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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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Virginia und im Laufe der nächsten zweihundert Jahre sollten Paläontologen dort und anderswo beweisen, dass viele Arten tatsächlich ausgestorben waren. Charles Darwin fand dann heraus, dass dieser Prozess des Aussterbens ein wichtiger Teil des Naturgeschehens ist – eine Spielart geht in die nächste über, um veränderten Bedingungen gerecht zu werden, eine andere verliert ihre Nische an einen überlegenen Konkurrenten.
    Eine Sache allerdings beschäftigte Thomas Jefferson und andere nach ihm: Die Überreste dieser Großsäuger schienen gar nicht so alt zu sein. Es handelte sich nicht um stark mineralisierte Fossilien, die in massive Gesteinsschichten eingebettet waren. Stoßzähne, andere Zähne und Kieferknochen an Orten wie Big Bone Lick in Kentucky (jener Salz-Schwefel-Quelle, wo die vielen Knochen von Großsäugern gefunden wurden) lagen verstreut auf dem Boden, ragten aus flachen Schlammlöchern hervor oder fanden sich auf dem Grund von Höhlen. Die Großsäuger, zu denen sie gehörten, konnten noch nicht lange ausgestorben sein. Was war mit ihnen geschehen?
    Das Desert Laboratory der University of Arizona wurde vor mehr als hundert Jahren auf dem Tumamoc Hill erbaut, einer Anhöhe in Südarizona, von der man auf den damals schönsten Kakteenbestand Nordamerikas und, dahinter, auf Tucson blickte. Seit über 40 Jahren arbeitet dort der Paläoökologe Paul Martin. In diesem Zeitraum verschwand die Wüste am Fuße von Tumamocs kakteenbedeckten Hängen unter einem unruhigen Muster von Wohngebäuden und Gewerbebetrieben. Heute liegen die schönen alten Steingebäude auf einem Gelände, das bei Immobilienmaklern als das Bauland mit der großartigsten Aussicht gilt. Doch wenn Paul Martin durch das Moskitogitter in der Türleibung seines Labors hinausblickt, denkt er weniger daran, was sich in den letzten hundert Jahren hier verändert hat, als an die letzten 13000 Jahre – seit sich die ersten Menschen hier ansiedelten. 1956, ein Jahr vor seinem Eintreffen im Wüstenlabor, hatte Paul Martin im Rahmen eines Postdoc-Stipendiums der University of Montreal den Winter in einem Farmhaus in Quebec verbracht. Eine Polioerkrankung, die er sich zuzog, als er in Mexiko Vögel für sein Zoologiestudium sammelte, hatte seine Forschung aus dem Feld ins Labor verlagert. In Kanada untersuchte er im Mikroskop Bohrproben aus Sedimenten neuenglischer Seen, die bis zum Ende der letzten Eiszeit zurückreichten. Die Proben zeigten, wie sich die Ufervegetation, als das Klima milder wurde, von der baumlosen Tundra über den Nadelzum Laubwald der gemäßigten Breiten wandelte – eine Entwicklung, die einige Forscher für das Aussterben des Mastodons verantwortlich machten.
    An einem verschneiten Wochenende, als Martin es müde war, die winzigen Pollenkörner zu zählen, griff er zu einem Taxonomiebuch und begann die Zahl der Säugetiere zu ermitteln, die im Laufe der letzten 65 Millionen Jahre in Nordamerika verschwunden waren. Als er zu den letzten drei Jahrtausenden des Pleistozäns kam, das von 1,8 Millionen bis 10000 Jahre vor unserer Zeit dauerte, fiel ihm etwas Merkwürdiges auf.
    In dem Zeitrahmen, der seinen Sedimentproben entsprach und vor etwa 13 000 Jahren begann, hatte ein plötzliches Massensterben in der Tierwelt begonnen. Zu Beginn der nächsten geologischen Epoche – des bis heute andauernden Holozäns – waren fast 40 Arten ausgestorben, durchweg große Landsäugetiere. Mäuse, Ratten, Spitzmäuse und andere kleine Pelztiere kamen unbeschadet davon, genauso die Meeressäuger. Die irdische Megafauna hatte jedoch fürchterliche Verluste erlitten.
    Unter den ausgestorbenen Arten befand sich eine Vielzahl von überdimensionierten Säugetieren: die Riesengürteltiere und die noch größeren Glyptodonten, die aussahen wie gepanzerte Volkswagen, mit Schwänzen, die in stachelbewehrten Keulen endeten. Dann war da der gewaltige Kurznasenbär, fast doppelt so groß wie ein Grizzly und dank seiner besonders langen Extremitäten viel schneller – es gibt eine Theorie, derzufolge diese riesigen Kurznasenbären der Grund waren, warum die in Sibirien lebenden Menschen die Beringstraße nicht schon viel früher überquert haben. Ungeheure Biber, so groß wie die heutigen Schwarzbären. Riesenpekaris, möglicherweise eine Beute für den Panthera leo atrox, den Amerikanischen Löwen, der erheblich größer und schneller war als die heute in Afrika lebenden Arten, genau wie der Canis dirus, der »schreckliche Wolf«, die größte Art

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