Die Weltgeschichte der Pflanzen
Kern auch ein Gemeinschaftsmahl ist, das zum Symbol wurde.
Import-Tee, die Sitte des Teetrinkens und schließlich auch der Teestrauch wurden während der Nara-Periode im achten Jahrhundert nach Japan verpflanzt, also zu einer Zeit, als in Europa die Karolinger die Macht an sich zogen und die Araber ihre Welteroberung rund um das südliche Mittelmeer abschlossen. DasInselreich orientierte sich damals intensiver als je zuvor unter Tenno Shomu (Regierungszeit um 725-750) am China der Tang-Dynastie mit seiner großen kulturellen Ausstrahlung in Ostasien. Die neue Hauptstadt Nara wurde nach dem Muster der chinesischen Hauptstadt Changsha angelegt. Die Japaner übernahmen die chinesischen Schriftzeichen und passten sie ihrer Sprache an.
Die eigenständig weiterentwickelte japanische Teezeremonie geht ebenfalls auf eine bereits in China ausgeprägte Teekultur zurück. Der japanische Kaiser Shomu selbst war tiefgläubig und förderte die Verbreitung des Buddhismus, der in Japan als Zen-Buddhismus noch größere Bedeutung erlangen sollte als in China. Der Buddhismus hatte in seinem Heimatland Indien bekanntlich nie eine Rolle gespielt, sondern sich in China, Tibet, Südostasien, Korea, bei den Mongolen und in Japan entfaltet; in Japan seit den ersten Kulturkontakten mit dem ostasiatischen Kontinent ab etwa 300 v. Chr., die auch den Reisanbau dorthin brachten.
Das Teetrinken in Japan war also seit seinen Anfängen um 750 mit der Oberschicht und einem bestimmten religiösen Bewusstsein verbunden. Es breitete sich im Mittelalter allmählich in der Bevölkerung aus.
Als Begründer der hochkomplexen Teezeremonie in Japan gelten der buddhistische Mönch Saicho– (um 800) und der buddhistische Priester Muso Kokushi, die dafür bestimmte Regeln festlegten. Der hochgelehrte Saicho spielte eine bedeutende Rolle beim Transfer des Buddhismus von China nach Japan. Von einer Studienreise in ein berühmtes Kloster im China der Tang-Zeit brachte er auch Teepflanzen mit, die bei Kyoto angepflanzt wurden. Diese Reise war keine monastische Pilgerfahrt, sondern im Auftrag des Tenno erfolgt. Auch Muso Kokushi (1275-1351), der die Zeremonie wiederbelebte, war kein Klosterpriester, sondern bewegte sich als politischer Berater am Kaiserhof und im Umfeld der Shogune. Solche Persönlichkeiten kann man in etwa mit politisch einflussreichen Äbten und Kardinälen im europäischen Mittelalter vergleichen.Muso Kokushi, der in Japan auch als Gartengestalter und Kalligraph berühmt ist und ein bedeutender Zen-Meister war, verfasste Schriften über Kunst, Gartenbau und Teezeremonie, kurz, über alles, was im Leben eines durchgeistigten Japaners wirklich wichtig war. Das fand Anerkennung von höchster Stelle: Drei Kaiser verliehen ihm den Ehrentitel »Nationallehrer«.
Die Teezeremonie ist eine gelebte Kunstform. Die bedeutendsten Staatslenker und Feldherren zelebrierten sie. Es gab viele verschiedene Ausformungen von sehr üppig mit vielen geladenen Gästen bis ganz schlicht. Die Gerätschaften selbst, ihre Form, Anordnung, Handhabung, die Räume, in denen sie stattfindet – alles spielt eine Rolle. Harmonie, Einklang mit der Natur, Achtsamkeit, innere und äußere Reinheit, Stille und Konzentration sollen dabei zum Ausdruck kommen. Recht verstanden ist das Teeritual keine bloße Zeremonie, sondern im buddhistischen Sinn ein »Weg«.
Der dritte Zeremonienmeister, auf den die bis heute gültigen Regeln zurückgehen, war Rikyu (Sen no Rikyu–), der von 1522 bis 1591 lebte. Auch er war ein enger Vertrauter, ja Freund des damaligen Herrschers, des Taikuns (Feldherr) Hideyoshi, der Japan nach einer langen Phase des Zerfalls und der Bürgerkriege wiedervereinigte. Durch Hideyoshi wurde Rikyu, der am Kaiserhof bereits rituelle Funktionen innehatte, oberster Teemeister. Diese Funktionen und seine persönliche Freundschaft zum Herrscher verschafften Rikyu erheblichen politischen Einfluss, was ihm letztlich zum Verhängnis wurde. Aufgrund einer Intrige fälschlich des Verrats bezichtigt, erlaubte Hideyoshi, der den Gerüchten Glauben schenkte, seinem verehrten Freund, Seppuku (rituellen Selbstmord) zu begehen. Später erwies sich Rikyus Unschuld.
Rikyus schlichtes Teehaus ist noch heute in der Nähe von Kyoto zu besichtigen; es ist ein nationales Kulturgut Japans. Die wertbetonte Schlichtheit und Einfachheit, die auf ältere Wurzeln der Teezeremonie zurückgeht, ist das Erbe Rikyus. Das reicht von der architektonischen Gestaltung der Holzbauten, die als
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