Die Welt ohne uns
der Hundefamilie, mit einem Paar furchterregender Fangzähne.
Der bekannteste dieser ausgestorbenen Kolosse, das Wollmammut der nördlichen Breiten, ist nur einer von vielen Elefantenartigen, andere sind das Amerikanische Mammut (Mammuthus Imperator), mit einem Gewicht von zehn Tonnen das größte von allen, das haarlose Präriemammut, das in wärmeren Breiten lebte, und auf den kalifornischen Kanalinseln ein Zwergmammut, das nicht größer als ein Mensch war – nur die hundegroßen Elefanten auf einigen Mittelmeerinseln waren kleiner. Mammute waren Grasfresser, ihre Evolution hatte in Steppe, Grasland und Tundra stattgefunden, im Gegensatz zu ihren viel älteren Verwandten, den Mastodonten, die in Wäldern ästen. Mastodonten gab es dreißig Millionen Jahre lang in einer Region zwischen Mexiko, Alaska und Florida – doch plötzlich waren auch sie ausgestorben. Drei Gattungen amerikanischer Pferde: ausgestorben. Verschiedene Spielarten nordamerikanischer Kamele, Tapire, zahlreicher Geweihtiere, vom zierlichen Gabelbock bis zum Hirschelch, der wie eine Kreuzung zwischen Elch und Wapiti aussah, aber größer als beide – alle ausgestorben, zusammen mit dem Säbelzahntiger und dem Amerikanischen Geparden (Miracinonyx). Alle ausgestorben. Und alle fast gleichzeitig. Was, so fragte sich Paul Martin, mochte das verursacht haben?
Im Jahr darauf arbeitete er auf Tumamoc Hill, wieder über ein Mikroskop gebeugt. Dieses Mal handelte es sich bei den vergrößerten Objekten, die er betrachtete, jedoch nicht um Pollenkörner, die von einer luftdichten Schlammschicht an einem Seegrund vor dem Vermodern bewahrt worden waren, sondern um Fragmente, die ihre Konservierung der Trockenheit in einer Höhle des Grand Canyon verdankten. Bald nach seiner Ankunft in Tucson hatte ihm sein neuer Chef im Desert Laboratory einen grauen Erdklumpen von der ungefähren Größe und Form eines Tennisballs ausgehändigt. Er war mindestens zehntausend Jahre alt, aber ganz eindeutig ein Kotballen. Mumifiziert, aber nicht versteinert, ließ er Fasern von Gräsern und blühenden Kugelmalven erkennen. Die vielen Wacholderpollen, die Martin entdeckte, bestätigten das hohe Alter seines Untersuchungsgegenstandes: Die Temperaturen am Boden des Grand Canyon waren schon seit acht Jahrtausenden nicht mehr kühl genug für Wacholder.
Das Tier, das diesen Kot ausgeschieden hatte, war das ausgestorbene Bodenfaultier Nothrotheriops shastensis. Heute gibt es nur noch zwei baumbewohnende Faultierarten in den tropischen Gebieten Zentral- und Südamerikas, klein und leicht genug, um hoch über dem Boden in den Wipfeln des Regenwaldes leben zu können, außer Reichweite ihrer Fressfeinde. Dieses Faultier war jedoch groß wie eine Kuh gewesen. Es ging auf den Knöcheln wie ein anderer heute noch existierender Verwandter, der südamerikanische Große Ameisenbär, um seine Klauen zu schützen, die es brauchte, um sich Nahrung zu beschaffen und sich zu verteidigen. Es wog eine halbe Tonne, war aber trotzdem die kleinste der fünf Faultierarten, die in Nordamerika zwischen dem Yukon und Florida lebten. Die in Florida anzutreffende Spielart war so groß wie ein Elefant und wog mehr als drei Tonnen. Damit war es nur halb so schwer wie ein Bodenfaultier in Argentinien und Uruguay, das sechs Tonnen auf die Waage brachte und das größte Mammut überragte.
Zehn Jahre gingen ins Land, bevor Paul Martin dazu kam, die Öffnung in der roten Sandsteinwand des Grand Canyon über dem Colorado River in Augenschein zu nehmen, wo die erste Dungkugel gefunden worden war. Zu diesem Zeitpunkt war das ausgestorbene Amerikanische Bodenfaultier für ihn weit mehr als nur eines von vielen überdimensionalen Säugetieren, die im rätselhaften Dunkel der Vergangenheit verschwunden waren. Das Schicksal der Faultiere lieferte Martin den seiner Meinung nach schlüssigen Beweis für eine neue Theorie, während sich die Untersuchungsdaten wie Sedimentschichten ansammelten. In der Rampart-Höhle lag ein riesiger Dunghaufen, der dort, wie seine Kollegen und er meinten, von unzähligen Generationen weiblicher Faultiere stammen musste, als sie in der Höhle Schutz suchten, um ihre Jungen zur Welt zu bringen. Der Misthaufen war anderthalb Meter hoch, drei Meter breit und mehr als 30 Meterlang.
Als ihn einige Vandalen zehn Jahre später in Brand setzten, brannte dieser uralte Dunghaufen monatelang, so groß war er. Doch Martin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits selbst Feuer in der paläontologischen
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