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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Engländer in Assam mithilfe dieser Pflanzen auf mühevolle Weise den Teeanbau in Gang. Bis dahin war das Teetrinken in Indien so gut wie unbekannt gewesen.
    Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts exportierte China mehr Tee als alle anderen Anbauländer zusammen. Tee wurde dann auch in Indien ein Nationalgetränk, hat dort aber nicht die Qualität, an die europäische Teetrinker gewöhnt sind. Neben Assam ist das Nilgiri-Gebirge in Südindien ein wichtiges Anbaugebiet.
    Der Teeanbau in Ceylon begann erst richtig nach 1870, also erst vor knapp 150 Jahren. Zur Zeit der Holländer war Zimt das wichtigste ceylonesische Ausfuhrprodukt, was aber in den Dreißigerjahren des 18. Jahrhunderts für die dort inzwischen tonangebenden Briten wirtschaftlich uninteressant geworden war. Dann bauten die Engländer Kaffee an. Aber 1869 wurden ihre Coffea-arabica -Pflanzungen vom Kaffee-Rost, einer Pilzkrankheit, zerstört. Damit wurde es auf dieser für das gesamte Empire strategisch wichtigen Insel dramatisch. Die britische Kronkolonie an der Südspitze Indiens war der Schlüssel zur Beherrschung der Seewege zwischen dem soeben fertiggestellten Suezkanal und dem Pazifik. Die Inselbrauchte eine solide wirtschaftliche Grundlage, sonst befürchteten die Briten Unruhen seitens der ruinierten Pflanzer, Aufstände der einheimischen Bevölkerung und der vielen Plantagenarbeiter, die die Briten aus Indien umgesiedelt hatten. Man versuchte es mit dem Anbau von Kautschukbäumen, was nicht gelang. Dann versuchte man es mit dem Chinarindenbaum, ebenfalls ein Misserfolg. Bereits seit 1860 wurde Tee im zentralen Hochland angebaut; dieser war für die britischen Plantagenbesitzer sozusagen die letzte Rettung. Seit etwa 1880 wurden Teesträucher hier im großen Maßstab angepflanzt. Um wiederum im Mutterland die Nachfrage anzuheizen, trank nun auch die Königsfamilie demonstrativ Tee und verlieh dem chinesischen Getränk, um das die Briten so erbarmungslos gerungen hatten, die höchsten gesellschaftlichen Weihen.
    Einen letzten Höhepunkt und Triumph der Segelschifffahrt markierten die Teeklipper um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Der besonders schnittige und schnelle Schiffstyp war eine amerikanische Erfindung, als längst Dampfschiffe auf den Weltmeeren unterwegs waren. Aber noch waren die Segelschiffe auf dem offenen Meer im Hinblick auf die Geschwindigkeit im Vorteil. Die Teeklipper transportierten in der Tat hauptsächlich Tee (und andere leichte und leicht verderbliche Waren). Mit ihnen begann die Zeit der Wettfahrten über die Weltmeere, so das Tea Race von 1866, bei dem die Taeping und die Ariel , die gleichzeitig in China losgefahren waren, schließlich »Brust an Brust den Ärmelkanal hinaufpreschten« ( Daily Telegraph ) und mit zwei Minuten Zeitunterschied im Londoner Hafen ankamen: Wer zuerst einlief, erzielte mit seiner »frischeren« Ware einen höheren Preis. Die jahrzehntelang vorherrschende Besessenheit vom »frischen Tee« war aber nichts als eine preistreibende fixe Idee. Drei Wochen alter Tee schmeckt genauso gut wie drei Jahre lang ordentlich gelagerter Tee. Die Londoner beobachteten das Finish auf der Themse jedes Jahr in volksfesthafter Stimmung.
    Der letzte Teeklipper war die Cutty Sark (heute in Greenwich bei London nach einem verheerenden Brand im Jahr 2007 wieder frischrestauriert zu besichtigen). Nach der Eröffnung des Sueskanals halbierten die inzwischen weiterentwickelten Dampfschiffe, die überdies fast nicht mehr vom Wind abhängig waren, die Fahrtzeit zwischen China und Europa (gut 40 Tage gegenüber vorher mehr als 100 Tagen rund um Afrika), wodurch die Wettrennen aus Asien endgültig obsolet wurden.
    Das Teeheimatland China ist nach wie vor das größte Teeanbauland. Die Produktion verdoppelte sich in den vergangenen zehn Jahren auf mittlerweile 1,5 Millionen Tonnen, ein Drittel der Welternte. 100 Millionen Menschen sind dort im Teeanbau beschäftigt, erstaunlicherweise in 70000 Klein- und Mittelunternehmen. Das ist aus der Sicht westlicher Ökonomen eine bäuerliche bis allenfalls mittelständische Struktur. Es gibt überhaupt nur zwei Großunternehmen.
    Was es trotz mehrtausendjähriger Teetradition überhaupt nicht gibt, ist eine weltweit bekannte chinesische Tee-Marke. Dabei existieren in China ausgesprochen wertvolle und teure Teesorten sowohl des von den Chinesen selbst bevorzugten grünen Tees, also auch beim Schwarztee, die in Shanghai zwischen 3500 und 6000 Euro pro Pfund (!) kosten. Natürlich werden

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