Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann
Jahre sind wichtig, denn heute sehen wir die jüdische Geschichte in manchen Details
ganz anders. Doch davon später.
Die Bibel beginnt mit Erzählungen aus dem Paradies. Dann geht es weiter mit Kain und Abel, den Kindern von Adam und Eva. Am
Anfang menschlicher Geschichte steht der Brudermord: Kain erschlägt Abel. Im Lauf der Generationen nehmen Unrecht und Gewalt
in der Menschheit so sehr überhand, dass Gott eine riesige Flut schickt, um sie zu vernichten. Ein »frommer Mann und ohne
Tadel« mit Namen Noah allein entkommt – in einem Schiff, das er auf Gottes Geheiß für die Seinen und für »je ein Männchen
und Weibchen« von allem Getier erbaut hatte.
Im weiteren Verlauf konzentriert sich die Bibel auf das Schicksal der Familie Abrahams. Abraham ist ein gottesfürchtiger Mensch.
Gott hat ihn auserwählt und sich mit ihm verbündet, um der Menschheit einen neuen Start und eine neue Chance zu geben. Abraham
soll zum Stammvater eines großen Volkes werden. »Ich will segnen, die dich segnen, und denen fluchen, die dir fluchen, und
in dir sollen gesegnet sein alle Geschlechter der Erde«, heißt es in der Bibel. Abraham ist der erste Jude, mit ihm sind alle
Israelis verwandt. Auf Gottes Geheiß und unter dessen Führung verlässt er seine Heimat im Zweistromland und wandert mit seinem
Gefolge nach Palästina am Mittelmeer. Dieses Land verheißt Gott ihm als ewiges Erbe, als das »Gelobte Land«. Abraham und seine
Frau Sarah bleiben kinderlos, bis ihm seine Frau ihre Magd Hagar zuführt, die ihm endlich einen Sohn gebiert, Ismael. Als
darauf auch Sarah schwanger wird und Isaak zur Welt kommt, trennt sich Abraham von Hagar und dem Erstgeborenen. Die Geschichte
des jüdischen Volkes nimmt über Isaak ihren Fortgang.
Isaaks Sohn Jakob zeugt mit seinen zwei Frauen und deren Mägden insgesamt zwölf Söhne. Aus ihnen gehen zwölf verschiedene
Sippen hervor, die später mit all ihren Nachkommen das Volk der Juden bilden. Im Lauf seiner abenteuerlichen |83| Wanderungen durch Palästina errichtet Jakob dem Gott seiner Familie überall im Land Altäre. An einem Fluss ringt er mit dem
Engel Gottes und heißt seitdem Israel – »der mit Gott kämpfte«. So wurde Israel zum Namen für das gesamte jüdische Volk. Die
Bibel erzählt, wie die zwölf Söhne Jakobs sich schlagen und vertragen und schließlich während einer Hungersnot ihre Heimat
Palästina verlassen und nach Ägypten auswandern. Der uralte Jakob erklärt in seinem letzten Willen, dass der Stamm seines
Sohnes Juda über alle Stämme Israels herrschen solle.
In Ägypten weitet sich die Familiengeschichte der Nachkommen Abrahams zur Nationalgeschichte. Der Gott Israels demonstriert
seine überwältigende Macht an dem mächtigsten Herrscher der damaligen Welt, an Pharao, dem König der Ägypter. Die Kinder Israels
waren während ihres Aufenthalts im Nilland zu einem großen Volk herangewachsen, wurden dann aber als Minderheit versklavt
und zur Zwangsarbeit verurteilt. Da schickte Gott ihnen einen Retter in der Gestalt von Moses, oder Mosche im Hebräischen.
Seine Eltern hatten ihn als Kind vor der Fremdenpolizei in einem Körbchen am Ufer des Nils versteckt, eine ägyptische Prinzessin
fand das Kind und zog es am Königshof auf. Vom Engel berufen, Gottes Namen in der Welt bekannt zu machen, kehrt Moses zu seinem
Volk zurück und organisiert Widerstand gegen den Pharao. Mit vielen Wundertaten kommt ihm Gott zur Hilfe. Schließlich muss
Ägypten nachgeben und die Juden auswandern lassen. Moses führt sie durchs Rote Meer ins Sinai-Bergland, |84| wo sich ihnen Gott mit seinem wahren Namen als Jahwe offenbart: »Ich bin, der ich sein werde.« Am Sinai wird Israel zum Gottesvolk.
Durch die Vermittlung von Moses übergibt Jahwe den Juden schriftlich und mündlich die Tora, die Weisungen des Gottesgesetzes,
die noch heute für alle Juden verbindlich sind. Die Gesetzesrolle (Sefer-Tora) gehört zum jüdischen Gottesdienst und wird
in jeder Synagoge aufbewahrt. Eine Kurzfassung der Gottesweisung ritzt Moses in zwei Steintafeln, die Zehn Gebote. In einer
reich verzierten Truhe begleiten diese Tafeln Israel 40 Jahre hindurch auf seinem weiteren Weg durch die Wüste.
Im Bergland des Sinai wird Israel zum Gottesvolk.
|84| Zum Gedenken an die Befreiung aus Pharaos Gewalt feierten die Juden fortan im Frühjahr das Pessach-Fest. Nach den Regeln der
Tora brachte im Tempel von Jerusalem jede jüdische Familie ein Lamm
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