Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)
sein musste. Doch er wollte Medusa sehen, auch wenn das hieß, dass sie ihn ebenfalls zu sehen bekommen würde. Und er wusste, wusste es einfach, dass Medusa sein Bild keinem anderen weitergeben würde. »Damit würden wir nicht unsere Identitäten preisgeben. Ich werde es keinem zeigen, wenn du es auch nicht tust.«
Medusa wich zurück.
»Falls du dir Sorgen um deine Identität machst, ich werde niemandem verraten, wie du aussiehst«, gelobte Tom, der spürte, wie sie sich zurückzog. »Ganz bestimmt nicht.«
Medusa starrte ihn im flackernden Licht der Fackeln an. »Ich muss dir etwas sagen. Der Gipfel im Kapitol steht kurz bevor.«
»Äh, ja, das weiß ich schon«, sagte Tom. Es lief ja immerhin überall in den Nachrichten.
»Elliot Ramirez wird dort kämpfen, aber alle hier wissen, dass er einen Vertreter haben wird.«
»Ja, so wie das bei Svetlana auch immer ist.«
»Ein Vertreter wie Alec Tarsus.«
Toms Herz setzte aus. Woher kannte sie diesen Namen?
Ihre nächsten Worte ließen ihm das Blut aus den Wangen weichen. »Oder Heather Akron. Oder Cadence Grey. Oder Karl Marsters.«
Das waren alles Mitglieder der Camelot Company.
Ihre Identitäten waren geheim. Medusa konnte sie nicht kennen. Das durfte sie nicht. Es sei denn …
Es sei denn, es gab irgendwo ein Leck.
Und zwar ein ernstes, sehr ernstes Leck.
»Ich habe mittlerweile alle Namen aus der Camelot Company gehört. Mitsamt ihren IPs. Es wird heute in den Nachrichten gesendet. Vielleicht ist es besser, wenn du jetzt gehst.« Sie blickte ihn eindringlich an. »Das dürfte sicherer für dich sein.«
Tom begriff, was sie damit meinte. Er schluckte heftig. »Ja, ich sollte dann wohl lieber gehen.«
Er zog sich seinen VR -Helm ab. Das Stimmengemurmel um ihn herum wirkte nicht besänftigend oder beruhigend. Tom sah den leeren Bildschirm an der Wand, und er bekam einen trockenen Mund, wohl wissend, dass es im Internet keine wirkliche Privatsphäre gab, auch nicht bei all seiner Vorsorge, all seiner Vorsicht, sich nur von außerhalb des Turms mit ihr zu treffen.
Die Identitäten der Mitglieder der CamCo waren aufgeflogen. So etwas würde hohe Wellen schlagen.
Und dabei würde nichts Gutes herauskommen.
FÜNFUNDZWANZIG
D ie Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer auf seinem Rückweg zum Turm. Aus Gesprächen von Leuten in der U-Bahn fing er Fetzen der besagten Namen auf. Namen, die der allgemeinen Öffentlichkeit nicht hätten bekannt sein sollen. Heather … Alec … Ralph … Emefa … Bis er das Pentagon erreicht hatte, hatte er alle Namen gehört. Sämtliche Kombattanten der CamCo waren aufgeflogen.
Und als er im Turm ankam, stellte es sich als die Katastrophe heraus, die er befürchtet hatte. Die Nachricht hatte ein Tohuwabohu ausgelöst; Rekruten umdrängten Tische in der von hektischem Stimmengewirr erfüllten Kantine. Die normalerweise nicht aktiven, in die Wände integrierten Bildschirme waren allesamt eingeschaltet und gaben die Nachrichten wieder.
Tom ging an mehreren CamCo-Mitgliedern vorbei. Snowden Gainey von der Napoleon Division hüpfte mehr oder weniger auf der Stelle und unterhielt sich aufgeregt mit Mason Meekins von Hannibal, der mit finsterem Gesichtsausdruck den Bildschirm in seiner Nähe betrachtete. Als Tom in den Aufzug trat, sah er auch dort auf dem normalerweise nicht aktiven, nur Notfällen vorbehaltenen Bildschirm die Nachrichten laufen. Der Reporter redete, während die Kamera über Fotos diverser aufgeflogener CamCo-Mitglieder schwenkte, Fotos aus Jahrbüchern, dem Internet und anderen Quellen. Als er das Jahrbuchfoto eines bebrillten Mädchens mit vorstehenden Zähnen und dichten Ponylocken sah, haute es ihn fast von den Socken. Der Bildlegende zufolge handelte es sich um Heather Akron.
Als Tom seine Stube erreichte, setzte ihn Vik über alles ins Bild, was im Verlauf der letzten Stunde Thema gewesen war: Die chinesischen Staatsnachrichten hatten sämtliche Identitäten der Mitglieder der CamCo veröffentlicht und sogar behauptet, man habe die » IP s ihrer PC s ausfindig gemacht.« Wer beim Militär war und von Neuronalprozessoren wusste, erkannte die wahre Bedeutung dieser Aussage: Über die IP -Adressen ließen sich jetzt die echten Namen der Camelot-Company-Kombattanten zusammensuchen.
»Elliot Ramirez muss tausend Tode sterben«, meinte Vik. »Er ist jetzt nicht mehr das einzige berühmte Gesicht hier.«
Tom dröhnte der Schädel. »Das ist übel.«
Vik warf sich auf sein Bett und schleuderte seine
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