Die Weltgeschichte der Pflanzen
weggeschwemmt wird. Zu starker oder ausbleibender Monsunregen beeinflusst den Wasserstand. Achtzig Prozent allen Reises wird in diesem Nassanbau erzeugt, der wiederum für fast zwanzig Prozent der Methangaserzeugung verantwortlich ist, dem für die Erdatmosphäre sehr schädlichen Treibhausgas. Das Methan wird von Bakterien in der Schlammschicht erzeugt, die hier ideale Lebensbedingungen vorfinden.
Seit Jahrtausenden erfolgt die Ernte von Hand durch Abschneiden der Rispen. Anschließend wird der Reis gedroschen und geschält. Das ergibt den sogenannten Vollkornreis. Üblicherweise »poliert« man den Reis dann in Spezialmühlen, wodurch er seine typisch weiße Farbe erhält. Durch dieses Entfernen der Außenhaut gehen jedoch wertvolle Eiweiße, Fette und Vitamine verloren, andererseits erhöht sich dadurch seine Lagerfähigkeit. Ob eine Reissorte eher trocken oder klebrig erscheint, hängt vom Gehalt an Amylopektinen ab, dem überwiegenden und wasserunlöslichen Teil der Stärke im Gegensatz zur Amylose. Beide Bestandteile sind Polysaccharide, die Kohlenhydrate. Beim Langkornreis sind die Körner sechs bis acht Millimeter lang (der sogenannte Patna-Reis). Rundreiskörner sind vier bis fünf Millimeter lang und verkleisternbeim Kochen. Basmati bedeutet »Duft«, und dieser Langkornreis wird hauptsächlich am Südabhang des Himalaja in Indien und Pakistan angebaut.
Zu den zehn größten Reiserzeugerländern zählen bis auf Brasilien (Rang 8) allesamt asiatische Staaten, angeführt von China und Indien, die beide übrigens gleichzeitig auch die größten Weizenproduzenten sind. Die asiatischen Länder verzehren natürlich den meisten Reis selbst. Größtes Exportland ist Thailand.
Ohne die Grüne Revolution der Sechziger- und Siebzigerjahre in der damals noch so genannten Dritten Welt wäre die Ernährungslage dort heute katastrophal und die politische Weltlage sicherlich völlig destabilisiert. Fundamentalrevolutionen der Weltgeschichte wie die Neolithische Revolution, die Kopernikanische Wende oder die Industrielle Revolution verliefen nicht so spektakulär wie politische Revolutionen. Die Grüne Revolution ging im Getöse des Kalten Krieges publizistisch eher sang- und klanglos unter. Doch sie wirkte sehr nachhaltig auf die Ernährungslage, vor allem in Asien.
In ihren Anfängen war die Grüne Revolution ein Weizen-Thema, da mit Unterstützung der Rockefeller Foundation seit den Vierzigerjahren in Mexiko erstmals Hochertragssorten angebaut wurden. Es handelte sich um sogenannte Zwergsorten des Weizens: Das waren Pflanzen, die nicht so viel Wachstum in Halme investierten, sondern schwerere Ähren tragen konnten, ohne dass die Halme umknickten, und die zudem schneller reiften.
Auslöser der Grünen Revolution war der amerikanische Vizepräsident (1941-1945) unter Franklin D. Roosevelt, Henry A. Wallace, ein Farmerssohn aus Iowa. Auf einer Rundreise im Nachbarstaat Mexiko war er entsetzt angesichts der Rückständigkeit und Ineffizienz der dortigen Landwirtschaft. Das arme Land musste trotz guter agrarischer Voraussetzungen sehr viel Weizen einführen. Umgehend setzte sich Wallace mit der Rockefeller-Stiftung in Verbindung, die alle wichtigen Projekte in der Folgezeit begleitete undfinanzierte. Wallace verlangte übrigens schon 1943 faire Löhne und Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz für die lateinamerikanischen Arbeiter in der Landwirtschaft sowie faire Handelsbeziehungen der USA zu den lateinamerikanischen Ländern. Forderungen, die in den USA nicht gerne gehört wurden.
Treibende Kraft der enormen Kampagne wurde Norman Borlaug (1914-2009). Der amerikanische Agrarwissenschaftler erhielt 1970, als erster Wissenschaftler überhaupt, den Friedensnobelpreis für seine jahrzehntelangen Bemühungen um die Verbesserung der Landwirtschaft. Im Rückblick gilt er vielen als der »Mann, der die Welt ernährte«. Mit bisweilen sturem Pragmatismus zog Borlaug die Agrarrevolution mit dem kurzhalmigen, ertragsstarken Mexikoweizen durch. Mexiko wurde zu einem Weizenexportland. Integraler Bestandteil dieser Agrarrevolution – später auch in Indien und Südostasien – waren verbesserte Anbaumethoden, Landreform, Finanzierungsmöglichkeiten für die Bauern, Einsatz von Dünger und Pestiziden. Borlaugs Credo lautete: »Ertrag, Ertrag, Ertrag.« Die Grüne Revolution war keine reine Angelegenheit von Pflanzenzüchtern und wohltätigen Stiftungen, sondern sie konnte nur gelingen mit massiven flankierenden Maßnahmen der
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