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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Gartenhäuser nicht besonders groß sind, über Materialien und Formen der Gefäße und Geräte bis zu den Handlungen selbst, zu denen auch Räuchern und Gongschlagen gehören, ein Verweis auf den religiösen Zusammenhang mit dem (Zen-)Buddhismus.
    Rikyus Sohn und Enkel führten die Tradition fort und blieben den Fürsten-Familien in der neuen Edo-Zeit (1603-1863), als das vereinigte Japan innerlich erstarkte, sich aber nach außen nahezu vollkommen abschloss, als Teemeister lange verbunden.
    Eine besondere und hochwertige (und entsprechend teure) Teespezialität aus Japan ist der tiefgrüne Matcha-Tee. Er ist so grün wie Erbsensuppe und enthält sechsmal so viel Koffein wie Kaffee, ist dementsprechend »wirkungsvoll« und trotzdem ein äußerst gesunder Grüntee.
    Gestresste Manager und Models mit sehr unregelmäßigen Arbeitszeiten sind in der modernen Welt die Hauptzielgruppe für Matcha. Die Matcha-Zubereitung aus feinstem Teepulver wurde in China vor 1500 Jahren in der Zeit der Tang-Dynastie entwickelt, geriet aber dort in Vergessenheit. Buddhistische Klöster in Japan haben hingegen die Tradition bewahrt, die eng mit der Teezeremonie und der Zubereitung mit dem Bambusbesen-Aufschäumer verknüpft ist. Die besondere Intensität von Matcha wird dadurch erzielt, dass die Tencha-Teesträucher vor der Ernte mit Netzen abgedeckt werden, wodurch nur noch wenig Sonne an die Pflanzen gelangt und sie als Reaktion darauf sehr viel Chlorophyll bilden.
    Obwohl von alters her bekannt, wurde Tee in China lange Zeit nur als Heilmittel betrachtet und erst seit der Zeit der Tang-Dynastie als Genussmittel getrunken. Auch hier waren der Kaiserhof und buddhistische Klöster die Vorreiter. Chinesische Teezeremonien sind weniger rituell und dienen vor allem der Geschmacksverfeinerung. Sie bestehen hauptsächlich darin, den Tee mit kleinen Mengen Wasser immer wieder aufzugießen und jeweils nur kurz ziehen zu lassen und nicht, wie wir es gewohnt sind, einmal die Kanne voll zu machen und fünf Minuten zu warten. Hierbeispielte schon, wie später in Japan, das schaumig Schlagen mit dem Bambusbesen eine Rolle.
    Die feinste englische Art des Teegenusses ist der High Tea . Wegen des teuren Erwerbs in China, wegen des langen Transports und insbesondere wegen der hohen Teesteuern war der Genuss dieser Kolonialware im europäischen Mutterland sehr lange eine Angelegenheit der Oberschicht und deswegen wie Kaffee- und Kakaotrinken im 18. Jahrhundert ein Statussymbol. Erst als – eine Nebenfolge der Boston Tea Party – in England die Teesteuer 1783 gesenkt wurden, tranken auch breitere Schichten Tee. Und als Tee schließlich im 19. Jahrhundert in britischen Kolonien vergleichsweise preiswert angebaut wurde, auch die Arbeiterklasse.
    High Tea ist eine aufwendig vorbereitete, kalte Frühabendmahlzeit (gegen 18 Uhr). Nur der Tee ist heiß. Den Gästen (den Aufwand treibt man vorwiegend bei privaten Einladungen oder in Restaurants) werden auf dreistöckigen, runden Etageren Gurkensandwiches und andere kleine Sandwiches serviert, die mit kaltem Braten, Huhn, angemachtem Gemüse und Käse belegt sind, dazu Scones, Kuchenstückchen, Petit fours, Früchte und dergleichen.
    Die köstliche leichtere Nachmittagsversion ist der Cream Tea , die englische Variante von »Kaffee und Kuchen«: Nachmittags werden zu Tee mit Milch Scones gereicht (ein noch warm serviertes Mehl-Eier-Sahne-Gebäck), die mit clotted cream (frische fette Streichsahne) und Erdbeerkonfitüre bestrichen werden. Wegen der reichlichen Verwendung von Sahne in Tee und Scones eben: Cream Tea .

In vino veritas
Weinrebe
    Kaum eine andere Pflanze hat jemals unter einer so verheerenden Katastrophe zu leiden gehabt wie die Weinreben Europas im 19. Jahrhundert. Es hätte nicht viel gefehlt, und es wäre zur Auslöschung der Kulturrebe und damit zum Ende der Weinkultur in Europa gekommen.
    Nur die Kartoffelfäule in Irland in der Mitte des 19. Jahrhunderts, an deren Folgen eine Million Menschen starben und zwei Millionen auswanderten, hat ein Land und seine Bevölkerung stärker getroffen.
    Wein wird ebenso wie (Oliven-)Öl und (Getreide-)Brot schon in den ältesten literarischen Werken der antiken Welt erwähnt, also in den Epen Homers und in der Bibel sowie in einem ihrer gemeinsamen Vorläufer, dem sehr viel älteren Gilgamesch-Epos. (Dort ist im Hinblick auf Getränke auch schon von Most und »Feinbier« die Rede.)
    Solche literarischen Zeugnisse zeigen zwar nicht, wann und wo genau die

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