Die Weltgeschichte der Pflanzen
alttestamentarischen Vorbild folgten alle christlich-mittelalterlichen Krönungsrituale. Erst durch die Salbung erhielten Könige ihre religiöse Weihe, die sie von allen anderen Menschen unterschied. Niemand sonst, kein einziger anderer Angehöriger der Königsfamilie, ganz zu schweigen von den übrigen Adligen, wurde im weltlichen Bereich gesalbt. Das machte die einzigartige Stellung des Königs oder Kaisers aus, dadurch wurde er zur heiligen (geweihten) Person. Die Salbung ist sozusagen die religiöse Königsweihe; die Investitur mit Krone und den anderen Königsinsignien die weltliche.
Auch zur englischen Krönungszeremonie gehört heute noch die Salbung. Bei der ersten weltweit live ausgestrahlten Fernsehübertragung, der Krönung Elisabeths II . im Jahr 1953, wurde dieser Teil der Zeremonie wegen seines besonders heiligen Charakters allerdings nicht gezeigt. Ob Elisabeth bei der Gelegenheit wirklich mit Olivenöl eingerieben wurde, kann daher nicht überprüft werden.
Der Olivenbaum kann Hitze und Trockenheit ertragen, ist allerdings frostempfindlich. Ölbäume brauchen fünf Jahre, bis sie Früchte tragen, und sie können bis zu 1000 Jahre alt werden.
Die Olive selbst ist eine Steinfrucht und im Rohzustand ungenießbar. Oliven werden erst essbar, wenn die Bitterstoffe durch das Einlegen in Wasser ausgeschwemmt sind. Grüne Oliven erntet man frühreif, schwarze Oliven vollreif. Ähnlich wie beim Wein gibt es viele verschiedene Sorten und Größen, und ihr Geschmack variiert ebenso wie bei Weintrauben in Abhängigkeit von Bodenbeschaffenheit und Klima.
Geerntet werden Oliven wie eh und je: Im Spätherbst und Winter spannen die Bauern unter den Bäumen Netze oder Tücher auf, um die abgepflückten Oliven aufzufangen. Diese Handlese ergibt die beste Qualität, denn durch moderne Rüttelmaschinen oder Spezialrechen könnten die Früchte beschädigt werden. Für die Maschinenernte werden die Bäume enger gesetzt und speziell geschnitten. Fünf Kilogramm Oliven ergeben heute im Schnitt einen Liter Öl. Ein Baum liefert etwa 20 bis 30 Kilogramm Oliven, bei einzelnen ertragreichen Bäumen kann es auch das Zehnfache sein.
Unter den Ölsorten ist Vergine (»Jungfernöl«) die beste. Es wird unter nur geringem Druck kalt ausgepresst und tendiert farblich ins Grünliche (Qualitätsstufe: Natives Olivenöl Extra). Dann wartet man, bis sich das Wasser vom Öl trennt, welches dann ohne weitere Raffinierung direkt abgefüllt und verwendet werden kann. In der zweiten Pressung wird auch kaltgepresst, jedoch unter hohem Druck. Dies ist die verbreitetste Qualitätsstufe mit eher gelblicher Farbe (Natives Olivenöl). Der Rest ist nur für technische Zwecke und nicht für den Verzehr geeignet.
Eigentlich sind nur etwa zehn Prozent einer Olivenernte für die oberste Qualitätsstufe »nativ extra« geeignet, aber fast alles wird unter diesem Etikett verkauft. Vor allem in Italien wird sehr viel Olivenöl aus anderen Ländern (Griechenland, Tunesien) zugekauft und dort erst abgefüllt. Etliche Öle sind chemisch verunreinigt; das kommt sogar bei Bio-Marken vor.
Die Reihenfolge der Haupterzeugerländer entspricht den Erwartungen: Spanien (1,2 Millionen Tonnen), Italien (600000 Tonnen), Griechenland (300000 Tonnen), dann folgen Tunesien, Syrien, Türkei und Marokko sowie alle übrigen Länder rund ums Mittelmeer.
Mit gut drei Millionen Tonnen weltweiter Produktion spielt das delikate Olivenöl unter den Pflanzenölen gleichwohl eine eher nachrangige Rolle. Andere Öle sind weltwirtschaftlich ungleich bedeutender: Palmöl (40 Millionen Tonnen), Sojaöl (35 Millionen Tonnen), Rapsöl (16 Millionen Tonnen), Sonnenblumenöl (zehn Millionen Tonnen), Baumwollsaatöl, Erdnussöl, Palmkernöl mit jeweils sechs bis vier Millionen Tonnen. Erst dann folgt das Olivenöl.
Den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch haben Griechenland, Spanien und Italien, die Länder mit klassischer Mittelmeerküche. Allein die Italiener verbrauchen ein Drittel der Welternte. Gleichzeitig ist Italien der größte Exporteur. Daher kann man davon ausgehen, dass in »italienischem Olivenöl« in Deutschland hauptsächlich gutes griechisches Olivenöl steckt.
In der Kolonialzeit gelangte der Olivenbaum, wie der Wein, auch in andere Gebiete mit mediterranem Klima, vor allem nach Südamerika, Südafrika, Australien, wurde dort aber nirgendwo charakteristisch oder wirtschaftlich interessant. Chilenischer, südafrikanischer, selbst australischer Wein sind heute exportfähige
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