufen, warf eine Decke drüber und beschloß, das Ganze als Designersessel zu bezeichnen, ais mir plötzlich ein schrecklicher Verdacht kam.
Ich riß die Schlafzimmertür auf, und sah sie gerade noch mit einer Wolldecke, meinem Schlafsack, der Hälfte meines Kühlschrankinhaltes, einem Radio und mehreren Büchern in meiner Toilette verschwinden und von innen abschließen. Okay, ich würde nicht an die Tür trommeln und sie bitten aufzuwachen. Sie sollte ihre Rache haben. Sie hatte alles Recht dazu. Verdammt, sie war wirklich gut. Still lächelnd ging ich durch mein Zimmer, schaute aus dem Fenster und freute mich über die Dixi-Toilette auf der Baustelle gegenüber.
Das Gespräch
Der Nachtbus ist ziemlich leer. Total leer, um genau zu sein. Nur ein einziges Pärchen sitzt noch auf der Bank neben mir.
Die beiden sagen nix, gar nix. Ich beobachte sie.
Ihr Blick sagt, irgend etwas stimmt nicht.
Ihre Körperhaltung verrät, es hat irgendwie mit ihm zu tun.
Die kleinen Furchen auf ihrer Stirn lassen erahnen, das Ganze geht vermutlich nicht gut aus.
So sitzen sie schweigend nebeneinander. Ziemlich lange. Reale Zeit: drei Stationen. Für die beiden gefühlte Zeit: rund 6 Monate, plus/minus 20 Tage.
Ich bin froh, daß ich nicht die beiden bin, finde aber trotzdem, sie sollten über ihr Problem reden. Schon allein meinetwegen, mir ist doch auch langweilig. Ich finde die zwei ein bißchen rücksichtslos. Fühlen sie sich etwa beobachtet, quatsch, wir drei sind doch völlig allein. Ich beschließe, es ihnen ein wenig leichter zu machen, indem ich mein Buch raushole und die Nase da reinstecke. Ich kann sowieso besser zuhören, wenn meine Augen auf irgend etwas starren können.
Das klappt. Endlich hält er die Stille nicht mehr aus und wagt einen Vorstoß:
- Ach komm, laß uns das Thema wechseln.
- Welches Thema?
- Keine Ahnung, aber ich bin mir sicher, mir wäre ein anderes Thema lieber.
- Nein, du wirst dich jetzt einmal damit auseinandersetzen.
- Womit?
- Das weißt du ganz genau. Oder hörst du mir etwa nicht zu.
- Natürlich höre ich dir zu.
- Dann würde mich jetzt mal dein Standpunkt dazu interessieren.
- Ääähh, naja, ich denke, man kann die Sache so und so sehen.
- Nennst du das etwa einen Standpunkt?
- Nein, nicht direkt, aber worum geht's denn überhaupt?
- Na toll. Du weißt also wiedermal überhaupt nicht, worum es geht. So bist du!
Wieder Schweigen. Die Sache läßt sich aber ganz gut an. Hoffentlich müssen die zwei nicht so früh aussteigen. Er nimmt das Gespräch wieder auf.
- Geht's um meinen Alkoholkonsum?
- Nein.
- Hm. Darum, daß ich oft zu wenig aufmerksam bin?
- Nein.
- Äh, geht's ums Kinderkriegen?
- Nein, aber wo du schon davon anfängst, wir sollten mal darüber reden.
Die Sache fängt an, interessant zu werden.
- Du hast mit deinen Freundinnen gesprochen?
- Ja, zufällig. Und jetzt fängst du auch noch damit an. Das ist doch irgendwo ein Zeichen, oder?
- Ich dachte, wir wollten uns damit noch ein wenig Zeit lassen.
- Du hast doch davon angefangen.
- Naja…
- Außerdem, so viel Zeit ist gar nicht mehr. Ich bin jetzt…
- Ich weiß, wie alt du bist.
- Immerhin.
Der Bus hält an meiner Station. Ich beschließe, daß es ein Skandal ist, daß sich die
Weitere Kostenlose Bücher