Die Weltenzerstörer - 18
seines Traumes durch; im nächtsen Moment war er auf den Beinen, er rannte halb bekleidet durch den Korridor. Kerals Schritte folgten den seinen. Eine Tür flog auf und knallte an die Wand. Die dunkle Gestalt des Eindringlings drohte. Melora atmete langsam und mühevoll; ihre Pupillen waren farblos und erweitert. Keral bückte sich, hob etwas auf. Die dunkle, drohende Gestalt flog krachend gegen die Wand; Knochen brachen -und etwas starb. Meloras weißes Gesicht erschlaffte. Dann war der Raum mit Ärzten und Pflegerinnen gefüllt. David preßte seinen Mund auf den Meloras und gab Atemhilfe. Atmen. Atmen. Nur atmen. David wurde abgelöst. Keral stand totenblaß daneben und hatte das Baby in den Händen. „Man muß etwas tun”, sagte er mit einer Stimme, die unwirklich klang. „Ich glaube, es sind Rippen gebrochen.” Das Baby begann zu weinen. Gott sei Dank, es lebte.
„In dieser Tasche hier”, sagte eine Stimme. „Die gleiche Droge, mit der man sie betäubt hat. Auch die Pflegerin ist betäubt. Dr. Hamilton, was brachte Sie her? Es scheint, als hätten Sie damit zwei Morde verhindert.”
„Ich weiß es nicht, was es war”, antwortete David. „Hast du gerufen, Keral? Ich weiß nur, daß ich aufwachte und wußte, Melora und das Baby seien in Gefahr.”
Dann drängten sich Hospitalbeamte um den Toten in der Ecke. „Wer ist das?” fragte einer, aber niemand kannte ihn. „Eine feine Sache! Regis Hastur vertraut uns seinen Sohn an, und dann will man ihn und das Mädchen im Terranerhospital ermorden. Man stelle sich das politische Kapital vor, das sich daraus schlagen läßt.”
David konnte sich darauf keinen Reim machen, so aufgewühlt war er noch. Es dauerte mehr als eine Stunde, ehe Malora wieder normal atmete, und dann war Keral nicht mehr da. David fehlte der Trost von Kerals Anwesenheit.
Regis kam, war weiß wie eine Leiche und zutiefst erschüttert. Wortlos umarmte er David und drückte seine Wange an die des Terraners.
Diese Berührung riß den Nebel in Davids Gehirn auf. Er wußte plötzlich, daß er wach war, daß kein verwirrender Alptraum ihn peinigte. „Es ist alles gut, Regis”, sagte er. „Beide werden leben, und es wird nichts mehr passieren, da nun alle gewarnt sind. Aber wo ist Keral? Was ist mit ihm geschehen?”
Er hatte eine Vision von Kerals blassem, entsetztem Gesicht, als er über der Leiche des Eindringlings stand. Kein Chieri hat je ein lebendes Wesen getötet. Er ißt nicht einmal Fleisch.
David wußte plötzlich, daß er Keral in seinem Zimmer finden würde, und er lag auch dort zusammengekrümmt, ein kaum atmendes und wortloses Bündel Elend auf seinem Bett. David drehte ihn um, und wieder nahm ihn die erlesene Schönheit des Chieri gefangen. David fiel die Wirrnis seines Traumes ein, und ein Gefühl erschütternder Scham überkam ihn. Aber diesen Gedanken schob er entschlossen von sich.
Keral braucht dich, und du kannst ihn nicht mit menschlichen Maßstäben oder mit deinem persönlichen Sexbedürfnis messen…
Keral war eiskalt, und David nahm ihn fest in die Arme. Immer wieder sprach er seinen Namen. „Keral, ich bin es, David. Ich bin bei dir. Alles ist gut, Keral. Keral, bleib bei mir. Du darfst nicht sterben…” Und dazu schickte er sich selbst und sein ganzes Sein aus, um ihn ins Leben zurückzurufen.
Ich suche dich im Nirgendwo, um dich aus der Verzweiflung und Angst zurückzuholen … Dann spürte er die Antwort:
Ich habe ein Lebewesen getötet. Er hatte das Kind in den Händen, um es zu töten. Und nun sterbe ich in seinem Tod, ertrinke in dessen Dunkelheit…
Er stellte sich mit aller Lebhaftigkeit das Kind vor, wie dessen Herzschlag sich langsam wieder kräftigte, wie es durch die Dunkelheit zurückfand ins Leben. Und so kam auch Keral allmählich wieder aus.dem Nirgendwo zurück. David hielt ihn fest, bis der Chieri die schönen, sanften Augen aufschlug und voll unendlicher Trauer David ansah. „Ich wollte ihn nicht töten, wenn er auch böse war. Das Kind - was ist mit dem Kind?” „Dem Jungen geht es gut, Keral. Du hättest gar nicht anders handeln können. Beruhige dich. Alles wird wieder gut sein. Es ist nur der Schock, Keral …”
Allmählich erwärmte sich der eiskalte Körper wieder, und David ging, um etwas Heißes, Belebendes zum Trinken zu holen und nachzusehen, wie es Melora und dem Kind ging. Der Morgen graute schon, als er mit einem heißen Schokoladegetränk und der Nachricht zurückkehrte, daß es Melora und dem Kind gutgehe.
Ein paar Stunden
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