Die Weltgeschichte der Pflanzen
sich die genaue Herkunft nicht mehr klären. Die botanische Heimat von Vicia liegt vermutlich an den indisch-chinesischen Himalaja-Abhängen. China ist heute das größte Anbauland.
Der gezielte Anbau der Ackerbohne im Fruchtbaren Halbmond begann deutlich später als bei der Linse. Wahrscheinlich wurden die Hülsen mit den Bohnen zuerst nur gesammelt. Die frühesten archäologischen Funde lassen eine eindeutige Bestimmung nicht zu. Damals waren die Ackerbohnen deutlich kleiner. (Die Varietät mit den wirklich dicken Samen kam wohl erst im Mittelalter auf.)
Nach Europa kam die Bohne nicht schon im Marschgepäck der frühen Jungsteinzeitbauern, die Getreide und Linsen mitbrachten, sondern erst während der Bronzezeit (um 1500 v. Chr.). Ein Mann wie Ötzi kann also noch keine Bohnen gegessen haben, sehr wohl aber die Keltenfürsten im süddeutschen Mittelgebirgs- und Alpenraum und die Germanen in der norddeutschen Tiefebene.
Die proteinreiche Bohne war im Mittelalter in Europa ein sehr wichtiges Nahrungsmittel. Doch schon im 17. Jahrhundert, als sichder Anbau der Gartenbohne in Europa allmählich verbreitete, ersetzten diese neuweltlichen Phaesolus -Bohnen weitgehend die altweltlichen Viciae .
Vicia -Bohnen sind nicht die einzigen Bohnen der Alten Welt. In Afrika und Asien gibt es noch verschiedene Arten der Gattung Vigna . Die meisten finden in der indischen und asiatischen Küche Verwendung. Bei der afrikanischen Bambara-Bohne wachsen die Hülsen unter der Erde wie bei der Erdnuss. Die bekannteste Vigna -Art ist die grüne Mungbohne, ein Grundnahrungsmittel in Indien und Südostasien. Deren Sprossen werden im deutschsprachigen Raum fast immer – und fälschlicherweise – als »Sojasprossen« bezeichnet. Die Soja bohne gehört weder zur Gattung Vicia noch zu Vigna und erst recht nicht zu den neuweltlichen Phaesolae , sondern zu der ganz anderen Gattung Glycine innerhalb der Schmetterlingsblütler und der Hülsenfrüchtler. So vielfältig ist die Pflanzenwelt.
Erbse
Erbsen stammen aus Kleinasien. Die Ausbreitung von Pisum sativum erfolgte gleichzeitig mit Getreide und Linse.
Anders jedoch als Linsen und Bohnen, die von der Kartoffel vom europäischen Speiseplan weitgehend verdrängt wurden, haben die zarten Erbsen wenig an Beliebtheit eingebüßt, auch wenn man sie kaum mehr wie früher zu Erbsenbrei oder Erbsensuppe verkocht, sondern als Gemüsebeilage verwendet. Die Erbse ist somit die einzige Anbaupflanze in Mitteleuropa, die seit den Anfängen der jungsteinzeitlichen Ackerbaukultur bis in die Gegenwart weitgehend unverändert und in ungebrochener Kontinuität auf dem Speiseplan des nordalpinen Europa präsent ist.
Mitte des 19. Jahrhunderts legte der Augustinermönch Gregor Johann Mendel (1822-1884) in seinem Kloster in der mährischen Hauptstadt Brünn eine Erbsenzucht an, die in der Geschichte der Biologie weltberühmt werden sollte. Anhand systematischer Kreuzungen mit ausgewählten Erbsensorten erforschte und entwickelte Mendel um 1860 die nach ihm benannte Vererbungslehre. Dies war ein Riesenfortschritt zur wissenschaftlichen Erkenntnis der Vorgänge der Vererbung in der Natur überhaupt.
Der begabte Bauernsohn aus Mähren (heute Tschechien, damals Österreich-Ungarn) hatte eine theologische und teilweise auch naturwissenschaftliche Universitätsausbildung in der damaligen Physik und Mathematik absolviert. Er neigte mehr zu naturkundlichem Forschen als zur Seelsorge. Seit 1856 kreuzte Mendel in seinem Klostergarten unter sorgfältig vorbereiteten, überwachten und dokumentierten Bedingungen verschiedene Erbsensorten und beobachtete, wie sich ausgewählte Merkmale (Form und Farbe der Samen, äußere Gestalt der Schoten, Farbe der Blüten und einige andere) vererbten. Diese Experimente führte er jahrelang an annähernd 30000 Exemplaren durch. Die Erbse war sein wichtigstes »Versuchskaninchen«, aber er befasste sich auch mit anderen Pflanzen. Mendel konzentrierte sich als Erster auf einzelne Merkmale. Dies sollte sich als der richtige, bahnbrechende Ansatz erweisen.
Gleich in der Einleitung seiner 1866 erschienenen Versuche über Pflanzenhybriden , welche die entscheidenden Ergebnisse zusammenfassen, begründete Mendel seine Entscheidung für »das Genus Pisum« als Versuchspflanze, denn »sie besitzen constante, leicht und sicher zu unterscheidende Merkmale und geben bei gegenseitiger Kreuzung in ihren Hybriden vollkommen fruchtbare Nachkommen. Auch kann eine Störung durch fremde Pollen nicht
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