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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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Welt gelegt, als er eine Theorie vorschlug, die das plötzliche Verschwinden von Millionen von Bodenfaultieren, Wildschweinen, Kamelen, Elefantenartigen und zwanzig Pferdearten erklärte – insgesamt sechzig Gattungen von Großsäugern in der gesamten Neuen Welt, alle in dem winzigen geologischen Zeitraum von tausend Jahren:
    »Es ist ganz einfach. Als Menschen aus Afrika und Asien in andere Erdteile vorzudringen begannen, war dort der Teufel los.«
    Nach Martins Theorie, die schon bald bei Anhängern wie Gegnern »Blitzkrieg« hieß, begegneten die Menschen auf jedem neuen Kontinent, zunächst vor rund 48000 Jahren in Australien, riesigen Tieren, die keinen Grund zu der Annahme sahen, diese lächerlichen zweibeinigen Zwerge könnten ihnen in irgendeiner Weise gefährlich werden. Zu spät erkannten sie, dass sie sich geirrt hatten. Selbst als die Hominiden noch Homines erecti waren, stellten sie bereits Äxte und Beile in Massenproduktion her, etwa in der Gegend von Olorgesailie in Kenia, die Mary Leakey Jahrmillionen später bei Grabungen entdeckte. Als eine Gruppe von ihnen vor 13000 Jahren auf dem amerikanischen Kontinent eintraf, gehörte sie schon seit mindestens 50000 Jahren der Spezies Homo sapiens an. Dank ihrem vergrößerten Gehirn hatten die Menschen zu diesem Zeitpunkt schon raffinierte Waffentechniken entwickelt: Sie befestigten gerillte Steinspitzen an Holzschäften und fertigten Speerschleudern, mit deren Hebelwirkung sie Speere so schnell und treffsicher beschleunigten, dass sie gefährliche große Tiere aus relativ sicherer Entfernung erlegen konnten.
    Die ersten Amerikaner waren nach Martins Auffassung die Menschen, die es so geschickt verstanden, jene blattförmigen Speerspitzen aus Feuerstein herzustellen, die man in ganz Nordamerika findet. Diese Menschen und ihre Steinspitzen werden der Clovis-Kultur zugerechnet, benannt nach der ersten Fundstelle in New Mexico. Radiokarbondatierungen organischer Materie, die man dort und an anderen Fundstellen fand, haben frühere Schätzungen präzisiert; heute sind sich die Archäologen einig, dass bereits vor 13 500 Jahren Clovis-Menschen in Amerika lebten. Heftig umstritten ist allerdings noch die Frage, was ihre Anwesenheit tatsächlich bedeutete, angefangen mit Paul Martins These, Menschen seien für das Massensterben verantwortlich, das am Ende des Pleistozäns drei Viertel der amerikanischen Megafauna vernichtet hat, die eine weit größere Artenvielfalt bot als das heutige Afrika.
    Das wichtigste Argument für Martins Blitzkriegtheorie ist der Umstand, dass an mindestens vierzehn dieser Fundstellen zusammen mit den Skeletten von Mammuten und Mastodonten Clovis-Steinspitzen gefunden wurden, von denen einige sogar noch zwischen den Rippen der Tiere steckten. »Wenn sich Homo sapiens nie entwickelt hätte«, so Martin, »gäbe es in Nordamerika dreimal so viele Halbtonner unter den Tieren wie im heutigen Afrika.« Er zählt die fünf heutigen afrikanischen Arten auf: »Flusspferde, Elefanten, Giraffen, zwei Nashornarten. Wir hatten fünfzehn. Sogar noch mehr, wenn wir Südamerika hinzuzählen. Dort unten gab es erstaunliche Säugetiere. Litopterna, die aussehen wie ein Kamel mit Nüstern auf dem Nasenrücken statt an der Spitze. Oder Toxodonten, Ein-Tonnen-Monster, äußerlich eine Kreuzung zwischen Nashorn und Flusspferd, anatomisch jedoch keines von beiden.«
    Sie alle gab es, sie alle sind ausgestorben, das steht zweifelsfrei fest, wie die fossilen Funde zeigen, allerdings ist sich die Wissenschaft nicht einig, wie es dazu kam. Ein Einwand gegen Paul Martins Theorie erwächst aus Zweifeln daran, dass die Angehörigen der Clovis-Kultur tatsächlich die ersten Menschen waren, die in die Neue Welt gelangten. Neben den Indianern, die die Vorstellung einer Einwanderung über die Landbrücke in der Beringsee als Angriff auf ihre Religion werten, bezweifeln auch einige Archäologen, dass es auf dieser Landverbindung tatsächlich einen eisfreien Korridor gegeben habe, und nehmen daher an, die ersten Amerikaner müssten auf dem Wasserweg eingetroffen sein; sie hätten den Eisschild umfahren und seien an der Pazifikküste südwärts gesegelt. Wenn schon fast vierzigtausend Jahre zuvor Boote von Asien nach Australien gelangt seien, warum dann nicht so viel später auch Boote von Asien nach Amerika?
    Wieder andere verweisen auf einige archäologische Fundstellen, von denen behauptet wird, sie seien älter als die Clovis-Kultur. Die Archäologen, die im

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