Die Weltgeschichte der Pflanzen
eingeführte Tabakgenuss, eine als unchinesisch angesehene Sitte, in der ausgehenden Ming-Ära hoch besteuert beziehungsweise verboten wurde, stiegen die chinesischen Raucher auf Opium um. Es entstanden Rauchsalons für die Wohlhabenden und Opiumhöhlen für die Armen. Seit etwa 1820 förderten die Briten den chinesischen Opiumkonsum, indem sie von Mohnanbaugebieten in Indien her Opium in das hermetisch abgeschlossene Kaiserreich schmuggeln ließen. Offiziell wurde das von Seiten der britischen East India Company, die das westliche Handelsmonopol für die Ausfuhr chinesischer Waren innehatte, bestritten. Die BEC brauchte das illegal verdiente Geld dringend, weil der Westen die Silbertaels nicht mehr aufbringen konnte, um die Ausfuhren für den in Europa und Nordamerika so begehrten Tee zu bezahlen. Da China fast nichts einführte, versuchte man wenigstens auf diese Weise die unausgeglichene Zahlungsbilanzaufzubessern. Als sich die kaiserlich-chinesische Regierung gegen den Schmuggel, der das Land zu ruinieren drohte, energisch zur Wehr setzte, nutzten die Briten einen Vorwand für den Ersten Opiumkrieg. Von 1839 bis 1842 erzwangen sie die Öffnung Chinas, um dessen Jahrhunderte altes Teemonopol zu brechen (dazu mehr im Kapitel »Tee«).
In China stieg der Opiumkonsum bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs permanent an, zum Schluss auf circa 40 Millionen Abhängige. Nach der kommunistischen Machtübernahme endete der Opiumkonsum dann aber schnell und nachhaltig. Die ebenso einfache wie wirksame Methode: Todesstrafe auf Opiumkonsum und Opiumhandel.
In Nordamerika und Europa entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls Opiumhöhlen, vorwiegend in Hafenstädten. Sie wurden in den Chinatowns meist von Chinesen betrieben und von Arbeitern sowie einigen Intellektuellen und Künstlern frequentiert, die sich davon einen besonderen Kick versprachen. Insgesamt blieb diese Art des Opiumrauchens jedoch in der westlichen Welt eine Mode- und Randerscheinung im Vergleich zu dem breiten Laudanumkonsum des 18. und 19. Jahrhunderts.
Auch die Geschichte des Heroins begann als Heil- und Beruhigungsmittel. Der englische Krankenhaus-Chemiker Charles R. A. Wright (1844-1894) entwickelte durch »Acetylierung« des Morphins dieses Derivat des Opiums. (Der durch die Exzesse der Finanzindustrie mittlerweile völlig geläufige Begriff »Derivat« hat bekanntlich in der Chemie seinen Ursprung.) Das Vorläuferunternehmen von Bayer vollzog das Verfahren der Herstellung von Diacetylmorphin nach. Daran war der Aspirin-Erfinder Felix Hoffmann maßgeblich beteiligt. Beide Medikamente waren die ersten, die rein chemisch hergestellt wurden, und sollten nach der Vorstellung von Bayer Verkaufsschlager werden. Bayer ließ sich das Medikament unter dem Handelsnamen Heroin patentieren und brachte es 1898 für allerlei Indikationen, unter anderem als Hustenmittel oder gegen Durchfall, mit großem werblichem Aufwand wie Anzeigen und Gratisproben für die Ärzte in vielen Ländern in den Handel.
Bei oraler Einnahme therapeutischer Dosen des »Hustenmittels« kommt es zwar nicht so leicht zu Rauschzuständen, doch seit 1904 erkannten Ärzte die Suchtgefahr des Heroins. Konsumenten entdeckten, dass die Wirkung des Mittels stärker als Morphium war, wenn man es intravenös spritzte. Da es in den USA mehr Opiumabhängige gab, vor allem unter den dort lebenden Chinesen, und diese auf Heroin umstiegen, war die Situation dort brisanter. 1912 wurde das Heroin von Bayer apothekenpflichtig, 1920 rezeptpflichtig, 1929 aufgrund eines internationalen Abkommens nur noch für wissenschaftliche Zwecke hergestellt, also für den Verkauf praktisch verboten. Die Firma stellte die Produktion 1931 ein, dennoch war es bis 1958 in Deutschland noch im Handel erhältlich. Ein endgültiges Verbot erfolgte 1971.
Heroinabhängige nehmen von vornherein sehr viel mehr Heroin zu sich als die therapeutische Dosis eines Hustenmittels, und sie brauchen durch den Gewöhnungseffekt sehr schnell sehr viel mehr »Stoff«. Die Beschaffung der teuren Schwarzmarktsubstanz wird immer teurer. Daher spielt die Beschaffungskriminalität im Zusammenhang mit dem Heroin so eine große Rolle.
Die größten Opium-Anbauländer sind Afghanistan und das Goldene Dreieck Burma, Laos und Thailand – natürlich im Prinzip alles illegal. Im Goldenen Dreieck war der Anbau vorübergehend zurückgegangen, hat aber in jüngster Zeit wieder zugenommen. Bitterarme südostasiatische Bauern befriedigen
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