Die Welt ohne uns
taube Gestein hindurchgeschlängelt hat, tritt es mit einer überdurchschnittlichen Konzentration an Schwermetallen zutage. Bei dem hochgerechneten Energiebedarf der Erde sind Industriegeologen – und Industriegegner – der Meinung, dass die Kohlevorkommen in den Vereinigten Staaten, China und Australien noch 600 Jahre reichen werden, und durch diese Abbaumethode kann man viel schneller viel größere Mengen fördern.
Wenn die Menschheit morgen von der Erdoberfläche verschwände, bliebe diese Kohle bis zum Ende unseres Planeten unter der Erde. Bleiben wir hingegen noch einige Jahrzehnte hier, wird ein Großteil der Kohle verschwinden, weil wir sie abbauen und verbrennen. Doch sollte ein unwahrscheinliches Vorhaben reibungslos klappen, würde eines der problematischsten Nebenprodukte der Kohleenergie wieder unter die Erde befördert werden und damit der fernen Zukunft des Planeten ein weiteres Vermächtnis hinterlassen.
Dieses Nebenprodukt ist Kohlendioxid und der Plan, der sich wachsender Beliebtheit erfreut – vor allem bei der Industrie, die die »saubere Kohle« propagiert –, sieht vor, dass man das CO 2 einfängt, bevor es die Schornsteine der Kohlekraftwerke verlässt, es unter die Erde verbringt und dort lässt. Für immer.
Das soll folgendermaßen gehen: Unter Druck gesetztes Kohlendioxid soll in bestimmte Wasser führende Gesteinsschichten (saline Aquifere) gepresst werden, die in vielen Gebieten der Erde unter undurchdringlichem Hutgestein in Tiefen von 300 bis 2500 Metern liegen. Dort geht das Kohlendioxid angeblich in Lösung und bildet eine schwache Kohlensäure – so etwa wie salziges Mineralwasser. Nach und nach reagiert die Kohlensäure mit dem Fels in der Umgebung, der sich auflösen und langsam als Dolomit und Kalkstein ausgefällt würde, sodass das Treibhausgas im Stein eingeschlossen wäre.
Seit 1996 lagert das norwegische Unternehmen Statoil jährlich eine Million Tonnen Kohlendioxid in einer Salzformation unter der Nordsee ab: Wegen der hohen CO 2 -Steuern in Norwegen wird das Treibhausgas mit einem speziellen Verfahren aus dem Erdgas ausgewaschen und ohne Umweg über die Atmosphäre gleich unter hohem Druck in die Tiefe befördert. In Alberta wird CO 2 in ausgeförderte Erdgasstätten gepumpt.
Abgesehen von den Kosten, die es verursachen würde, genügend Löcher zu bohren, das Kohlendioxid aller Industrieanlagen und Kraftwerke aufzufangen, unter Druck zu setzen und unter die Erde zu pressen, bleibt die bedenkliche Tatsache, dass Leckagen schwer zu entdecken sind, sodass sich das Kohlendioxid irgendwann wieder in der Luft befände. Wir wissen zwar, dass die Natur Gase ohne Leckagen speichern kann, etwa das Methan, das seit Jahrmillionen unter dem kanadischen Permafrost gefangen ist. Die Frage lautet, ob auch uns das gelänge.
Archäologisches Zwischenspiel
Wir tragen Berge ab und häufen unwissentlich Hügel auf.
Vierzig Minuten nordwestlich der Stadt Flores an dem See Petén Ixta im Norden Guatemalas führt eine gepflasterte Touristenstraße zu den Ruinen von Tikal, der größten antiken Maya-Stätte, deren weiße Tempel fast 70 Meter über über dem Dschungel aufragen.
In entgegengesetzter Richtung brauchte man – bis Ausbesserungsarbeiten unlängst die Fahrzeit halbierten – auf dem zerfurchten Weg drei mühselige Stunden, um den heruntergekommenen Außenposten Sayaxche zu erreichen, wo das Militär eine MG-Stellung auf einer Maya-Pyramide errichtet hat.
Sayaxche liegt am Río Pasión – dem Passionsfluss –, der sich träge durch den westlichen Teil der Provinz Petén wälzt, dem Zusammenfluss von Usamacinta und Salinas entgegen, zwei Flüssen, die zusammen Guatemalas Grenze zu Mexiko bilden. Der Pasión war einst eine wichtige Handelsstraße für Jade, erlesene Tonwaren, Quetzalfedern und Jaguarfelle. In jüngerer Zeit wird auf diesem Weg auch Schmuggelware befördert: Mahagoni- und Zedernholz, Opium von den Mohnfeldern im Hochland Guatemalas und geraubte Maya-Kunstschätze. Anfang der neunziger Jahre transportierte man aber in Holzbarkassen auf einem gemächlichen Nebenfluss des Pasión, dem Riochuelo Petexbatún, auch große Mengen zweier eher schlichter Güter, die im Petén aber wahrer Luxus sind: verzinkte Wellblechdächer und kistenweise Dosenfleisch.
Beides war für das Basislager bestimmt, das Arthur Demarest von der Vanderbilt University aus Mahagonibrettern auf einer Dschungellichtung für eine der größten archäologischen Ausgrabungen der
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