Die Weltgeschichte der Pflanzen
Bibelstelle.
Jakob hatte sich damit von Esau das moralische Recht auf den väterlichen Erstgeburtssegen erkauft. Um ihn zu erlangen, musste aber auch der greise Vater mit einem Trick getäuscht und Esau ein weiteres Mal ausgebootet werden (Genesis 27). Diese Aktion wird maßgeblich von der Mutter der beiden Zwillinge eingefädelt, von Rebekka. Sie steht von Anfang an auf Seiten Jakobs und hilft ihm in der entscheidenden Segensstunde mit der Zubereitung der Lieblingsspeise für Isaak und dem Anlegen des Ziegenfells, denn Esau ist stark behaart, Jakob nicht. Der erblindete Isaak tastet nach den Haaren, hält daraufhin Jakob für Esau und segnet ihn. Als die Sache auffliegt, ist der Segen nach den ehernen Konventionen der Nomadenscheichs nicht mehr rückgängig zu machen. Rebekka schützt Jakob sogar noch vor der Rache Esaus, indem sie ihn anschließend erst einmal ins Exil schickt.
Die etwas anrüchige Episode um die Vertauschung der Zwillinge enthält eine wichtige Botschaft für das historische Gedächtnis Israels: Sie erinnert die Israeliten daran, dass in der Frühzeit ihrer eigenen Geschichte eine Entscheidung für die friedlichen Viehhirten und Ackerbauern gefallen ist und gegen die wildbeuterischen Jäger, für die Esau steht. Insofern kann man sie wie ein historisches Gleichnis für die menschheitsgeschichtliche Weichenstellung der Neolithischen Revolution lesen. Es ist die kluge Rebekka, die die künftige gesellschaftliche Entwicklung klar erkannt hat und ihr durch die geschickt eingefädelte Bevorzugung ihres Zweitgeborenen Jakob zum Durchbruch verhilft.
Die Geschichte um das Linsengericht und den abgeluchsten Erstgeborenensegen konzentriert eine komplexe historische Entwicklung mit bemerkenswerter Klarheit und Einfachheit auf eineFamiliengeschichte. Jakob wurde später durch seine zwölf Söhne zum Vater der zwölf Stämme Israels, die durch ihre »gemeinsame Abstammung« ein Volk waren.
In der historischen Wirklichkeit dürfte die Volkwerdung Israels umgekehrt verlaufen sein: Verschiedene Nomadenstämme taten sich spätestens nach der Einwanderung in Kanaan zusammen. Möglicherweise bildeten sie eine Kultgemeinschaft um den Jahwe-Kult oder nahmen diesen an. Dann wurde diese geschichtliche Entwicklung im Nachhinein in eine Familiengeschichte umgegossen. An dem Gehalt historischer Wahrheit von der Ablösung der älteren Jägerkulturen durch die »moderneren« Ackerbau- und Viehzüchterkulturen in der Linsengericht-Geschichte ändert das nichts.
In der agrargeschichtlichen Realität der Jungsteinzeit bildeten Linsen und einige andere Hülsenfrüchte zusammen mit dem Getreide die Nahrungsgrundlage der frühen Ackerbaugesellschaften. Gemeinsam mit dem Getreide verbreitete sich ihr Anbau von Nahost aus in alle Richtungen der Alten Welt, auch nach Europa. Die frühesten Ackerbauern Mitteleuropas, die Bandkeramiker, pflanzten ebenfalls bereits um 5500 v. Chr. Linsen an.
Vor allem in Indien, wo die vegetarische Ernährung sehr verbreitet ist, spielen Linsen in der Küche nach wie vor eine große Rolle. Ein Klassiker der dortigen Küche ist Dhal, ein Brei aus zerkochten Linsen, der nach vielerlei Würzrezepten scharf und schmackhaft gemacht wird.
Linsen, Bohnen und Erbsen waren im nördlichen Alteuropa jahrtausendelang unerlässlich in der Ernährung, vor allem für die ärmere Bevölkerung. Erst als sich die Kartoffel verbreitete und sich die Getreideversorgung verbesserte, ging die Bedeutung der Hülsenfrüchte allmählich zurück – und in deutlicher Abhängigkeit von dem, was sich die Menschen jeweils leisten konnten.
Heute werden in Deutschland Linsen so gut wie nicht mehr angebaut. Nur in Schwaben ist ein deutsches Linsengericht nocheine Nationalspeise: Hier werden sie zusammen mit Spätzle und Saiten (eine Art Wiener Würstchen) serviert.
Bohne
Die Hülsenfrucht Vicia faba , auch ein Schmetterlingsblütler, stand im Nahen Osten gleichfalls schon in der Jungsteinzeit auf dem Speiseplan, aber noch nicht in Europa. Es handelt sich um die Ackerbohne, auch Saubohne genannt – nicht zu verwechseln mit der grünen Gartenbohne, die zu einer ganz anderen Pflanzengattung gehört und aus der Neuen Welt stammt. Bei den Ackerbohnen werden nur die Samen gegessen, im Gegensatz zu den grünen Gartenbohnen, wo man bekanntlich die ganze Hülse verzehrt.
Die Ackerbohne ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht im Fruchtbaren Halbmond heimisch, sondern aus Asien zugewandert. Da Wildformen ausgestorben sind, lässt
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